BOUND - GEFESSELT

Die Wacholder-Brüder haben ja gerade mit SPEED RACER bei Kritikern und Publikum eine echte Bauchlandung hingelegt, mir gingen Andy und Larry Wachowski allerdings schon bei MATRIX RELOADED und MATRIX REVOLUTIONS schwer auf die Nerven.

Visuell ist natürlich auch SPEED RACER ein echter Hingucker, allerdings inhaltlich so schmerzhaft hohl, dass einem jeglicher Spaß an dem Film vergeht. Da lobe ich mir doch das Regiedebüt der Wachowskis, ein durchgestylter Lesben-Neo-Noir-Thriller und das Aufeinandertreffen von Hollywoods unglaublichstem Mund und unglaublichster Stimme in Gestalt von Gina Gershon und Jennifer Tilly.

An sich ein Kammerspiel, das hauptsächlich in zwei Wohnungen eines Chicagoer Appartmenthauses stattfindet. Tilly spielt Violet, die laszive Geliebte eines Mafiosi (Joe Pantoliano), und Gershon die lesbische Corky, die sich als Hausmeisterin verdingt und zuvor mal im Knast saß.

Als Violet Corky im Fahrstuhl begegnet und sich daraufhin eine kleine Liaison zwischen den beiden entwickelt, hecken die beiden in Folge einen Plan aus, um den Mob um zwei Millionen Dollar zu erleichtern, wofür Violets Lover Caesar als Sündenbock herhalten soll.

Das Ganze funktioniert natürlich nicht wie geplant, das kennt man ja zum Beispiel auch aus dem im selben Jahr entstandenen, wesentlicher eleganteren FARGO der Coen-Brüder, deren BLOOD SIMPLE sicher ebenfalls Vorbild für BOUND war.

Wenn schon die Story nicht so viel hergibt, muss es die visuelle Seite, was hier zu jeder Menge fast schon grotesker Nahaufnahmen führt und anderen selbstzweckhaften Spielereien, die aber durchaus den Reiz von BOUND ausmachen.

Auf jeden Fall haben Pantoliano, Gershon und Tilly viel Spaß mit ihren Rollen und liefern, ähm, das Fleisch, das dem Drehbuch eventuell an manchen Stellen fehlt. Für die Amerikaner müssen die Liebesszenen zwischen Gershon und Tilly mal wieder unglaublich skandalös gewesen sein - für die die lesbische Feministin Susie Sexpert konsultiert wurde -, hierzulande war der Film immer "ab 16" freigegeben, denn die Wachowskis deuten in Sachen Sex & Gewalt mehr an, als sie wirklich zeigen.

Nachdem ich BOUND lange nicht mehr gesehen habe, muss ich feststellen, dass er mir immer noch sehr viel Spaß macht, denn die vermeintlichen Tabubrüche sind doch mit einem deutlichen Augenzwinkern inszeniert.

Der Film wirkt in seiner Überzeichnung von Story und Figuren fast wie ein Comic, den man nicht völlig ernst nehmen sollte. Das gilt vor allem für Tillys Rolle, die eine mehr als deutliche Femme Fatale-Karikatur ist, aber auch Pantoliano treibt das Bild des hysterischen, größenwahnsinnigen Ganoven in bester Joe Pesci-Manier ins Extrem.

Der Zusatz "Dino De Laurentiis presents" braucht einem in diesem Fall mal keine Angst zu machen, denn BOUND ist immer noch ein rundum gelungenes Regiedebüt, für das ich den Film schon damals gehalten habe.

Die aktuelle deutsche DVD wird dem Film auch endlich mal gerecht: kein Vollbild mehr sondern das Originalkinoformat, die englische Tonspur ist auch enthalten, ebenso wie ein paar Extras in Form von "Making of" und kurzen Darsteller-Interviews.