Sollte Gerhard Schröder den Friedensnobelpreis verliehen bekommen, werde ich einen Preis für Generationenverständigung im Punkrock ins Leben rufen. Nominiert sind Bands wie die ARGIES, die einen Spagat versuchen, für den sich die ein oder andere Band ein Bein ausreißen würde.
Nämlich zeitlosen Punkrock zu machen, der Jung und Alt gleichermaßen begeistern kann. "Latin Combat Rock" nennen die Argentinier diesen, ein Statement zu ihren Vorbildern THE CLASH, aber eben nur ein Statement.
Seit 1985 wird Musik gemacht, und auch in Deutschland treten die vier Compañeros regelmäßig auf, unter anderem als Support der TOTEN HOSEN auf deren Auswärtsspiel-Tour 2002. Ja, das passt schon.
Ihre fünfte Platte "Al limite de las utopias" leidet zum Glück nicht unter dem weit verbreiteten "wie, schon das nächste Lied?"-Syndrom, sondern bietet eine gesunde Mischung aus Punkrock, Ska und Reggae.
Die Lyrics sind auf Spanisch, auch die Coverversion "Psycho killer" von den TALKING HEADS wird kompromisslos auf galizisch gesungen. Für Nichtspanier sind netterweise Übersetzungen im Booklet abgedruckt.
Ich bin erleichtert, diese Texte hätte mich meine Grundschullehrerin auswendig lernen lassen können: Nicht die altbekannten Kämpferparolen werden abgespult, sondern aggressiv und doch undogmatisch wird kritisiert, was kritisiert werden muss: falsche Vorbilder, Unterordnung, Stillschweigen.
Angenehm. Doch alles hätte so schön sein können, wären die ARGIES nicht das ein oder andere Mal in ausgelatschte Klischees abgerutscht. Jungs, brauchen wir wirklich die x-te Coverversion von "Guantanamera"? Der politische Hintergrund dieses Stückes ist ja bekannt, trotzdem klingt das ganze eher nach dem Versuch, eine Mitgrölhymne für die Leute zu basteln, denen eure eigenen Stücks zu anspruchsvoll sind.
Oder für die es nur "ein' Rudi Völler" auf dieser Welt gibt. Aber auch die theatralisch vorgebrachte Erkenntnis, dass Radiomusik scheiße sei, kann ich nicht mehr als Offenbarung empfinden.
Das scheint der Preis dafür zu sein, es möglichst vielen Leuten recht machen zu wollen. Aber abgesehen von der einen oder anderen Unzulänglichkeit haben die vier Argentinier eine Platte geschaffen, die Energien freisetzt und ihren Hörern trotz der vielen bösen Dinge dieser Welt zugesteht, ihre Lebensfreude ausleben zu dürfen.
Ob im Che Guevara-T-Shirt oder im Zweireiher mit Nadelstreifen - wer darin keinen Widerspruch sieht, der wird mit dieser Platte viel Spaß haben. (37:05) (8)
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