Wirklich im allerletzten Augenblick (für dieses Heft) brachte mir der Briefträger das neue, dritte ...BUT ALIVE-Album. Eines vorweg: es ist wieder brillant geworden. Doch der Reihe nach. Nachdem ...BUT ALIVE von der linksautonomen Szene in den letzten Jahren zur zugelassenen korrekten Band erklärt wurden, sind eben diese Leute seit einigen Monaten dabei, B.A.
zu demontieren - und zwar auf eine Weise, die widerwärtig und zugleich typisch ist für Aasgeiermentalität linker Fundamentalisten. Da werden Leute im einen Augenblick hochgejubelt, im nächsten in der Luft zerrissen.
...BUT ALIVE haben es trotzdem geschafft, diese Vorkommnisse außenvorzulassen und so nicht zu einer Eskalation beizutragen. So programmatisch wie Nicht zynisch werden?! ist auch der neue Titel Bis jetzt ging alles gut..., der zu einem Zeitpunkt, da in Deutschland so viele Menschen arbeitslos sind wie zuletzt in den Dreißigern, eine ganz eigene Bedeutung hat.
Textlich erweisen sich ...BUT ALIVE auch diesmal wieder als ganz vorne stehend: Kein Betroffenheitsgesabber, kein Aufwärmen der immer gleichen alten Kotze, sondern Salz in die Wunden der allgemeinen Befindlichkeit, formuliert in Sätzen, die eher Tagebucheintragungen gleichen.
Marcus tritt hier treffsicher der Medienrealität entgegen (Sie weinte wirklich, Ich möchte Ilona Christen die Brille von der Nase schlagen), erkennt und beschreibt die Mechanismen des Musikbiz (Ausverkauf vs.
Ghettoromantik) und erteilt oberlippenbärtigen CDU-Punks die ultimative Ansage (Korrekt III). Manchen klingt das vielleicht schon wieder nach zuviel des Guten, doch ...BUT ALIVE verzichten auf Zeigefinger und Pathos, sagen einfach, was gesagt werden muß, wohl wissend, daß das selbstzweckhaft erscheinen kann (siehe auch Antimanifest).
Doch soll man deshalb gar nichts mehr sagen? Musikalisch ist Bis jetzt... sicher das reifste ...BUT ALIVE-Album, exzellent produziert und schon längst so eigenständig, daß man sich weitere Worte schenken kann.
Das Cover stammt auch diesmal wieder aus der Werkstatt von Eric Drooker, doch die Verbindung zu Weird System wurde nicht erneuert und stattdessen das Album von Sänger Marcus auf dem bandeigenen Label B.A.
Records veröffentlicht. Mit 17 Songs gibt's außerdem jede Menge Musik für's Geld.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #26 I 1997 und Joachim Hiller