STATIC AGE

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In The Van With Dan O’Day

Big Ben, der gemeinhin als „the Voice of Britain“ gilt, ziert das Label des vierten THE STATIC AGE-Releases „I/O“. Die Band aus Burlington, Vermont, zollt damit ihren Idolen von der fernen Insel Tribut, aber trotz ihrer Affinität fürs Düstere waren die beiden Masterminds auch Mitglieder der schmissigen RIVER CITY REBELS und toben sich live mal gerne mit dem Spielen der kompletten „Nervous Breakdown“-EP von BLACK FLAG aus. Sänger Andrew Paley und Bassist Adam Meilleur gelingt mit „I/O“ jedoch hauptsächlich das seltene Kunststück, zeitlose Songs zu schreiben. Ihre beachtliche Vita und die selbstironische Note machen es einem dann noch einfacher, an ihren Wave-Klängen Gefallen zu finden.

Es wäre ein Fehler, euch als Newcomer zu kategorisieren, denn ihr seid schon eine ganze Weile aktiv. Wie weit reicht eure Historie zurück?

Andrew: Adam und ich spielen beide seit der Highschool in Bands, das war in den späten Neunzigern. Wir trafen uns oft, immer wenn unsere Bands in Kellern, kleinen Hallen oder dem Club 242 Main auftraten. Ich war damals 15 und spielte bei der Hardcore-Combo IN REACH, Adam sang bei SANITY. Später stieg Adam dann als Bassist bei uns ein und wir änderten den Namen in THE HEMLOCK VERDICT, da wir eher trashigen Punk spielten. Aus der Phase gibt es noch ein Demo und wir konnten auch ein paar Shows spielen. 2001 fing ich dann an, die Backups beizusteuern, und als Spencer, unser-Sänger, dann mit MY REVENGE seine eigene HC-Band gründete, übernahm ich den Gesang vollständig.

Bei den RIVER CITY REBELS seid ihr aber auch aktiv gewesen, oder?

Andrew: Adam und ich waren beide bei RIVER CITY REBELS, noch bevor wir STATIC AGE ins Leben riefen. Wir kamen ja alle aus Vermont und die Band hatte gerade einen Vertrag mit Victory unterschrieben, war also auf der Suche nach einem Gitarristen für die Sommer- und Herbsttour. Ich kannte die Jungs, weil wir als THV schon einige Male mit ihnen gespielt hatten. Plötzlich kam ein Anruf und sie fragten mich, ob ich während der Schulferien nicht mit auf eine US-Tour kommen wolle und die Warped-Dates auch gleich mitspielen könnte. Ich sagte natürlich sofort zu und weitere Line-up-Veränderungen schafften dann Raum für Adam. Wir machten zwei oder drei Touren mit ihnen und ich spielte auch Gitarren für ihre Alben ein, während wir mit THV und THE STATIC AGE Songs schrieben. Ich stieg im Juni 2001 bei RCR ein, Adam im August und Ende des Jahres verließen wir die Band, um uns auf THE STATIC AGE zu konzentrieren. Ich hatte echt Spaß mit den Jungs, aber mein Herzenswunsch war es, das aufzubauen, was THE STATIC AGE heute ausmacht.

Adam: Ich kenne RCR seit ich 17 bin und wir trafen uns, als das Line-up noch in seinen Anfängen steckte. Als SANITY haben wir oft mit RCR gespielt und ich hatte einen sehr guten Draht zu Dan O’Day. THV ließen es etwas ruhiger angehen, Drew spielte bei RCR Gitarre, da entschloss ich mich, ihnen als Roadie auszuhelfen. Dan wollte später dann singen und fragte mich, ob ich Gitarre spielen wolle. An damals habe ich viele tolle Erinnerungen und ich liebe RCR einfach maßlos. Als Drew und ich dann die Band verließen, war es Zeit, aber wir haben viele Erinnerungen an damals mitnehmen können. THE STATIC AGE war uns aber sehr wichtig und als wir dann anfingen, probten wir während der ersten sechs Monate meistens von 12 bis 20 Uhr und steckten viel Energie in die Band.

