THOUGHTS PAINT THE SKY haben nach inzwischen drei Platten schon eine bewegte Vergangenheit hinter sich, geprägt von unsteter Bandbesetzung und Mangel an Proberäumen. Anstatt sich davon unterkriegen zu lassen, müssen Ideen her, eine Menge Durchhaltevermögen und auch Freunde. Inzwischen scheint diese Band aber angekommen zu sein. Erstmalig mit richtigem Label im Rücken und dem Glauben daran, dass sie sich endlich so gefunden haben, wie es sein sollte. Wie ihnen das gelungen ist und was eigentlich Loriot damit zu tun hat, davon wissen Sänger Daniel und Schlagzeuger Flo zu berichten.
Bevor ihr bei Midsummer unter Vertrag wart, hattet ihr laut Presseinfo schon länger was mit dem Verantwortlichen Tim zu tun. Wieso also erscheint erst eure dritte Platte auf diesem Label?
Daniel: Ich kannte Tim schon etwas, weil er 2005 mal mit seiner alten Band mit uns gespielt hat. Mario, unser Gitarrist kennt ihn auch schon länger. Wir haben uns vorher eigentlich nicht so sehr um ein Label bemüht und das alles eher D.I.Y.-mäßig aufgezogen, aber jetzt sollte es mal professioneller laufen und da war Midsummer die erste und wohl auch die einzige Wahl. Das war eine logische Konsequenz. Tim gibt sich auch viel Mühe und kümmert sich um seine Bands. Um Dinge wie den Vertrieb kann man sich selbst als Band zum Beispiel nur schwer kümmern.
hr habt schon einige Besetzungswechsel hinter euch. Habt ihr, was die aktuelle Besetzung angeht, ein gutes Zusammengehörigkeitsgefühl?
Flo: Wir beide finden, dass es so bleiben soll, wie es jetzt ist. Ich bin auch kein Gründungsmitglied, aber mit Daniel zusammen am längsten dabei.
Daniel: Die Band gibt es nun seit 2005, aber was zwischen 2005 und 2007 passiert ist, würde ich wirklich ausklammern. Alle Besetzungen waren ganz gut, aber mittlerweile ist es so richtig und soll auch so bleiben.
Flo: Ja, wir haben uns, glaube ich, jetzt richtig gefunden.
Was hat sich musikalisch verändert in Hinsicht auf euer neues Album „Nicht mal mehr wir selbst“?
Flo: Die zweite Gitarre ist ganz wichtig. Mario bringt da mit seinen melodiösen Sachen etwas Neues rein. Und der ganze Entwicklungsprozess des Albums war wirklich gut.
Daniel: Im Rausch der Besetzungswechsel früher konnten nie viele Songs entstehen. Seit Ende 2010 saßen wir im Proberaum und haben dabei immer mehr Songs geschrieben. Vorher war es oft so, dass einer mal was mitgebracht hat, und dann wurde das ausprobiert. Das Meiste entstand bei dieser Platte aber aus dem zusammen Spielen. Das hat die Besetzung auch gefestigt. Musikalisch hat da jeder von uns etwas eingebracht und klanglich ist es eine Mischung aus allem, was wir in der Vergangenheit ausprobiert haben.
Gerade bei deutschen Bands werden immer gern von Seiten der Presse oder auch der Fans Vergleiche heran gezogen, also die Frage: Gibt es eine Band von der ihr glaubt, dass man euch mit ihr vergleichen könntet?
Daniel: Die in Zusammenhang mit uns schon mal genannt werden, sind zum Beispiel ADOLAR. Und wenn ich mir das anhöre, finde ich das eigentlich nicht. Als Einflüsse gibt es ganz viel, und das, was ich als solchen bezeichnen würde, würden die anderen wahrscheinlich ablehnen. Wir haben uns nie eine Handvoll Bands ausgesucht und gesagt: So müssen wir das auch machen. Wir haben uns immer treiben lassen und versucht, neue Aspekte mit einzubringen, deshalb klingen wir auch von Album zu Album ein bisschen anders.
In den Texten auf „Nicht mal mehr wir selbst“ findet man sehr viele alte Redewendungen. Ist das bewusst so?
Daniel: Ich mag es, mit der deutschen Sprache zu spielen. Als Muttersprachler kann man das ja immer am besten. Im Englischen flog mir das nie so zu. Im Deutschen kannst du diese Sprichwörter verwenden und Bilder benutzen und deswegen bin ich auch dabei geblieben. Du kannst dich blumiger und schöner ausdrücken.
