Als die aus Graveland (einem unterirdischen Vorort von Essen an der Ruhr) stammenden THE SPOOK einst ihre Begeisterung für die verschiedenen musikalischen Inkarnationen des Glenn Danzig in eigene Musik zu formen begannen, war in Deutschland noch nichts zu spüren vom Hoch, das heute die Horrorpunk/Rock-Szene vorantreibt. Mehrere Jahre und einen neuen Sänger später treten THE SPOOK nun an, sich an die Spitze nicht nur der hiesigen, sondern auch der internationalen Horror-Rock-Szene zu spielen, und "Let There Be Dark", ihr neues Album, hat definitiv das Zeug dazu, diesen Anspruch Realität werden zu lassen. Gitarrist Ross Feratu, im Nebenberuf bekanntlich auch noch Ox-Schreiber, beantwortete zur Abwechslung mal Interviewfragen, statt selbst welche zu stellen.
Ross, das letzte Interview mit euch war in Ox #48 ... Was ist in den letzten fünf Jahren geschehen? Ich erinnere mich zum Beispiel an gewisse Besetzungswechsel.
Ja, das stimmt. Es ist einiges passiert bei THE SPOOK. 2003 war sozusagen ein Jahr der Entscheidungen. Es ging mit unserem damaligen Sänger Lou Gosi so nicht mehr weiter. Wir waren von der People Like You-Tour zurück und fühlten uns dort auch nicht wirklich gut aufgehoben und glücklich. Als erste Konsequenz setzten wir Gosi vor die Tür, aus den altbekannten Gründen - das Thema möchte ich auch nicht noch einmal aufwärmen. Wir waren dann bis Anfang 2004 auf Sängersuche und fanden Dean Roca, der meines Erachtens einfach mehr Charakter, Klasse und Schmiss hat. Er passt bestens zu uns und hat THE SPOOK mehr als nur bereichert - er prägt THE SPOOK durch seine agile Bühnenpräsenz ebenso wie durch seinen einzigartigen Gesang, der in meinen Ohren eine verrückte Mischung aus Jim Morrison, Danzig, Dave Vanian und streckenweise auch David Bowie ist. Ende 2004 tourten wir mit BLITZKID durch Europa und anschließend nahmen wir Anfang 2005 unsere Vorproduktion auf. Doch dann verließ uns unser Drummer, weil er seine Ausbildung durchziehen wollte. Wieder ein kleiner Rückschlag. Nach ein paar Show mit unserem neuen Drummer Vic hieß es dann: Studio und im Frühling 2006 nahmen wir in den Wuppertaler 4CN Studios 15 Songs auf, unter Betreuung von Mille. Parallel waren wir auf Labelsuche, haben also alles erst einmal in Eigenregie und -finanzierung gemacht: volles Risiko. Nun aber es ist ja alles noch mal gut gegangen. Die Scheibe ist bei Fiendforce raus und mit die Zusammenarbeit sind wir mehr als zufrieden: Thorsten und Paddy sind großartig und stehen voll und ganz hinter der Sache. Sie sind mit ebenso viel Herzblut dabei wie wir und das haben wir in den Jahren davor echt vermisst und gesucht.
Einst wart ihr auf People Like You, jetzt seid ihr bei Fiendforce. Eine konsequente Entscheidung, angesichts des thematischen und musikalischen Profils eurer neuen Heimat?
Zu Fiendforce passen wir besser als zu PLY, und da wir Thorsten und Paddy schon seit Jahren kennen und einschätzen können, war es keine große Entscheidung. Rein finanziell gab es ein paar Schranken, da wir eine nicht allzu günstige Produktion vorgelegt haben, doch auch das ließ sich problemlos klären. Wir sind sehr zufrieden und freuen uns auf die Zukunft.
Wie kommt es deiner Meinung nach, dass in den letzten Jahren immer mehr Bands aus dem Boden sprießen beziehungsweise aus den Gräbern kriechen, die im weitesten Sinne das Erbe von MISFITS und DANZIG verwalten?
Nun, Gründe dafür gibt es sicher einige, da hat jede Band bestimmt ihren eigenen Antrieb. Zum einen kann es sein, dass sich die jungen Bands von den älteren Bands angefixt fühlen und THE SPOOK sind da eventuell auch nicht ganz unbeteiligt. Ebenso kann die nicht tot zu kriegende Präsenz der "Jerry-Only-Band" ein Grund sein, die meiner Meinung echt mal langsam abdanken sollte, bevor noch mehr komische Shows im Namen der MISFITS passieren, aber das ist ja Geschmacksache. Vielleicht ist es auch einfach an der Zeit gewesen, dass Trash und Horror und das Düstere mehr Platz in der Punkrock-Musik finden, so genau kann man das gar nicht sagen. Öfters fingen Bands ja auch erst als MISFITS-Coverbands an und entwickelten dann ihre eigenen MISFITS-geschwängerten Songs.
Wo liegen denn musikalische Vorlieben eurer Band, auf die man nicht so ohne weiteres kommt?
Also bei uns sind die musikalischen Vorlieben schon recht weit gefächert und viel Horrorpunk hören wir, ehrlich gesagt, nicht, haha. Aber um mal für alle zu sprechen: wir hören Metal, Punkrock, Rock, und auch jazzigere Dinge. Ich steh zum Beispiel auf so Sachen, die Relapse, Ipecac, Yep Roc oder auch Tzadik Records rausbringen, aber ebenso auch Cash, Elvis oder Tom Petty. Vereinzelt auch Hardcore und Oldschool-Kram. Ich denke, wir lassen uns nicht direkt von Genre-Bands beeinflussen, sondern eher von guten Songideen und Arrangements. Wenn ein Song auf mich gut wirkt und einfach stimmig ist, dann kann mich so etwas viel mehr beeinflussen, als eine weitere Horrorpunk-Band, die mal wieder über Monster singt und die üblichen Singalongs präsentiert. Das wird mir schnell zu langweilig.
