LYDIA LUNCH

Matrikamantra Do-Cd

Nach ihrer '96-Platte "Universal Infiltrators" ein neues Lebenszeichen der großen (jetzt hätte ich doch beinahe "alte Dame" gesagt) Heroine des New Yorker Transgressions-Kunstbetriebes, die in den Bereichen Comic, Musik, Literatur und Film nach wie vor äußerst aktiv ist.

"Matrikamantra" ist ein weiterer Meilenstein in Lunchs düsteren, pathetischen Sounduniversum, mit dem sie Wörter und Töne zu einem Gesamtkunstwerk verbindet. Der Gesang entspricht dabei eher ihren Spoken Word-Aktivitäten, der von düsteren Klanglandschaften ­ dafür verantwortlich waren der czechische Multiinstrumentalist Kamil Kruta und der Amerikaner Joseph Budenholzer, beide werden Lunch auch auf ihrer im Mai startenden Tour begleiten ­ umflossen wird, was sich aber prima ergänzt.

Die emotionale Schwärze, die die 13 Stücke von Lunchs Studioproduktion ausmacht, ist aber komischerweise eine, die nicht unweigerlich zu schweren Depresionen führt, sondern die einen magisch in ihren Bann zieht, so wie eine Fliege, die an einem Fliegenfänger hängt.

Man möchte sofort am liebsten den Raum verdunkeln und alle Türen verrammeln, nur damit bloß nichts die akustischen Rauchschwaden stört, die aus den Boxen strömen. Das klingt jetzt vielleicht ein bißchen dick aufgetragen und esoterisch, aber von Lydia Lunchs soundtrackartiger Nicht-Musik geht halt eine unheimliche Faszination aus, die auch nicht durch die manchmal recht trendy erscheinenden Beats gestört wird.

"Matrikamantra" entspannt die Sinne, aber schaltet nicht die Wahrnehmung ab, sondern schärft sie noch, damit man die auf minimalistische Strukturen reduzierte Schönheit der einzelnen, deutlich miteinander verknüpften Kompositionen mit der nötigen Aufmerksamkeit verinnerlichen kann.

Erstaunlich ist auch wie konzentriert und introvertiert Lunch als Musikerin zur Sache geht ­ wenn ich da an ihre sonstigen Aktivitäten denke, vor allem in Sachen Film... Neben der Studioplatte "Matrikamantra" enthält die Do-CD auch noch eine Live-CD, die in Prag aufgenommen wurde, was dieses brilliante Werk angenehm abrunden dürfte.