Nach vier Jahren Abstinenz gibt es jetzt noch wenige Male Gelegenheit, die einzigartige Hardcore-Band STATIC 84 aus Südostbayern live zu sehen. Fernab jeglicher Trends orientierten sie sich am Sound von DAG NASTY. In ihrer Schaffensphase von 1996 bis 2001 gab es wenige Veröffentlichungen, an erster Stelle die CD/LP „The Servants Are Rising“ auf Join The Teamplayer Records aus dem Jahr 2000. Was aber macht dieses Reunion-Konzept so interessant?
Bei diesen einzigartigen Hardcore-Klassentreffen werden tot geglaubte Old-School-Bands wie BOOT DOWN THE DOOR und MY HERO DIED TODAY neben blutjungen Formationen wie DRIVING THE SALT auftreten, die mit STATIC 84 eine Split-CD-EP auf Striving For Togetherness veröffentlichen werden. Ich sprach mit Initiator Oise Ronsberger, eifrigen Lesern bereits bekannt durch die Indie-Band LA PAR FORCE, das Label Dancing In The Dark, sowie in seiner Funktion als Mitbetreiber des Regensburger Plattenladens Eldorado und in diesem Fall als Bassist bei STATIC 84 und Organisator des einzigartigen Hardcore-Klassentreffens.
Mancher mag sich freuen, dass man euch noch mal live sehen kann, zum anderen aber stellt sich die Frage, ob man der Erwartung von damals heute gerecht wird.
„Sicher ist, dass wir unsere Instrumente heute besser beherrschen. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir alles nicht mehr so verkrampft angehen. Jetzt sehen wir uns als Freunde, die Spaß daran haben, gemeinsam Musik zu machen. Wenn wir das so dem Publikum rüberbringen, wovon ich ganz stark ausgehe, dann wird das nicht schlechter, vielleicht sogar besser, aber sicherlich anders werden. Wir wollen nicht den ‚guten alten Zeiten‘ nachtrauern. Wir wollen mit alten Bands wie BOOT DOWN THE DOOR und MY HERO DIED TODAY und neuen Impulsen wie DRIVING THE SALT die Brücke schlagen zwischen zwei oder drei Generationen. Ich hoffe, bei den Konzerten Leute zu treffen, die ich lange nicht mehr gesehen habe, die man aus den Augen verloren hat oder die sich nicht mehr in der ‚Szene‘ bewegen. Man trifft sich, tauscht sich mal wieder aus, und vielleicht knüpft mancher ja wieder an, um dabei was Positives zu kreieren. Das wäre meine persönliche Hoffnung dabei.“
In welcher Besetzung werdet ihr diese Gigs spielen?
„Wir haben ungefähr alle sechs Monate die Gitarristen gewechselt. Angefangen hat alles mit Christian Grunwald, der mittlerweile bei LA PAR FORCE spielt. Dann kam Christoph Stich, der heute bei USE TO ABUSE aktiv ist. Daniel Stern lebt heute in Berlin und macht meines Wissens nach nicht mehr Musik. Jimmy Jüngermann spielte später bei den BOOGIE BASTARDS. Wir haben uns entschlossen, in der ‚The Servants Are Rising‘-Besetzung zu spielen, da dieses Line-up sowohl am produktivsten, als auch am stimmigsten war: Mario Müller am Gesang, Manuel Müller, Gitarre, Tobias Waldmann, der auch bei SCRAPY aktiv ist, Gitarre, Stefan Grunwald am Schlagzeug und ich am Bass.“
Waren die berühmt/berüchtigten „musikalischen Differenzen“ der
Grund, STATIC 84 aufzulösen, da ihr heute in unterschiedlichen Formationen andere Musik macht?
„Viele Konflikte entstanden durch die unterschiedliche Arbeitshaltung. Die einen wollten öfter, die anderen weniger unterwegs sein. Dann kam es auch vereinzelt zu Identifikationsproblemen, da wir uns doch sehr stark in dieser politischen D.I.Y.-Szene bewegt haben. So mancher von uns fühlte sich im Laufe der Zeit darin sehr unwohl, da diese Szene auch sehr engstirnig und auf Äußerlichkeiten bedacht ist. Politische Aussagen müssen mit Aktionen verbunden sein, um nicht unglaubwürdig rüber zu kommen. STATIC 84 waren als Individuen so verschieden, dass wir uns nach Außen hin beispielsweise nie als Straight-Edge-Band bezeichnen hätten können. So unterschiedlich die Einstellungen und Lebensgewohnheiten der Bands wie BOOT DOWN THE DOOR, STAGNATIONS END, REVOLTE, REVENGE, MY HERO DIED TODAY oder STATIC 84 damals waren, man fand den gemeinsamen Nenner und respektierte einander. Musikalisch hingegen wollte sich damals jeder von uns noch musikalisch verwirklichen, und man kann sich ja vorstellen, wenn Leute bei Bands wie BOOGIE BASTARDS, LA PAR FORCE oder SCRAPY spielen, und derartige Einflüsse der einzelnen Vorbilder mit einbringen möchten, dass das irgendwann nicht mehr in Einklang zu bringen ist. Bei den Songs, die wir neu aufgenommen haben, war klar, dass wir geile Punkrocknummern schreiben möchten, ohne unglaublich kompliziert oder abgefuckt sein zu müssen.“
Warum ziehst du es heute vor, Indie statt Hardcore zu machen?
„STATIC 84 war Musik aus dem Bauch heraus. Es wurde nicht lange überlegt, wir machten einfach. Heute gehe ich bewusster und kopflastiger an das Songwriting heran, was auch nicht immer positiv sein muss. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist, dass LA PAR FORCE von vier Leuten auf einer gemeinsamen Linie betrieben wird, was Ausdruck, Inhalt und Musik betrifft. STATIC 84 hätte ich gerne etwas politischer gesehen, während andere Bandmitglieder kein Interesse für Politik zeigten. Was ich mit LA PAR FORCE mache, liegt mir definitiv mehr am Herzen und entspricht meiner Persönlichkeit.“
Zu guter Letzt: Welche Reunion wünscht du dir, auf welche hättest du verzichten können, und bei wem hoffst du, dass es nie eine geben wird?
„THE CLASH! Verzichten kann ich auf SLAPSHOT und ihre letzten zehn Europa-Abschiedstourneen. Und nie erleben möchte ich THE CLASH ohne Joe Strummer.“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #60 Juni/Juli 2005 und Simon Brunner
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #29 IV 1997 und Olli Willms
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #41 Dezember 2000/Januar/Februar 2001 und Simon Brunner