Anfangs galten SPIDERGAWD noch als MOTORPSYCHO-Spinoff, weil Bassist Bent Sæther und Schlagzeuger Kenneth Kapstad gleichzeitig in beiden Bands spielten. Inzwischen ist Bent bei SPIDERGAWD raus und Kenneth hat MOTORPSYCHO verlassen. Damit hat sich auch der Sound der Band gewandelt. Vom psychedelischen Stoner-Rock zum klassischen Seventies-Hardrock. „New Wave of Skandinavian Heavy Metal“ sozusagen. Zuverlässig wie ein Uhrwerk veröffentlicht die Band um Sänger Per Borten, dem Enkel des gleichnamigen norwegischen Ministerpräsidenten aus den Sechzigern, spätestens alle zwei Jahre ein Album. Streng dogmatisch durchnummeriert, mit ähnlichem Artwork ausgestattet. Trotzdem hat sich mit Album Nummer sechs einiges bei SPIDERGAWD verändert, wie Per uns erzählt.
Für das neue Album habt ihr Brynjar Takle Ohr an Bord geholt. Damit haben SPIDERGAWD zum ersten Mal einen zweiten Gitarristen.
Für mich war die Gitarrenarbeit auf der Bühne immer sehr anstrengend. Deshalb wollte ich schon seit unserem vierten Album einen zweiten Gitarristen. Aber die anderen in der Band haben immer gesagt, das schaffst du schon, haha. Sie fanden es immer imponierend, dass ich all diese unterschiedlichen Rollen ausfüllen konnte. Dann hatten wir aber ein paar Festival-Gigs, zu denen wir uns Gäste eingeladen haben und plötzlich hat sich die Band richtig angehört. Das konnte jeder hören. Also haben wir uns auf die Suche nach einem zweiten Gitarristen gemacht, was gar nicht so einfach war. Brynjar kenne ich schon seit meinen Teenagerjahren. Er stammt aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Trondheim und war meine erste Wahl. Ich dachte aber, er würde inzwischen in Oslo leben, deshalb habe ich ihn nicht angerufen. Dann hat mir irgendjemand erzählt, dass er in Trondheim lebt, und so war alles sehr einfach. Er ist mein perfektes Gegenstück und kann Rhythmus- und Leadgitarre spielen. Er singt und ist der Songwriter in seiner eigenen Band EL CUERO, die klingt, wie Neil Young in seiner härteren Phase.
Brynjar kam neu in die Band und war sofort maßgeblich am Songwriting beteiligt. Ging das nicht ein bisschen schnell?
Das hat sich einfach so ergeben. Mit unserem Bassisten Hallvard war es genauso, als er Bent ersetzt hat. Als neues Bandmitglied will man ja immer gleich voll akzeptiert und überall einbezogen werden. Und die kreative Energie eines Neuzugangs ist immer wie ein frischer Wind im Studio. Es wäre wirklich dumm gewesen, darauf zu verzichten. Außerdem war Hallvard diesmal nicht am Songwriting beteiligt, was ein bisschen komisch war. Er hat im Sommer eine lange Reise mit seiner Freundin unternommen, um ihr einen Heiratsantrag zu machen. Und sie hat ja gesagt, deshalb heiraten die beiden im kommenden Sommer. Ich bin nach wie vor der Haupt-Songwriter und Kenneth ist immer derjenige, der den Überblick behält. Ich verliere mich oft in Ideen, weil ich tagsüber in meinem Studio arbeite und die Songs von anderen Bands produziere. Deshalb ist es gut, dass Kenneth die Fäden in der Hand behält und die Richtung vorgibt.
Ihr habt also einen Neuen an Bord. Gleichzeitig hättet ihr fast ein anderes Bandmitglied verloren. Saxophonist Rolf Martin Snustad wollte die Band verlassen, hat sich aber doch noch umentschieden. Wie kam das?
Um ehrlich zu sein, hat er das schon öfter gemacht, wenn wir von einer längeren Tour zurückgekehrt sind. Dann ist er immer völlig erschöpft und seine Familie vermisst ihn auch immer sehr. Dann denkt er, er muss aussteigen, weil er seine Familie und seinen Job nicht aufgeben kann. Aber seine Frau hat ihn überzeugt weiterzumachen. Sie ist wirklich erstaunlich und weiß, wie wichtig die Band für sein Seelenleben ist. Beruflich ist Rolf Musikdozent und pendelt jeden Tag stundenlang zu seinem Arbeitsplatz, außerdem haben die beiden vier Kinder, die kurz hintereinander geboren wurden. Da ist natürlich immer viel Trubel, ich kann ihn gut verstehen. Aber für uns ist Rolf unersetzlich. Ich kenne keinen Menschen, der so viel Energie hat wie er. Seine Art zu spielen würde jeder andere Saxophonist nur ein paar Minuten durchhalten. Er macht das zwei Stunden lang ohne Pause. Deshalb sieht er immer aus wie Rambo auf der Bühne, haha.