Habt ihr euch nach dem MISFITS-Song benannt oder gibt es einen anderen Hintergrund?

Andrew: Dieser Bezug zu den MISFITS verwundert manche Menschen, aber es war eine Affekthandlung. Wir brauchten einen Namen für unsere erste Show, die Flyer mussten gedruckt werden, und obwohl der Name in unserer Anfangszeit besser passte, haben wir ihn beibehalten. Wir sehen uns auch gerne als die Post-Punk-Combo, die mit DROWNINGMAN, MOST PRECIOUS BLOOD, ATREYU und AFI auf der Bühne stand. Der Name darf auch ruhig einen Gedankensprung notwendig machen. Wir kümmern uns nicht darum, einem bestimmten Genre anzugehören, auch wenn es die Dinge erschwert. Die ganze Verwirrung heizten wir dann noch an, als wir auf Halloween-Partys als MISFITS auftraten und ihre Songs coverten. Auf der ersten Tour schlossen wir das Set mit allen Songs der „Nervous Breakdown“-EP von BLACK FLAG. Die hat Adam dann immer gesungen, weil meine Stimme das nicht hergibt. Ich glaube, mental sind wir eine Punkband.

Adam: Meinen Stimmbändern hat es zwar auch nicht besonders gut getan, aber als Abschluss für eine Show ist es immer der Wahnsinn. Man ruiniert sich zwar in diesen sieben Minuten, die man braucht, um die Songs zu spielen, für den Rest des Tages, aber es war eine gute Möglichkeit, den Leuten Einblicke in den Ursprung der Band zu geben. „Nervous Breakdown“ ist meine Lieblingsplatte, und dass ich dann ein paar Jahre später Keith Morris treffen konnte, war grandios. Wir waren einen Monat in Kalifornien, machten Praktika in Kunstgalerien oder jobbten in Clubs und er legte nach einer Show von uns in L.A. auf.

Auf Pressefotos sieht man immer mehr als zwei Leute, aber wenn die Mitglieder aufgeführt werden, ist nur von euch beiden die Rede. Seid ihr nun ein Duo, und welche Rolle spielt Dave, der mal bei DROWNINGMAN war?

Andrew: Angefangen haben wir als Quartett, damals mit Bobby Hackney, heute Frontmann bei ROUGH FRANCIS. Da Bobby Vater ist, ließ sich der rigorose Tourplan nicht durchziehen und so kam es dann zu Line-up-Veränderungen. Adam und ich kristallisierten sich als Kernmitglieder heraus und es fing, an uns Spaß zu machen verschiedene Besetzungen zu testen, besonders auf Tour. Dave Joyal kam 2007 als Drummer hinzu und war vorher auch bei DROWNINGMAN. Als THE STATIC AGE gerade anfingen, waren wir oft mit ihnen unterwegs und ich hatte zusammen mit Sänger Simon Brody auch mal einen Club in Burlington, Vermont. Ihr Split ist eine traurige Sache.

Adam: Dave hat schon früher oft bei uns ausgeholfen, erstmalig auf der TIGER ARMY/STREET DOGS Tour. Danach hatten wir einen anderen Drummer, der mit uns die Demos aufnahm. Wir griffen dann aber wieder auf Dave zurück, weil das Timing gut war, denn er war frei und wir konnten rüber nach Europa kommen.

Ihr seid noch bei PAPER TIGERS und FOLK HEROES aktiv, welche Zielsetzung verfolg ihr dort?

Andrew: PAPER TIGERS war der Name meines Soloprojekts, bevor ich anfing, meinen eigenen Namen zu benutzen, weil mir von einer Band aus dem UK rechtliche Schritte angedroht wurden, falls ich den Namen weiterhin benutzen sollte. Ich habe 2007 das Album „White Room“ in den Staaten auf meinem eigenen Label Primary Records veröffentlicht und Little Fox brachten es in Australien und Neuseeland raus. Seit einem Jahr arbeite ich in meinem Studio an einem sehr reduzierten Nachfolger und hoffe, das Album wird noch 2010 fertig werden.

