Im erstmals 1998 veröffentlichten und nicht ganz unumstrittenen Buch „Lords Of Chaos“ hatten Michael Moynihan und Didrik Søderlind versucht, die Ursprünge der Black-Metal-Szene in Norwegen aufzuarbeiten. Damit boten sie aber auch einem Faschisten wie dem ehemaligen MAYHEM-Bassisten und BURZUM-Kopf Varg Vikernes ein Forum, der seinen MAYHEM-Bandkollegen Øystein Aarseth aka Euronymous, Betreiber des Labels Deathlike Silence Productions und des Plattenladens Helvete in Oslo, 1993 in angeblicher Notwehr erstach. Dennoch zeigte „Lords Of Chaos“ anschaulich die Entwicklung der norwegischen Black-Metal-Szene, deren Dreh- und Angelpunkt die noch immer existenten MAYHEM waren. 2018 griff Jonas Åkerlund diese kuriose Geschichte für seinen gleichnamigen Spielfilm auf. Der Leipziger Autor Abo Alsleben, der bereits Ende der Achtziger kurz vor der Wiedervereinigung in der ostdeutschen Metal-Szene aktiv war und im November 1990 MAYHEM für drei Konzerte in die Ex-DDR holte, zeigt uns in seinem Buch eine wesentlich persönlichere Seite der Norweger, vor dem Selbstmord von Sänger Dead 1991 und dem Mord an Euronymous. Der beeindruckend radikale MAYHEM-Auftritt im Eiskeller zu Leipzig (das heutige Conne Island) ist auf der Platte „Live In Leipzig“ gut dokumentiert. Mit seinem lockeren Schreibstil schildert Alsleben (damals selbst Metal-Musiker und Fanzine-Macher) aber nicht nur auf lebendige Weise die ungewöhnliche Begegnung zwischen ihm und diesen Extrempersönlichkeiten (inklusive interessantem Fotomaterial und Briefwechsel), sondern man erfährt auch viel über die damaligen Verhältnisse in der ostdeutschen Undergroundszene.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #153 Dezember/Januar 2020 und Thomas Kerpen