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7 SECONDS

Ourselves / Soulforce Revolution

Die späten 1980er waren ein seltsamer Zeitpunkt in der Hardcore-Geschichte: Einerseits hatten damals viele von uns in Europa gerade erst all die mitreißenden US-Hardcore-Bands kennen gelernt und dürsteten nach neuem Input, andererseits hingen wir gegenüber den USA gefühlt zwei bis drei Jahre hinterher. Bands und Platten und vor allem Information darüber erreichten uns mangels schneller Kommunikationsmittel (das Internet war was für Forschungseinrichtungen) und einer nur sehr bedingt auf unsere Musik eingehenden Presselandschaft (auch Fanzines hatten kaum einen Informationsvorsprung, nicht jeder las Maximum Rocknroll und Flipside aus den USA) eher selektiv und mit großer Verzögerung. All die spannenden Bands aus Washington D.C. oder Boston ... kaum hatten wir sie kennen gelernt anhand von Platten, die uns mitrissen mit packendem Hardcore, stellten wir anhand von deren neuen Releases fest, dass die sich rapide weiterentwickelt hatten. Wir wollten Hardcore und bekamen ... Indierock? In einer frühen Ox-Ausgabe findet sich einen enttäuschte Abhandlung über das damals neueste UNIFORM CHOICE-Album, HÜSKER DÜ hatten sich mit ihrem Abschiedsalbum von 1987 von allen vorherigen Platten distanziert, UNDERDOG und CRO-MAGS waren schon ganz woanders, und so weiter. Und wir saßen mit deren neuesten Platten da und sollten damit klarkommen, dass unser neu entdeckter Hardcore schon wieder vorbei war. Auch 7 SECONDS trugen zu unserer Misere bei. 1988 hatten Kevin und Band „Ourselves“ veröffentlicht, 1989 folgte „Soulforce Revolution“, und ja, wir hätten vorgewarnt sein können (oder waren es auch), denn 1986 hatten die schon das programmatisch betitelte „New Wind“ veröffentlicht, eine Richtungsänderung vorgenommen. Aber wir hatten natürlich „The Crew“ (1984) und „Walk Together, Rock Together“ (1985) im Hinterkopf, und das, was damals schon bald als die „U2-Phase“ von 7 SECONDS bezeichnet wurde, erinnerte nur wegen der Stimme von Kevin und der Melodien an die Band, die wir zu hören hofften. Rückblickend waren und sind „Ourselves“ und „Soulforce Revolution“ zeittypische Alben, eher Wegbereiter für den Alternative Rock der 1990er, glatter und gefälliger als das, was Grunge uns bald darauf ins Gesicht spucken würde. Glücklicherweise nahm die Band dann irgendwann in den 1990ern die nötigen Korrekturen vor und brachte noch ein paar okayne Alben raus. Die beiden Alben wurden nun als Doppel-CD-Pack neu aufgelegt, ergänzt um Linernotes von Mark Freebase. Und bis hier zum Schluss wurde nun kein einziges Mal das Wort „lahm“ verwendet, denn es soll ja auch Leute geben, die von diesen beiden Alben seinerzeit total abgeholt wurden.