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VACUM

Rädd för Tystnaden/Korstag / Flugor och Rosor

Die 50.000-Einwohner-Stadt Sundsvall im Nordwesten Schwedens, weitab aller Metropolen, hat eine reiche Geschichte als linke Arbeiterstadt. Logischerweise fand dort Ende der Siebziger auch die Saat des Punkrock einen fruchtbaren Boden, so gründeten sich dort 1979 unter anderen VACUM, die damals Teil der landesweit beachteten „Punksvall 79-80“-Compilation waren. 1980 erschien auf dem bandeigenen Label Massproduktion, das bis heute von Sänger Mats Hammerman betrieben wird, das Album „Rädd för Tystnaden 16 Brottstycken Ur 5 Verkligheter“, das im Herbst 2020 zusammen mit Neueinspielungen alter Songs als „Rädd för Tystnaden / Korstag“ neu aufgelegt wurde. Bis 1983 dauerte es dann, bis VACUM ihr zweites Album „Den Sista Vintern“ veröffentlichten, das sie im Herbst 1982 direkt im Anschluss an eine zweiwöchige Schwedentour mit THEATRE OF HATE aufgenommen hatten und das wie das Debüt 2020 rereleaset wurde. Mit „Flugor och Rosor“ kam 1985 noch ein drittes Album. Sänger Mats Hammerman betreibt bis heute das Label Massproduktion und legte schon 2020 das Debüt als „Rädd för Tystnaden/Korstag“ neu auf, zu dem Kalle Stille damals im Ox schrieb: „VACUM spielen auf ihrer Debüt-LP bis auf wenige Ausnahmen noch lupenreinen Punk mit ziemlicher Kante, der vom mehrstimmigen Wechselgesang Frau/Mann profitiert. Einzelne Songs zeigen schon in die später eingeschlagene Post-Punk-Richtung. Das Remaster von den Originalbändern ist exzellent ausgefallen. Als Zuschlag gibt es [...] eine zweite LP im edlen Klappcover dazu, auf der sie sich [in Aufnahmen von 2020] durch ein Best-Of-Live-Set ihres Schaffens in klassischer Punk-Besetzung ackern.“ Diese Doppel-LP wurde nun nachgepresst und liegt mir in weißem, marmoriertem Vinyl vor. Neu am Start ist nun die Neuauflage von „Flugor och Rosor“, auf dem sich die Band wie schon beim zweiten Longplayer vom klassischen Punkrock des Debüts deutlich entfernt hatte, Mats Hammerman und Drummerin Cathrine Fandén teilten sich bei „Den Sista Vintern“ die Gesangsarbeit und schafften es, ihre schwedischsprachigen Songs einerseits wütend und spröde zu halten, andererseits auch eine gewisse Eingängigkeit einzubringen, wozu auch der Einsatz von Cathrines Synthie-Sounds beiträgt. Von THE FALL und WIRE sei man beeinflusst gewesen, schreibt Mats, und ich werfe noch THEATRE OF HATE ein. Mit dem dritten Album wurden dann die Karten völlig neu gemischt. Neben Gründungsmitglied Stephan Segermark hatte auch Drummerin Cathrine Fandén nach den Aufnahmen zum zweiten Album die Band verlassen, Mats machte mit neuer Besetzung weiter, und so wundert es nicht, dass der dritte Longplayer, 1984 aufgenommen, noch weiter von den Wurzeln entfernt war: typischer Achtziger-Synthie-Pop mit Saxophon und einer dunklen Kante. 1985 ging man erneut ins Studio, die Aufnahmen zeigten aber, so schreibt Mats selbstkritisch, dass die Band „had lost direction and focus“. Im Juni 1985 war Schluss, alle paar Jahre aber gab es seitdem doch noch mal ein Konzert. Mit „Flugor och Rosor“ (rotes Vinyl) ist nun die Diskografie wieder vollständig verfügbar – und ich mag sogar das Abschiedsalbum.