Meine Liebe zu SONIC YOUTH hatte 1987 begonnen, als "Sister" erschien und "Catholic block" nicht mehr aus meinem Kopf verschwinden wollte. Die Spex feierte die Band, ich ließ mir dadurch meine Begeisterung nicht vermiesen, und als 1988 dann "Daydream Nation" als Doppel-LP und CD erschien, hatte ich bereits den verfügbaren SST-Backkatalog in meinem Besitz.
Wo die alten Releases mich Punker teils beinahe überforderten, schlug "Daydream Nation" einen neuen Weg ein, strotzte das Album mit dem markanten Gerhard Richter-Artwork doch vor Eingängigkeit.
"Teen age riot", "Silver rocket", "'cross the breeze" - schon drei der ersten vier Songs sind unglaublich eingängige, mitreißende Popsongs, woran auch eine Spielzeit von bis zu sieben Minuten nichts ändert.
Kim Gordon war mit ihrer glockenhellen Stimme zu meiner Punk-Ikone geworden, und irgendwie wusste ich zugleich, dass das nicht mehr "Punk" im musikalischen Sinne war, wie ich das bis dahin kannte.
Aber "Indierock" oder "Alternative Rock" waren damals noch keine Begriffe, die irgendwer verwendete, wir sprachen, soweit ich mich erinnere, von "Noiserock", und über "alternative" Popkultur wurde nicht wirklich reflektiert geschrieben.
Knapp 20 Jahre später sieht das anders aus, da ist ein Heer von Musikjournalisten überreflektiert über diese Zeit hergefallen, da werden HÜSKER DÜ, DINOSAUR JR, MISSION OF BURMA, BUTTHOLE SURFERS und BIG BLACK schlüssig zueinander in Beziehung gesetzt, doch damals waren diese Bands alle noch sehr lebendig, um einen herum, der heiße Scheiß für jemanden um die zwanzig, der sich für spannende neue Musik interessierte.
SONIC YOUTH haben sich im Zuge ihres bandeigenen Archivprojektes als drittes Album nun also "Daydream Nation" vorgenommen, die Aufnahmen neu gemastert (damals steckte das CD-Mastering noch in den Kinderschuhen) und, im Falle der ersten CD, um ein unveröffentlichtes Demo von "Eric's trip" ergänzt, sowie eine Zusammenstellung von Live-Aufnahmen von "Daydream Nation" (wenn auch in anderer Reihenfolge) auf der zweiten, ergänzt um vier Coversongs, darunter MUDHONEYs "Touch me I'm sick" und "Electricity" von CAPTAIN BEEFHEART.
Zusammen mit dem dicken Booklet, in dem sich neben Fotos wirklich erhellende Linernotes finden, ist diese "Deluxe Edition" definitiv den Kauf wert, für alte wie für neue SY-Fans. (10)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #47 Juni/Juli/August 2002 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #73 August/September 2007 und Joachim Hiller
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