Was würdet ihr von einer Band erwarten, die einen Namen wie SPEEDWAY 69 trägt? Eben! Aber wie ich schon in der letzten Ausgabe in meinem Review erwähnt habe, steckt bei den vier mehr dahinter als nur stumpfe Klischees, meiner Meinung nach sogar viel mehr. Wer hätte aber auch gedacht, dass gerade vier Dortmunder dermaßen perfekt die Gratwanderung zwischen Rotz-Rock und Power-Pop hinkriegen? Sänger und Gitarrist Cadillac Michigan war freundlicherweise bereit, mir ein paar Fragen via eMail zu beantworten.
Für eine Band, die es erst seit sechs Jahren gibt, habt ihr schon einiges erlebt. Wie würdet ihr die Hoch- und Tiefpunkte mit eigenen Worten zusammenfassen?
Für uns ist diese Band ein heiliger Schutzraum für unseren Widerstand und daher seit jeher ein ständiger Höhepunkt in unserem Leben gewesen. Vielleicht ist das auch der Motor, der uns immer weiter vorantreibt. Und wegen dieser Sache - der eigenen Musik, entstanden in einem öden Bunker in Dortmund - dann auch noch plötzlich Shows in Seattle oder San Francisco zu spielen, das war natürlich der Wahnsinn.
Euer Album "Spam Dance" schafft es problemlos, die meisten Klischees zu umschiffen. Warum dann einen Bandnamen, der von eben solchen nur so trieft?
Haha. Ja, wir waren jung, hörten viel Rock aus Skandinavien und machten 2000 unsere erste 10". Zu dem Zeitpunkt wollten wir noch in eine Schublade gesteckt werden und der Name war tatsächlich Programm. Zum Glück habe ich mir damals keinen Eight-Ball auf die Stirn tätowieren lassen ...
Im Info steht unter anderem etwas von ZEKE und KYUSS, beides Vergleiche, die ich nur bedingt nachvollziehen kann. Zählt mal ein paar weitere Lieblingsbands beziehungsweise Einflüsse auf.
Einflüsse? Da kommen wir wohl nicht um NIRVANA herum. SONIC YOUTH sind eine Band, die uns bis heute inspiriert und beeindruckt. ZEKE, logo! Wie kann man mehr rocken! Und die BUTTHOLE SURFERS! Überhaupt mögen wir jede Band, die Musik als künstlerische Plattform nutzt und ihre Grenzen mit radikalen Darbietungen und Ideen nicht nur erreicht, sondern erweitert. Um dem ganzen England-Hype momentan zu entkommen, höre ich mittlerweile sogar gerne Tom Petty. Gute Musik muss nicht immer gut aussehen.
Welche Themen motivieren euch inhaltlich?
Ich bin in den Straßen des Ruhrgebiets aufgewachsen, als Sohn einer Arbeiterfamilie. Da bekommt man so einiges an Inspiration mit. Das revolutionäre Thema haben wir 2003 mit "Now Denial" abgehakt, jetzt hat der Revoluzzer seine Mao-Jacke wieder in den Schrank gehängt und treibt sich lieber im alltäglichen Wahnsinn herum. "Spam Dance" sagt es: "Spam" steht für etwas Unwichtiges, der "Dance" ist nur noch Ausdruck seiner Hippness. Musik wird nebensächlich, was momentan zählt, ist, dass man gut aussieht. Und eine ganze Generation steht plötzlich mit kristallverklebten Stupsnasen narzisstisch herum und tanzt Rock'n'Roll. Darüber kann man nur den Kopf schütteln und einen Text draus formen.
Wie kam die Zusammenarbeit mit Kurt Ebelhäuser zustande? Und in welcher Hinsicht seid ihr ihm zu Dank verpflichtet?
Unser Label hatte uns angerufen und gefragt, ob wir ihn kennen. Uns fiel ein Stein vom Herzen: innerlich hatten wir uns Ebelhäuser schon seit Monaten als nächsten Produzenten gewünscht, haben uns aber nie getraut zu fragen. Kurt war es schließlich, der aus einem bloßen Stein eine Skulptur schlug. Noch nie habe ich in einem Studio so viel über Sounds, Gitarren und Verstärker nachgedacht. Ich fühlte mich, als wäre ich ein Rock-Dinosaurier aus der guten alten Zeit, wo man mit guter Rockmusik noch massig Geld verdienen konnte. Er hat es geschafft, dass die Leute uns fragen, warum unser Bandname eigentlich SPEEDWAY 69 lautet. Er hat die alten Geister vertrieben.
Wo liegt eurer Meinung nach der Unterschied zwischen dem Sound, den man auf "Spam Dance" hört, und dem Sound, den ihr live fahrt?
Ich würde sagen, es gibt keinen Unterschied. "Spam Dance" wurde ohne Klick und mit lauten, kreischenden Gitarren eingespielt. Wir mögen keine verfälschten Studioaufnahmen. Nur konnten wir nicht so sehr durch den Raum springen wie auf der Bühne, und die Leute drum herum waren nicht so verschwitzt.
Der Ruhrpott ist ja für vieles bekannt, aber Rockbands, die das Potenzial haben, weltweit Fuß zu fassen, sind da eher Mangelware. Woran könnte das liegen? Gibt es Bands aus eurem Umfeld, die bis jetzt sträflich übersehen worden sind?
Der Pott kocht über vor Bands, nur an Kreativität scheint es hier zu fehlen. Die lokale Messlatte hängt sehr niedrig, wenn ich das sagen darf. Was gänzlich fehlt, ist einfach eine echte Szene. Statt ein Miteinander gibt es viel Neid. Da stagniert jegliche Entwicklung, es sei denn, du machst einfach konsequent dein ganz eigenes Ding, so schwierig der Weg auch ist.
Habt ihr euch als Band irgendwelche Ziel gesetzt? Wo seht ihr euch in weiteren sechs Jahren?
Seit knapp zehn Jahren leben wir für unsere Musik, tagtäglich 24 Stunden lang. Ich hoffe, dass diese Flamme noch lange brennen mag und uns noch viel Kraft geben wird, Neues zu schaffen. Und wenn ich irgendwann sagen könnte, dass ich von SPEEDWAY 69 leben kann, ohne mich musikalisch verbiegen zu müssen, dann wäre mein ganz eigener Traum tatsächlich in Erfüllung gegangen. Ich hätte dann wohl tatsächlich ein paar Menschen da draußen erreicht.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #66 Juni/Juli 2006 und Lars Koch
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #43 Juni/Juli/August 2001 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #51 Juni/Juli/August 2003 und Carsten Hanke
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #65 April/Mai 2006 und Lars Koch