MORRISSEY

Southpaw Grammar

Morrissey ist von jeher das Objekt unglaublich nerdiger Verehrer gewesen, die glauben, die Welt und vor allem der Künstler interessiere sich für die Meinung von Menschen, die offensichtlich keine anderen Interessen haben, als sich über das Schaffen anderer das Maul zu zerreißen.

Als „Southpaw Grammar" 1995 veröffentlicht wurde, gab es das Internet in der heutigen Form noch nicht, doch ich bin mir sicher, die so genannten Fans hätten sich noch über das kleinste Detail ausgelassen.

Diese Art der Beschäftigung mit dem künstlerischen Schaffen eines anderen ist mir bis heute fremd, ich hasse Rezensionen, die in noch so kleine Details irgendwelche Aussagen hineingeheimsen, und stattdessen höre ich mir ein Album einfach an und finde dieses entweder gut, weniger gut oder schlecht und versuche das zu begründen.

Da ich Morrissey nunmal mag, gefiel und gefällt mir auch „Southpaw Grammar", das seinerzeit gemischte Reaktionen hervorrief - von „genial" bis „überambitioniert" reichten die Reaktionen. Nun wurde „Southpaw Grammar" neu aufgelegt, in einer überarbeiteten und ergänzten Fassung sowie in zwei Versionen, von denen aber schon die einfachere, ohne dickes Booklet, sehr gelungen ist: Gebunden wie ein Buch enthalten die Seiten diverse Fotos von Morrissey aus der gleichen Session wie das (neue) Cover (offenbar irgendwo in Texas geschossen), und der Chef selbst gibt Einblick in die Entstehungsgeschichte des Albums, die Reaktionen darauf, seine Zweifel und Ängste.

Zu den ursprünglichen acht Songs kommen die B-Seite „Nobody loves you" sowie drei unveröffentlichte, das Ganze in neuer Reihenfolge, und jetzt heißt es zuhören und genießen, etwa „Dagenham Dave", „The teachers are afraid of the pupils" oder das ebenfalls über zehn Minuten laufende, opulente „Southpaw".