NOBLESSE OBLIGE

Malady

Die beiden Wahl-Berliner NOBLESSE OBLIGE haben sich auf ihrem vierten Album deutlich weg vom tanzbaren Electro-Sound früherer Alben hin zu einem wirklich durchgängig stimmigen Konzept des Chanson Noir entwickelt.

Hier findet sich weniger musikalische Radikalität als vielmehr sehr gut durchdachte, emotionale und stilsicher instrumentierte Chansons, die den Hörer mit ihren Geschichten über Voodoo (Sebastian Lee Philips hat durchaus Gefallen daran gefunden, auf Fotos in der großen Hamlet-Geste Zwiesprache mit einem Totenschädel zu halten), Equinox, Sansibar und Okkultismus in die (Grenz-)Bereiche der Mystik und Mythologie führen.

Passend zu den Geschichten und dem abwechselnden Gesang der beiden, sind in den Songs auch die unterschiedlichsten exotischen Instrumente wie Timbales, Kazoo (eine Art kleines Membranophon) und Ukulele zu hören.

Und über alledem „thront“ die oberste Leidenschaft der ausgebildeten Theaterschauspielerin Valerie Renay und des Multi-Instrumentalisten Sebastian Lee Philips, ihr Lieblingsthema: die „Amour fu“, die ausufernde und intensive Liebe, und diese inszenieren sie musikalisch so gekonnt, als ob sie den Soundtrack zu Jean-Luc Godards Film-Noir-Klassiker „À bout de souffle“ („Außer Atem“) Jahrzehnte später nachliefern wollten.

Wunderbar leidenschaftliche Songs wie „Tropical fever“, „Back and call“ oder „When thunder breaks up under“ sollten vermutlich am besten in einer Vollmondnacht in den Sumpfgebieten von New Orleans gehört werden, wenn man einer Tarot-Sitzung oder Voodoo-Zeremonie beiwohnt (und eine Hand voll Knochen durch die helle Nacht wirft, um mehr über seine Zukunft zu erfahren) und Tom Waits mal eben schnaufend vorbeischaut.

„Malady“ ist ein durchgehend gelungenes Album, dass gekonnt auf das große dunkle und emotionale Kino setzt, von jenen, die es sehr gut beherrschen.