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QUASI

Breaking The Balls Of History

Bereits seit 1993 hat Sam Coomes zusammen mit der ehemaligen SLEATER-KINNEY-Schlagzeugerin Janet Weiss, mit der er bis 1995 verheiratet war, unter dem Namen QUASI Platten veröffentlicht, die eigentlich schon immer schwer kategorisierbar waren und vor allem geprägt von Coomes – eine Art Keith Emerson des Indierock – Keyboard-Extravaganzen. Ich beschrieb den QUASI-Sound mal als psychedelischen Indierock mit Siebziger-Touch, der an Bands wie FLAMING LIPS, MERCURY REV oder BUILT TO SPILL (bei denen Coomes auch immer mal wieder Gastmusiker war) erinnert, allerdings deutlich experimenteller ausfällt. Auf ihrem zehnten Album „Breaking The Balls Of History“, zehn Jahre nach dem letzten namens „Mole City“ entstanden, kommen QUASI bei aller Schrägheit deutlich songorientierter und gemäßigter daher. Tummelten sich auf „Mole City“ noch 24, oft nur fragmentarische Stücke, sind es auf „Breaking The Balls Of History“ gerade mal die Hälfte, aber die in normaler Länge. 2016 hatte mich Coomes mit dem schrägen Crooner-Space-Horrorfilm-Kirmes-Pop seiner Soloplatte „Bugger Me“ begeistern können (der Nachfolger „True Death“ von 2020 ist ein leider nicht mehr aufzutreibender Vinyl-Release gewesen), und zuletzt hatte er Jon Spencer bei dessen Platten „Spencer Gets It Lit“ und „Spencer Sings The Hits“ 2022 und 2018 mit seinen wilden Keyboard-Einlagen unterstützt. Ohne Weiss’ Schlagzeugspiel und Gesangseinlagen schmälern zu wollen, die auch ansonsten am Songwriting beteiligt war, sind es Coomes Rocksichord-Kapriolen, die QUASI in erster Linie ausmachen, der sein Instrument allerdings nicht so beackert wie etwa ein James Leg, und der immer eine erstaunliche Pop-Sensibilität besitzt. Trotz aller noch vorhandener Over-the-top-Mentalität von „Breaking The Balls Of History“ dürfte es das bisher zugänglichste QUASI-Album sein und gehört für mich schon jetzt zu den besten Veröffentlichungen des Jahres 2023.