Beim neuen Album hattet ihr paar illustre Gäste im Studio, etwa Mille von KREATOR. Erzähl mal.
Mille ist langjähriger Fan von uns. Er hat die beiden ersten Releases im Regal und verfolgt uns interessiert schon seit einigen Jahren. Die Zusammenarbeit war nicht geplant oder abgesprochen, vielmehr ergab es sich mit der Zeit. Wir waren gerade in der Vorproduktion, als ich ihn traf und wir quatschten über dies und das, weil er sich für uns interessiert. Wir blieben in Kontakt, und als wir ins Studio wollten und ein Label suchten, kamen seine ersten, helfenden Kontakte und Vorschläge. Musikalisch sind THE SPOOK und KREATOR natürlich weit von einander entfernt, doch das war kein Hindernis. Auch als es zu der Idee kam, Andy Sneap für den finalen Mix und das Mastering zu engagieren, haben wir nicht lange gezögert. Unsere Aufnahmen werden dadurch ja nicht nach CALIBAN, MEGADETH oder CRADLE OF FILTH klingen. Lediglich werden wir eine fette, homogene und kompakte Produktion bekommen, die uns echt umgehauen hat, als wir das Resultat zum ersten Mal gehört haben ... CRADLE OF FILTH-Sänger Dani und Bassist Dave Pybus sind seit der "Fright Night"-EP große THE SPOOK-Fans und haben sich damals sogar bei uns Shirts bestellt. So kam es, dass ich Dave fragen konnte, ob er sich vorstellen könne, bei uns einen Song zu spielen und er war hellauf begeistert. Ich schickte ihm einen Rough-Mix von "Summernite stalker" und er nahm im heimischen Ipswich die Bassspuren auf. Weitere Gäste sind die beiden Jungs von BLITZKID, die wir ja auch schon seit ein paar Jahren kennen und mit denen wir auch drei Wochen einen Tourbus geteilt haben. Als sie letztes Jahr auf Europatour waren, haben sie an ihrem letzten Tag noch einige geniale Backing Vocals im 4CN Studio aufgenommen. Als Sahnehäubchen bei dem Song "Wax" haben wir Yvy Pop von den POPZILLAS gefragt, die mit ihrer lasziven Stimme den Chorus verfeinerte. Mit Yvy bin ich auch schon seit Jahren in Kontakt und wir planen ja auch schon seit geraumer Zeit ein gemeinsames, musikalisches Projekt, welches aus Zeitgründen leider noch auf Eis liegt. Ich denke, es war mehr als gut, dass wir verschiedene Leute aus verschiedenen Lagern und Szenen zu einem Projekt zusammenführen konnten. Das war für THE SPOOK auf jeden Fall die richtige Entscheidung.
Der optische Aspekt ist bei THE SPOOK ja ein wesentlicher Bestandteil. Inwiefern hat sich euer Outfit über die Jahre verändert?
Unser Outfit hat sich nur minimal verändert in all den Jahren. Wir reduzieren mal hier oder da mal etwas das Kunstblut oder schminken uns nicht mehr so dick, doch an sich hat jeder Charakter bei uns ein festes Outfit, ganz klar. Das macht THE SPOOK nun mal aus.
Ist einer von euch speziell für die ganze Konzeption und Optik verantwortlich oder macht ihr das gemeinsam? Und woher stammen die Inspirationen?
Für den ganzen Kram bin mehr oder weniger ich verantwortlich. Sicher sprechen wir uns ab und jeder hat seinen Senf abzugeben, doch finale Dinge liegen dann bei mir. Ich mache ebenfalls den Organisationskram und das Handling mit allen Leuten. Da bin ich quasi hineingewachsen, weil ich nun mal Grafiker bin, den ganzen Tag am Mac sitze und konstant online reagieren kann. Bei uns sind auch gar nicht alle online zu erreichen. Inspirieren lasse ich mich da einfach auch wieder von guten Designs und Artworks. Ich schnappe aus allen Ecken was auf und versuche, für THE SPOOK ein eigenes, stimmiges Corporate Design zu kreieren, was wohl auch ganz gut geglückt ist. Die CD ist stimmig geworden und die Website spiegelt den gleichen Stil wider. Wir arbeiten auch mal mit diversen Leuten zusammen, die uns bei der Umsetzung unterstützen. So habe ich jetzt mit Nils von nillez.com an der Website gearbeitet und unser plakatives Coverartwork hat Tobias von bloodboy-digitalarts.com gemacht.
Was können wir von THE SPOOK in der nächsten Zukunft erwarten?
Wir werden ab Mitte Oktober bis Anfang November die Hell Nights Tour 2007 mit THE CRIMSON GHOSTS, NIM VIND und THE DEEP EYNDE fahren. Danach geht's noch einmal nach Moskau und Ende des Jahres werden wir wohl zwischen den Feiertagen noch ein paar Shows spielen, eventuell die Festival-Tour mit KREATOR, CALIBAN und HEAVEN SHALL BURN. Ja, genau, das passt doch gar nicht, aber wir denken, das passt irgendwie doch. Metal-Fans sind da ja weitaus loyaler und offener für was Neues und da haben wir ein gutes Gefühl, aber diese Dates sind noch nicht ganz fix. Ab 2008 wollen wir dann weiterhin viel live spielen und ab Mitte des Jahres denken wir schon wieder an ein weiteres Album. Wie gesagt, live spielen, so viel es geht und die Leute glücklich machen, das ist unsere Präferenz.
Besten Dank für das Interview.
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