Manu Larcenet erste Romanadaption „Brodecks Bericht“ ist in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes: Rein äußerlich als opulentes Hardcover im Pappschuber mit Lesebändchen und einem Gewicht von fast 1,5 Kilogramm.
Zeichnerisch in einer schwarzweißen Darstellung, die zwischen der von Düsternis durchzogenen Zelebrierung der Natur und hässlich überzeichneten, teilweise auch monsterartigen Menschen schwankt.
Aber auch inhaltlich. Schauplatz ist ein nicht weiter benanntes Bergdorf im deutsch-französischen Grenzgebiet (deutlicher wird auch Claudel in seiner Vorlage nicht, rein logisch gesehen kommen aber nur die Vogesen in Betracht) kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Die so misstrauischen wie verlogenen Männer des Dorfes haben gerade gemeinschaftlich einen Fremden ermordet, als Brodeck zufällig hinzustößt. Brodeck, einst als Kind nach dem Ende des Ersten Weltkriegs selbst als Fremder in das Dorf gekommen und zwei Jahre lang nach Denunziation der Dorfbewohner Insasse eines Konzentrationslagers, soll nun einen Bericht für die Obrigkeit verfassen, um den Mord zu rechtfertigen.
Zwar willigt er aus Angst um das Wohlergehen seiner Familie ein, hält aber parallel seine persönliche, um wesentliche Hintergründe ergänzte Darstellung gesondert fest. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Schuld und Unschuld.
Auch Brodeck muss erkennen, dass einen schon die Kombination von Wissen und Schweigen ein Stück weit zum Mittäter macht. Larcenet gelingt das Kunststück, die Romanvorlage recht originalgetreu umzusetzen, obwohl er oft seitenweise mit komplett wortlosen Bildern auskommt.
Nicht ohne Grund vom Tagesspiegel zum Comic des Jahres 2017 erkoren.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #139 August/September 2018 und Anke Kalau