Es hat schon viel zu lange gedauert, doch nun legen LYSCHKO aus Solingen mit „Brennen“ ihr erstes musikalisches Feuer aus. Dass wir es hier mit einem Flächenbrand und keinem Strohfeuer zu tun haben, wird schnell klar. Umgehend reißt die Band – bestehend aus Sängerin und Gitarristin Lina Holzrichter, Bassist Jonah Holzrichter, Gitarrist Lukas Korn und live verstärkt durch Doris Banovic am Schlagzeug – ein Loch in die lethargische Musiklandschaft, die so gerne bunt und vielfältig sein möchte, sich aber eher Grau in Grau und peinlich uninspiriert zeigt. Zumindest wenn es darum geht, auch Pop miteinzubinden und sich abseits jeglicher Floskeln zu äußern. Und genau das tun LYSCHKO, wenn die Basis ihres Sounds auch ganz klar irgendwo zwischen New Wave und Post-Punk liegt. Sie führen uns aber lieber durch eine geheime Tür in den düsteren Abgrund. Dort, ganz tief unten, legen sie den Finger direkt auf den flachen, durch Angst verlangsamten Puls, umhüllen uns mit eleganter Melancholie, nur um dann alle Fesseln von sich zu sprengen und mit lauten Extremen zu reagieren. Dominanz und Unterwerfung im Wechselspiel. Beim Opener „Glasperlenmädchen“ lässt die Gitarre dichte Riffs mit Wucht an der Clubwand zerschellen, der Bass treibt uns ungeduldig vor sich her und die anschwellenden Vocals betören sofort. Dass Featurepartner Drangsal sich im anschließenden „Fremd“ eher an Linas Ausdruck orientiert, spricht für ihre deutliche Handschrift, die sie im Zusammenspiel mit LYSCHKO unmissverständlich geprägt hat. Bei LYSCHKO scheint es kein Ego-Gerangel zu geben, jede einzelne Nuance passt ins Gesamtbild und wirkt kreativ abgewogen. Die taktile Übertragung der Töne liegt vor allem an der Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe. „Ohnmacht“ orientiert sich am dunkelsten Zustand, versinnbildlicht lähmende Schwerelosigkeit und endet, großartig theatralisch inszeniert, mit einem großen Befreiungsschlag. Kennt man erst mal den Inhalt von „Fenstersims“ oder dem pumpenden „Hysterie + Abfall“, wird klar, wie vortrefflich hier Musik und Text ineinandergreifen, untrennbar sind. Das komplette Album ist durchdrungen von den Menschen, die hinter LYSCHKO stecken. Deren Emotionen, Träume und Ängste sind tief eingesickert, stecken in jeder einzelnen Note. Dementsprechend ist der Albumtitel „Brennen“ nur scheinbar einfach und doch subtil vieldeutig. Keine Angst, LYSCHKO sind mitnichten blind für die süßen Seiten des Lebens, selbst wenn sie sich auf die bitteren konzentrieren. Im post-punkig mäandernden „Zum Verlieben da“ oder im romantischen „Nachtzug“ betonen sie vor allem die schönen Gefühle, die entstehen, wenn man die negativen Momente überstanden hat. Und was könnte uns allen im Moment mehr Trost bieten als der Gedanke, dass nach all der Scheiße etwas Schönes auf uns wartet?
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