„Fun“ ist das „berüchtigte Zweitwerk“, dabei wird es doch in aller Regel erst beim dritten Release richtig schwierig. Die gute Nachricht zuerst? Es ist gelungen! Die schlechte Nachricht? Vinyl ist immer noch rund und knistert.
Hat mit der Platte hier zwar nix zu tun, aber mir fallen keine schlechten Neuigkeiten zu dieser LP ein. Die Verkrampfungen und Neuorientierungen setzen normalerweise ja erst immer dann ein, wenn eine Platte unerwartet erfolgreich war, man Monate damit verbracht hat, die Scheibe bis zum Erbrechen zu betouren, sich dabei gegenseitig auf die Nüsse gegangen ist, eine Auszeit nimmt und dann urplötzlich in Hektik verfällt, weil das Label ungeduldig auf einen Nachfolger pocht.
Dann entstehen Platten, bei denen keiner sich mehr daran erinnern kann (oder will), wo man war, was man wollte, und vielleicht nicht doch lieber Pop?! Bei „Fun“ ist das nicht der Fall, die Band war dem Label weit voraus.
Die Stücke entstanden im unmittelbaren kreativen Sog der „Fluidum“-Wogen und tragen dieselbe Handschrift, ohne sich zu reproduzieren oder in Stillstand zu verharren, nur weil es beim ersten Mal so gut geklappt hat.
Eingespielt wurde das gute Stück bereits im Sommer 2013, hing einige Zeit gut ab und darf jetzt endlich erscheinen. Alles noch da, was den furiosen Erstling ausgemacht hat, und doch ist manches anders.
Zum Glück ist es den drei zornigen jungen Menschen immer noch scheißegal, ob es irgendjemandem gefällt außer ihnen selbst, und so klingt es dann auch: unperfekt, kratzig, rau, hingerotzt und ungekünstelt.
Wo andere sich längst in technische Details und klare Sounds verfressen hätten, klingt „Fun“ wie aus der Hüfte geschossen. Täte anderen auch gut: Einfach mal so machen, ohne Rücksicht auf Verluste.
Musik wie diese ist dann am schönsten, wenn sie eben nicht klinisch sauber aufgenommen wurde, das Pedal brummt, und sich die Freiräume nur füllen lassen, wenn man sich darauf einlässt, dass einem nicht alles vorgekaut wird.
Reminiszenzen an frühe Vorgänger sind selbstverständlich da, aber es würde bemüht wirken, die hier aufzuzählen, weil die Zitate allenfalls kurz ausfallen und einzelne als komplette Blaupause nicht taugen.
Nur soviel, es sind in jedem Fall die ganz großen der frühen NDW sowie die Noise-Vorreiter, dabei stets genau die, die sich einen Dreck darum geschert haben, ob das irgendwen interessiert.
„Wird sich schon jemand finden!“ Die zentralen Themen wie Langeweile, Überdruss, der unterschwellig propagierte Hedonismus sind weiterhin topaktuell. Was das Maß an Misanthropie angeht, das hier verteilt wird, bin ich ein weiteres Mal entzückt.
Meine persönlichen Favoriten: „Hörst Du mir zu?“, „Nie wieder scheitern“ und „Ich erwarte nichts mehr“. Schon die Titel umreißen das Themenfeld ziemlich präzise, das hier in schlafwandlerischer Sicherheit mit herzerfrischender Einprägsamkeit zelebriert wird.
Teenage Angst klang selten so schön dreckig wie bei Die Nerven. Wer „Fluidum“ mochte, kann (nein, muss!) erneut bedenkenlos zugreifen und sich tagelang mit den kleinen Details der Fortentwicklung beschäftigen, oder die Platte einfach so auf sich wirken lassen.
Hit! (Diese Band war auf der Ox-CD #112 zu hören.)
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