Das Saxophon macht auch den Unterschied zu anderen Hardrock-Bands aus. Ohne Rolf würdet ihr vielleicht klingen wie hunderte andere Bands.
Sein Saxophon ist praktisch immer zu hören und setzt nicht nur Akzente. Er ist zuständig für die Bariton-Distortion bei uns. Das unterscheidet unseren Sound von einer gewöhnlichen Heavy-Metal-Band. Natürlich würden wir mit SPIDERGAWD auch weitermachen, wenn er aussteigen würde, aber das will wirklich niemand. Außerdem ist er natürlich ein sehr enger Freund von mir, den ich nicht verlieren will.
2014 ist euer erstes Album erschienen. Seitdem habt ihr eine ziemliche Entwicklung hingelegt, von den psychedelischen Klängen am Anfang bis zum heutigen Seventies-Hardrock. Steckt ein Plan dahinter?
Unser erstes Album ist mehr oder weniger ein Mitschnitt unserer zweiten oder dritten Bandprobe. Diese Songs waren eigentlich für eine meiner anderen Bands namens CAPRICORN gedacht. Dann sind aber Bent und Kenneth bei SPIDERGAWD eingestiegen und die Songs klangen plötzlich sehr nach MOTORPSYCHO. Bent war damals mit seinem Bass sehr dominant. Deshalb klangen die Anfänge von SPIDERGAWD sehr nach Hippie-Psychedelic-Jeans-Rock’n’Roll. Als Bent dann die Band verlassen hat, konnten Kenneth und ich unsere eigentliche Leidenschaft für die New Wave of British Heavy Metal ausleben. Vor allem Kenneth nimmt das sehr ernst. Ein Album von IRON MAIDEN kann er einen ganzen Tag lang anhören, das ist wirklich verrückt. Dann ist Hallvard eingestiegen und hat von Anfang an gespielt wie ein zweiter Gitarrist, nur eben am Bass. Außerdem ist seine absolute Lieblingsband JUDAS PRIEST. Abgesehen davon ist es fast schon außergewöhnlich, solche Musik zu spielen, wenn man sich so umschaut, was die anderen Bands so treiben. Es gibt bestimmt eine Million Stoner- oder Psychedelic-Bands mit zwei Leadgitarren. Oldschool-Heavy-Metal zu spielen ist schon fast exotisch.
Arbeitet ihr schon an Album Nummer sieben? Bei SPIDERGAWD geht es ja immer Schlag auf Schlag.
Album Nummer sechs ist auch dank Corona schon seit 14 Monaten fertig. An neuen Songs werden wir aber wohl erst im neuen Jahr arbeiten. Aktuell konzentrieren wir uns alle auf unsere Jobs. Ich habe in meinem Studio jede Menge zu tun. Hallvard, Rolf und Kenneth sind mit ihren Musik-Lehraufträgen sehr beschäftigt. Wir hätten genug Zeit gehabt, um das Album noch einmal zu überarbeiten, das wollten wir aber nicht. Wenn ein Album aufgenommen ist, wird es nicht mehr verändert. Das ist unsere Philosophie. Dann fangen wir lieber an, neue Songs zu schreiben.
Was passiert gerade bei all den anderen Bands, in denen Mitglieder von SPIDERGAWD involviert sind? Ich kann gar nicht alle aufzählen. Bands wie MOVING OOS, WOODLAND, MONOLITHIC oder ORANGO?
Ich denke, momentan konzentrieren sich alle von uns auf SPIDERGAWD. Spätestens seit dem vierten Album und dem Einstieg von Hallvard haben alle ihren Fokus sehr auf unsere Band ausgerichtet. All diese Nebenprojekte sind keine echte Konkurrenz für uns.
Mit SPIDERGAWD habt ihr 2022 jede Menge Shows geplant. Glaubst du, die werden alle so stattfinden?
Ich habe keine Ahnung, aber ich bin zuversichtlich. In Deutschland zum Beispiel sind wir erst im März, da sieht es vielleicht schon wieder besser aus. Ich glaube auch nicht daran, dass die Situation jemals wieder so wird wie vor Corona. Wir müssen lernen, damit zu leben. Die Impfstoffe scheinen nicht die ultimative Lösung für das Problem zu sein. Ich denke, man kann nicht ewig boostern und weitere Lockdowns können sich die Länder irgendwann nicht mehr leisten. Keine Ahnung, was passiert. Das weiß keiner. Der Plan ist natürlich, alle Termine zu spielen. Die Shows in Deutschland zu spielen, wird wahrscheinlich viel einfacher sein, als die Konzerte in anderen Ländern. Ein Konzert in Österreich, eines in der Schweiz und eines in Italien zu spielen, ist wahrscheinlich mit viel mehr Komplikationen verbunden, als gleich mehrere Auftritte in Deutschland zu absolvieren. Diese Einzelshows werden wohl als Erstes gecancelt. Wir werden sehen.
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