MOLOTOW SODA

Keine Träume CD

Oh, da werden Erinnerungen wach! Die Bonner MOLOTOW SODA waren eine der wenigen Deutschpunkbands, die es schafften, etwas zu meiner musikalischen Sozialisation beizutragen, auch wenn sie rückblickend hauptsächlich den Soundtrack zu diversen Besäufnissen und halbherzigen Auflehnungsversuchen darstellten.

1986 um den ehemaligen CANALTERROR-Sänger Tommy gegründet, brachten MOLOTOW SODA ihr Debütalbum "Keine Träume" 1989 auf dem Kölner Label Day-Glo Records raus; zu einem Zeitpunkt, als sich der Deutschpunk im Niedergang befand und gleichzeitig immer mehr, meist grottenschlechte, Bands lieber dem Funpunk frönten.

Auch MOLOTOW SODA wurden oft in diesem Kontext wahrgenommen (schafften es sogar in die Bravo und auf den furchtbaren, von RTL und eben der Bravo initiierten Sampler "Festival der Volxmusik") aber selbst wenn wenige ihrer Songs sich textlich durchaus auf dem Niveau einer Band wie den ABSTÜRZENDE BRIEFTAUBEN befanden ("Molotow", "Neulich in der Prärie") , gehörten MOLOTOW SODA dort nicht hin.

Zwar waren die Molotow-Texte längst nicht so offensichtlich politisch wie noch zu CANALTERROR-Zeiten, eine gesellschaftskritische Sicht war den meisten aber doch inne. ("Wasserleichen", "Geld", "Kalte Augen").

Musikalisch unterschied man sich sowieso grundlegend von dem Schunkelsound der meisten Funpunkbands. Denn erstens beherrschten die Jungs ihre Instrumente und zweitens orientierten sie sich eher an der Musik, wie sie von in die Jahre gekommenen Deutschpunk-Veteranen wie SLIME oder HASS Anfang der Neunziger gespielt wurde: flotter, aber auch sehr rockiger Deutschpunk.

1991 veröffentlichten MOLOTOW SODA ihr zweites, etwas schwächeres und vorerst letztes Album "Die Todgeweihten grüßen euch", das die Band musikalisch gereifter und noch in kleines Stück weiter in Richtung Rock gerückt zeigt, inklusive ein paar dem damaligen Zeitgeist entnommener Einflüsse.

1992 war dann nach einem Abschieds-Livealbum Schluss mit MOLOTOW SODA und die Musiker beschäftigten sich in Bands wie THE PUKE, LUNGFISH oder DIRTY DEEDS. Die Reunion 1998 ließ nicht nur mich auf zahlreichen, sehr spaßigen und gelungenen MOLOTOW SODA-Konzerten in längst überwunden geglaubte Verhaltensweisen zurückfallen (Die Klangstation in Bad Godesberg steht für mich noch heute synonym für ganz üblen Vollsuff), die 1999 erschienene EP "Kordsofa" (Hulk Records) sowie das Album "Eigenurin" (Knock-Out) schafften es dann aber nicht, mich zu überzeugen.

Auch die jetzt von Nix-Gut Records wiederveröffentlichten ersten beiden Alben sind für mich eher aus nostalgischen Gründen interessant, wirklich begeistern können sie mich leider nicht mehr.

(8/7)