Adam: FOLK HEROES ist meine Zweitband, in der ich mit ein paar Kerlen aus Burlington, auch bekannt als HUSBANDS, spiele. Alle Songs sind seit Jahren in der Pipeline und ich musste eben mal ein paar Leute zusammentrommeln und die Songs in einer Bandsituation einspielen.

In einem Interview mit Pastepunk sagtet ihr, dass euch ein großes Label acht Monate lang Interesse hatte, euch unter Vertrag zu nehmen, ihr euch aber dann für ein kleineres Label entschieden habt.

Andrew: Wenn man Alben vermarktet, als ob es Seifenschalen wären, kann man sie vielleicht in großen Mengen absetzen, aber man läuft auch Gefahr, sie zum Einwegartikel zu machen. So banal und simpel das klingt, so wahr ist es doch in seiner Essenz. Wir waren idealistisch, aber nicht blind angesichts der Möglichkeit, einen größeren Bekanntheitsgrad zu erreichen. Ganz bestimmt ging es uns finanziell nicht so gut, dass das Geld nicht doch verlockend gewesen wäre, aber als es dann ernst werden sollte, gingen wir woanders hin.

Adam: Viele Bands sind bereit, alles zu unterzeichnen, und denken gar nicht darüber nach, was sie aufgeben. Ich gehe sogar davon aus, dass das die Mehrheit ist. Verträge sind die Pest und wir sind extrem vorsichtig, wenn wir welche unterschreiben. Darauf gebe ich dir mein Wort.

Ihr macht ja schon seit längerer Zeit Musik, wie seht ihr die strukturellen Veränderungen bei den Konzertbesuchern und was hat sich an eurer persönlichen Einstellung hinsichtlich der Musik verändert?

Andrew: Die Szene hat sich natürlich stark verändert. Unsere Lieblingsbands hörten irgendwann auf und heute kämpfen viele Bands um die Gunst des Hörers. Mundpropaganda wurde durch Blogs und Twitter-Accounts ersetzt. Alles ist nur noch 35 Sekunden lang aktuell. Werten möchte ich das nicht, ob es gut oder schlecht ist, das soll jeder für sich entscheiden. Es ist schon aufregend, wie sehr sich die Dinge in einer recht kurzen Zeitspanne verändern können.

Euer Stil hat sich seit „Neon Nights Electric Lives“ sehr verändert. Damals hörte man viele Geigen und Effekte.

Andrew: Ich denke, die größte Veränderung war bei der Produktion. Ich war eigentlich nie ein Technikfreak, was Equipment anging, das Wort „Gear“ versetzt mich in Angstzustände, aber als die „Neon Nights ...“-Sessions mit Matt Squire begannen, entwickelte ich ein Interesse an Studioarbeit. Squire ist in dieser Hinsicht ein Genie und brachte mir viel bei. Anschließend richtete ich mir ein Basisstudio ein. Als 2006 „Blank Screens“ rauskam, stockte ich technisch auf und konnte dadurch viel beisteuern. Sechs Songs nahmen wir mit Birnbaum und Bittner in ihrem Studio in Woodstock, New York auf und ich packte noch drei Songs von mir drauf, die ich in meinem Studio in Ithaca, New York aufgenommen hatte. Für „I/O“ haben wir die Studioarbeit selbst gemacht, aber den Mix in fremde Hände abgegeben. Alles, was ich gelernt habe, kann ich auf diese Alben zurückführen, aber es funktioniert eben nach dem Trial-and-Error-Prinzip.

Adam: Bands sollten sich von Album zu Album verändern, sonst ist doch alles sinnlos. Sogar, wenn die Veränderung nur minimal ist, sollte man es tun, wenn es nicht um diese zuvor ausgehandelten Stilwechsel geht, denn diese sind doch meist nur Nonsens. Bei uns hat sich die Entwicklung ganz natürlich vollzogen und „I/O“ ist die perfekte Synthese unserer beiden Pole, denn man hört Upbeat-Songs einerseits und stimmungsvolle elektronisch angehauchte und atmosphärische Sounds andererseits.