Ihr spielt Screamo mit Akustikgitarren. Das ist ungewöhnlich, wie kam es dazu?
Flo: Als ich in die Band eingestiegen bin, habe ich das auch gefragt. Das war aber zu einer Zeit, in der wir mit E-Gitarren geklungen hätten wie jede andere Emo-Band, die da gerade wie Pilze aus dem Boden sprossen.
Es ging dabei also schon um Einzigartigkeit?
Daniel: Na ja, das war im Grunde nicht so bewusst geplant. THOUGHTS PAINT THE SKY sind aus einer anderen Band hervorgegangen. Die andere wurde aufgelöst und da hatten wir auch keinen Proberaum mehr, wollten aber trotzdem noch Musik machen. Also haben wir das im Wohnzimmer gemacht und ich und der andere Gitarrist haben unsere Akustikgitarren mitgebracht. Den Klang mochten wir, also haben wir so weitergemacht. Das hat sich von da an immer mehr entwickelt. Ein Schlagzeug und Effekte kamen dazu. Mit der Zeit ist die Musik vertrackter und lauter geworden und wir sind einfach dabei geblieben. Irgendwann kam noch einmal die Diskussion, ob man nicht doch mit verzerrten Gitarren arbeiten sollte, weil das ja schon mehr knallt, aber dadurch, dass wir es nicht tun, klingt es immer ein bisschen „anders“.
Daniel, im Booklet bedankst du dich bei Loriot und ihr habt diesen Einspieler aus „Weihnachten bei Hoppenstedts“ in dem Song „Klavier, Klavier“. Hatte Loriot noch mehr Einfluss auf die Platte?
Daniel: Ja, schon. Sich Zeit nehmen für diese Art von Humor, das kommt etwas zu kurz in dieser schnelllebigen Zeit. Beim Album kommt es vielleicht so rüber, als ob wir nach dem Tod von Loriot auf diesen Zug aufgesprungen wären, ich war aber schon länger großer Fan. Der hatte eine großartige Art, gesellschaftliche Dysfunktion auf die Schippe zu nehmen, und das hat auf jeden Fall Einfluss darauf genommen, wie ich Texte schreibe. Auf „Nicht mal mehr wir selbst“ ist das besonders deutlich. „Klavier, Klavier“ ist meine Interpretation von Loriot.
Ihr spielt ja in der Regel nur in eher kleinen Clubs. Seid ihr schon in Berührung mit größeren Bands und auch dem größeren Drumherum gekommen?
Flo: Wir waren mal mit JENNIFER ROSTOCK unterwegs. Das ist ein richtig krasser Gegensatz, ob du in der Großen Freiheit in Hamburg spielst oder im Aetherblissement in Köln. Das sind wirklich zwei Welten, die sich wohl nicht verstehen würden.
Daniel: Wir wurden natürlich auch dafür kritisiert, dass wir mit so einer Band spielen, damit mussten wir auch rechnen. Es ist uns aber eigentlich egal. Wir kennen einen aus der Band und ich sehe keinen Grund, nicht mit denen zu spielen. Wir haben dafür auch kein Geld gekriegt oder so. Es ist einfach eine krasse Erfahrung, diese ganze Maschinerie zu erleben. Unglaublich, was da alles dahintersteckt. Die haben einen Manager, einen Tourmanager, einen Stagemanager und vor Ort gibt es dann lauter Ablaufpläne. Ich will überhaupt nicht über die Band ablästern. Die haben sich was aufgebaut. Da gibt es eine ganz andere Sichtweise auf die eigene Band, als wir sie haben. Für die ist das Arbeit und haben auch außer dem Spielen mit nichts mehr etwas zu tun.
Flo: Wir müssen eben über alles, was zu tun ist und was mir machen wollen, diskutieren und uns einigen, und die haben mit den ganzen Entscheidungen einfach nichts zu tun. Die stecken da sicher auch Herz rein, aber es ist irgendwie eine ganz andere Herangehensweise und letztlich eine andere Welt.
Daniel: Wir haben auch schon mal überlegt, ob wir selbst in so eine Band einsteigen würden, man müsste da halt schon eine distanzierte Haltung zum eigenen Tun einnehmen. Es ist schon super, auf so großen Bühnen zu spielen, auch wenn sich an uns wahrscheinlich nur ein Bruchteil des Publikums erinnert. Unser Zuhause sind aber trotzdem die kleinen Läden, weil man mit einem anderen Gefühl an alles rangeht.
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