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NICK CAVE AND THE BAD SEEDS

Ghosteen

Mein Verhältnis zu Nick Cave war schon immer zwiespältig: 1989 schenkte mir meine Mutter wohlmeinend sein just erschienenes Buch „And The Ass Saw The Angel“, und ich weiß nicht mal, ob ich es je ganz gelesen habe.

Dieses biblische Getue, das er damals schon an den Tag legte, stieß mich so sehr ab, wie mich seine Musik in ihrer Mehrheit faszinierte. Nun, mit meiner Meinung zu „Ghosteen“, das wird mir nach eingehender Recherche klar, bin ich ein krasser Außenseiter.

Durchweg wurde das 17. Album von NICK CAVE AND THE BAD SEEDS als außergewöhnliches Werk gefeiert, hierzulande wie im englischen Sprachraum, doch auch nach Monaten bekomme ich keinen Zugang zu dieser Platte, ja noch schlimmer, sie nervt mich zunehmend.

Caves gelegentlicher Falsett-Gesang ist schrecklich, die Songs mäandern endlos herum, auch noch in Doppel-Album-Länge, und der esoterisch-säuselnde Unterton, die Dominanz von Klavier, Streichern und elektronisch-sphärischen Sounds ist so gar nicht meins.

„Rock“ im klassischen Sinne? Fehlanzeige. Nur „Waiting for you“ kann mich als Song packen, ansonsten wird hier rezitiert und bedeutungsschwanger deklamiert, und ich verwende sogar die Worte Kitsch und Schwulst.

Und immer wieder „Jesus“ hier und „Jesus“ da – ganz ehrlich, fehlt nur noch, dass Cave dorthin pilgert, wo der alte Narr Dylan schon vor Jahren den ultimativen Kotau gemacht hat: zum Papst.

Klar, wer bin ich ich, dass ich Caves Werk beurteilen oder abqualifizieren dürfte, darüber richten, wie er mit dem Unfalltod seines Sohnes 2015 umgeht – letztlich hat er nur die „Sünde“ begangen, meine Erwartungen nicht zu erfüllen.

Deshalb: Ich bin bei Cave erstmal raus und warte skeptisch ab, ob da vielleicht doch mal wieder was passiert, dass er an jenen kaputten Punk-Blues anknüpft, für den ich ihn und seine Bands immer schätzte.