APPLESEED CAST

Peregrine CD

Bis jetzt haben sie es mit jedem ihrer fünf Alben geschafft, ganz Bemerkenswertes zu schaffen. Ihr Erstling "The End Of The Ring Wars" war gewissermaßen die Blaupause für den Deep Elm-Emo-Sound, dem sie mit "Mare Vitalis" die kreative Krone aufsetzten, um sich mit den beiden "Low Level Owl"-Alben zurückzuziehen und ihre unbändige Kreativität atmen zu lassen.

Mit "Two Conversations" kamen sie zurück und machten ihren Sound direkter und wieder zugänglicher. Nur eines deutete sich schon an: Das Songwriting war um Einiges raffinierter geworden und es erforderte einige Durchgänge, bevor die Lieder dann wieder einmal in den Gehörgängen verhakt waren.

Nach sphärischen Ausflügen waren sie zwar wieder gelandet und machten vornehmlich Rocksongs, nur man musste sich mit ihnen mehr vertraut machen - was immer schon für den Kontrast zwischen Chris Criscis in sich versunkenem Gesang und dem Sound der Band galt, war spätesten jetzt auch auf den Gesamtsound übergegangen (ein Song wie "Innocent vigilant ordinary" mal ausgenommen).

"Peregrine" - der Titel des neuen Albums deutet bereits an, was den Hörer in dieser Hinsicht nun erwartet. Beim ersten Durchhören weiß man noch gar nicht so genau, was man von dem Album halten soll.

Nicht nur weil die Rhythmussektion neu besetzt ist, mag sich das Album nicht sofort erschließen. Die Trademark-Sounds sind natürlich wieder da - der sehnende Gesang, die plinkernden Gitarren, die federnden Rhythmen, der Hall, ausschweifende Gesten auch in Vierminütern.

Neu hinzugekommen sind Details, wie eine größere Instrumentenbandbreite - sicher ein Mitbringsel aus Chriscis OLD CANES-Ausflug ins Folklager - und eine ebenfalls höhere Produktionsbandbreite.

Früher hätte man sich so direkte Drums wie in "Mountain halo" sicher nicht erlaubt. "Peregrine" ist also differenzierter geworden. Gingen AC früher durch flächige Passagen in die Breite, sind die Songs zwar einerseits viel kompakter, allerdings auch untereinander unterschiedlicher.

Sie fallen dadurch aber keineswegs auseinander, sind vielmehr durch diese ausgefuchsten Arrangements verbunden. Die Krux an der Sache ist, dass eine Bewertung so schwer fällt, wenn man weiß, dass sich das Album erst nach x Durchgängen entfalten wird.

Hat schon einmal jemand von der Unmöglichkeit geschrieben, ein TOOL-Album "mal eben" zu reviewen? Ich merke, dass sich die Songs mir langsam öffnen, aber bevor ich wirklich drin bin, wird es noch ein wenig dauern.

Der Prozess ist allerdings schon spannend genug und mitreißend und schön obendrein. Viele werden sich natürlich fragen: Fehlt der unverwechselbare Sound vom Drum-Derwisch Cobra? Wie sich schon bei "Two Conversations" andeutete, sind die Songs nicht mehr auf die vielen Spitzen und Verzierungen angewiesen und nicht nur daher passt sich Ex-THE CASKET LOTTERY-Mann Nathan "Jr" Richardson perfekt in das Bandgefüge ein.

(54:55) (08/10)