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STAGE BOTTLES

We Need Each Other

Zehn Jahre sind vergangen, seit „Fair Enough“ erschienen ist. Es ist viel passiert. Mehr dazu im Interview mit Sänger Olaf in dieser Ausgabe. Außer ihm ist nur noch Schlagzeuger O2 vom damaligen Line-up geblieben. Als Gitarrist Marcel die Band verließ, der für mich neben Olaf die wichtigsten musikalischen Impulse zu STAGE BOTTLES mitbrachte, hatte ich bereits das Ende der Band vor Augen. Gitarrist EasyDan, aus dessen Feder „She hates the city“ stammt, war einige Jahre wieder mit an Bord, aber jetzt gibt es mit Holger und Michael zwei Gitarristen, die neue Maßstäbe setzen. Der STAGE BOTTLES-Sound braucht unbedingt zwei Gitarren. Seit 2014 ist Bassist Philipp dabei, der neben den Backings eine zweite Melodiestimme beim Gesang einbringt. Auch sein Bassspiel ist weit entfernt vom Grundtongezupfe und bereichert das Gesamtbild 2023 immens. Von der Besetzung, die auf „We Need Each Other“ zu hören ist, bin ich sehr begeistert. Musikalisch sind sich die Streetpunker treu geblieben. Der britische Oi!-Einfluss à la ANGELIC UPSTARTS ist nach wie vor vorhanden. Dennoch besitzen die zwölf neuen Kompositionen eine bisher noch nicht dagewesene musikalische Vielfalt. Mir gefällt die Produktion aus dem Hause Chaos AD Studios. Druckvoll, aber alles andere als steril. Cool ist das wiederkehrende Zusammenspiel von (Lead-)Gitarre und Saxophon. Die Kooperation mit den befreundeten MOSCOW DEATH BRIGADE bei „You’ll never stop us“ hätten auch TRANSPLANTS nicht besser hinbekommen. Und die authentischen Texte sind die reflektierter und selbstkritischer denn je, ohne auf Singalongs zum Mitfeiern und Mitsingen zu verzichten. „We need each other“, der Titeltrack, fasst im Prinzip zusammen, wie wir uns in den eigenen Reihen seit Jahren auseinanderdividieren lassen, statt uns auf unsere Gemeinsamkeiten zu besinnen. Den Kult um „A Clockwork Orange“ habe ich nie verstanden, nun wird das Verhalten von Alex und Co. in „A clockwork arsehole“ endlich mal thematisiert. Sie scheuten sie sich nicht, mit „Dangerous world“ eine Powerballade stellvertretend für die Letzte Generation zu schreiben. Bei „The people who don’t care“ zeigt Olaf seine gesanglichen Qualitäten und ich kann mir nicht verkneifen zu sagen, dass das Intro förmlich nach einer Weihnachtsversion schreit, wobei das Stück erst in einen flotten Offbeat übergeht und dann rockig endet. Die Tin Whistle ist ein bisher unbekanntes Instrument, das Olaf erstmals bei „One man’s terrorist is another man’s freedom fighter“ einsetzt. Das letzte Stück, „Open the door“, vereint irgendwie alles auf diesem Album. Angesichts der Vielzahl großartiger Songs bin ich gespannt, welche davon es ins Live-Set schaffen werden. Die Band hätte sich zum dreißigjährigen Bestehen kein besseres Geburtstagsgeschenk machen können.