Wie lautet der Spruch nochmal? Try to educate and if you can´t educate, at least try to entertain. Nun, was die Education-Sache angeht, ist JELLO BIAFRA aufgrund seiner Belesenheit wohl über jeden Zweifel erhaben.
Zu jedem Thema, über das der Mann referiert, stellt er geradezu akribische Recherchen an, um den Zuhörern seiner Spoken Word-Veranstaltungen all jene Hintergrundinformationen vermitteln zu können, die die Hauptadressaten seiner Kritik (Regierung, Medien, Wirtschaft, Religiöse Rechte, etc.) tunlichst zu verschleiern versuchen.
Bei einer Spielzeit von über drei Stunden streut Biafra auf seinem fünften Spoken Word Album aber glücklicherweise auch immer wieder recht unterhaltsame Anekdoten ein, die seinen Vortrag davor bewahren, zu belehrend oder - wie ihm in der jüngeren Vergangenheit vor allem von seinen ehemaligen MRR-Weggefährten vorgeworfen wurde - paranoid zu wirken.
Dies fällt insbesondere im Vergleich zum doch recht langatmig ausgefallenen Vorgänger "Beyond The Valley Of The Gift Police" auf, der an einem Stück kaum zu ertragen war. Letztendlich handelt es sich bei Biafras Spoken Word-Alben mittlerweile um nichts anderes als Updates zu seinem Erstling "No More Cocoons".
Das Grundthema ist immer dasselbe, nämlich der desolate, sich ständig verschlechternde Zustand der amerikanischen Gesellschaft, insbesondere die auf Kosten demokratischer Grundwerte immer stärker um sich greifende Zensur und die daraus resultierenden globalen Auswirkungen.
Die Stärke von Biafras Vortrag ist wie immer der hohe Informationsgehalt und an den Zuhörer gerichtete Aufforderung, Dinge in Frage zu stellen und sich anhand zusätzlicher Quellen eine eigene Meinung zu bilden.
Wendet man diesen Vorschlag einmal auf "If Evolution..." an, dann muß ich persönlich sagen, daß die von Biafra geübte Kritik in ihrer Essenz zwar durchaus plausibel klingt, seine Vorhersagen für die Zukunft aber teilweise etwas abenteuerlich anmuten.
Man sollte nämlich bedenken, daß ähnlich der amerikanischen Bevölkerung, die laut Meinung Biafras sämtliche Kröten der Medien und der Regierung willenlos schluckt, es wahrscheinlich einen ganzen Haufen Punks gibt, die Jellos Wort für das Evangelium halten.
Und wenn man dann einmal zu einigen Vorhersagen der ersten drei Alben zurückkehrt, die so, wie sie damals gemacht wurden, nicht eingetroffen sind, dann sollte man sich selber in die Pflicht nehmen und "If Evolution..." für sich selber nochmal nachrecherchieren.
Und ebendies wäre wohl auch ganz im Sinne des Meisters. Schließlich hätte ich ohne Biafras Spoken Word-Alben wahrscheinlich nie Bagdikian oder Chomsky gelesen. Der Grundtenor des neuen Werkes lautet jedenfalls folgendermaßen: the shit´s about to hit the fan, so be prepared! Und nach Jellos Meinung werden wir dies alle noch miterleben.
Ich bin gespannt. Übrigens wird im April 1999 bei AK Press ein Buch mit Auszügen aus den Spoken Word-Alben herauskommen, welches wenig verwunderlich in großem Umfang auf die ersten Werke zurückgreift und bei aller Liebe zur sonoren Stimme des Meisters einem Dreifach-Silberling vorzuziehen sein dürfte.
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