TWELVE FOOT NINJA

Foto© by Quinten Quist

Lieber ganz als gar nicht

Sie hätten ja einfach nur ein Album veröffentlichen können. Doch stattdessen lassen die australischen Genre-Gratwanderer mit „Vengeance“ lieber ein echtes Mammutprojekt auf die Szene los: Ein Comic sowie ein Videospiel und ein eigens geschriebener Roman flankieren Album Nummer drei. Grund genug, mit Klampfer Stevic mal ein bisschen zu plaudern.

Vengeance“ ist zweifelsohne keine Veröffentlichung wie jede andere. Wieso habt ihr euch so ein Jahrhundertprojekt aufgehalst?

Nun, es war eigentlich von Anfang an der Plan gewesen. Die Vision gab es bereits seit dem Jahr 2006, als wir mit der Band angefangen haben. Es hat eben nur ein bisschen gedauert, es dann endlich mal so umzusetzen. Tatsächlich hängt das alles natürlich auch mit der Pandemie zusammen, die vieles verändert hat. Und die dann doch viel einschneidender und intensiver geworden ist, als es anfangs jeder wohl angenommen hatte. Ich meine, wir haben gefühlt seit Ewigkeiten keine Show mehr gespielt. Es kommt uns heute fast wie ein Traum vor, dass wir mal auf Tour waren. Dafür hatten wir in den vergangenen anderthalb Jahren aber auch mehr Zeit, uns mit dem Release in all seinen Facetten zu beschäftigen. Der Roman beispielsweise hätte eigentlich schon zusammen mit unserer zweiten Platte „Outlier“ rauskommen sollen. Aber der Autor, Nicholas Snelling, brauchte dann doch mehr Zeit. Weil sich die Geschichte immer weiterentwickelte, immer umfassender wurde. Am Ende ist das Ganze, so wie es jetzt veröffentlicht wurde, ein Projekt, das mehr als eine Dekade Zeit beansprucht hat. Aber hey, besser spät als nie, oder?

Lass uns ein wenig über die Musik sprechen. Was war die größte persönliche Herausforderung beim Schreiben der neuen Songs?
Aus Sicht des Gitarristen würde ich sagen, dass der Fokus bei der neuen Platte eher auf den Songs als solchen lag. Quasi mehr Songwriting, weniger Riff-Porn, haha. Nein, ernsthaft, wir wollten die Leute diesmal wirklich mit den Songs erreichen. Nicht irgendwelche technisch anmutenden Riffs auf dem Reißbrett zusammenschrauben, sondern eher was machen, das wirkt. Schwierigkeiten? Na ja, bei einigen Stücken ist ja ein 16-Mann-Orchester am Start, das war natürlich nicht einfach. Aber wirkliche Struggles hatten wir beim Aufnehmen jetzt nicht.

Einige Tracks wirken deutlich aufgeräumter, etwas weniger verfrickelt. Musstet ihr euch da arg zusammenreißen?
Haha, auf jeden Fall. Und hier und da ist uns das gelungen, an anderer Stelle wohl eher nicht. Klar könnte alles noch viel simpler sein. Aber es ist irgendwo als Musiker auch echt schwer, auf diese kleinen Details und Spielereien zu verzichten. Weil es einfach riesigen Spaß macht, sich da auszutoben. Und weil uns das als Band natürlich auch ausmacht. Ich denke, die Mischung passt am Ende. Es ist nicht too much, aber es ist eben auch nicht langweilig. Zumindest für uns. Und wir müssen ja vor allem selber mit der Platte zufrieden sein.

Der Faktor Technologie ist in eurem Fall ja trotzdem ein sehr wesentlicher, oder?
Ja, total. Wir sind keine Band, die gemeinsam in den Proberaum geht und jammt. Ich selber habe, glaube ich, seit zwanzig Jahren keinen echten Gitarren-Amp mehr benutzt, haha. Wir gehen eher wie Architekten vor, machen alles über das Internet. Natürlich gibt es Musiker, die ganz anders arbeiten, klar. Heute teilt sich das ja mehr oder weniger in zwei Lager: Die einen wollen am liebsten nur noch mit alten Bandmaschinen aufnehmen und alles so roh und organisch wie möglich haben, die anderen bauen sich alleine zu Hause alles am PC zusammen. Wir haben einen Weg gefunden, der für uns eben am besten funktioniert. Das heißt nicht, dass ich andere Arbeitsweisen nicht respektiere, im Gegenteil. Am Ende ist sowieso nur die eine Frage entscheidend: Klingt ein Album gut und gefällt es den Leuten? Oder ist es Schrott. Und Schrott lässt sich definitiv auf beide Weisen fabrizieren, haha.

Mittlerweile ist es ja wieder möglich, Live-Shows zu spielen. Auch ihr habt bereits eine Tour angekündigt. Wie bereitet ihr euch als „Internet-Band“ konkret darauf vor?
Das ist in der Tat immer ziemlich knifflig. Jeder von uns hat seinen Midi-Scheiß am Laufen, es gibt einen Timecode für die Lightshow, jeder hat seinen individuellen Mix auf den Ohren und so weiter. Unser Tourmanager ist aber glücklicherweise auch sehr technikaffin, somit können wir gemeinsam immer einen guten Schlachtplan entwickeln. Was die Songs an sich angeht, analysieren wir die einzelnen Parts und destillieren quasi alles heraus: den Bass, die Gitarrenspuren, die Drums, die Samples. Wir bauen quasi alles auseinander – und dann wieder zusammen. Mit den entsprechenden Sounds, Setups und Tunings. Das ist verdammt anstrengend, aber macht auch richtig Spaß. Ich liebe Technologie einfach. Beides – die Musik auf der einen und den ganzen Technik-Kram auf der anderen Seite – zusammenzubringen, ist die Challenge. Und wenn es dann funktioniert, ist das einfach nur ein tolles Gefühl.