SORORITY NOISE

Foto

Vom Nicht-allein-Sein

Mit dem Albumtitel „You’re Not As ___ As You Think“ wirft die amerikanische Emo-Rock-Band SORORITY NOISE sehr viele Fragen auf und lässt viel Spielraum für Interpretationen. Taucht man in die Texte von Sänger und Gitarrist Cameron Boucher ein, findet man sich schnell in einer stellenweise tiefschwarzen, todtraurigen, aber verrückterweise auch irgendwie optimistischen Szenerie wieder. Jesse Lacey von BRAND NEW und Elliott Smith standen ihnen als musikalische Inspirationen zur Seite und halfen dabei, SORORITY NOISE zu einer weiteren großen Emo-Hoffnung zu machen. Ohne Musik wäre Boucher wahrscheinlich überhaupt nicht mehr klargekommen.

Cameron, die Texte auf „You’re Not As ___ As You Think“ klingen stellenweise tieftraurig. Es geht um den Tod von Freunden und Bekannten. Kannst du die Gefühle beschreiben, als du den Mix der zehn Songs zum ersten Mal gehört hast?

Es war schön, die Songs als Gesamtes zu hören. Wenn ich die Texte schreibe, ist es so, dass ich meine Gedanken direkt zu Papier bringe und danach auch nicht mehr viel daran ändere. Meine Emotionen und Gedanken, die ich in den Momenten hatte, stecken zu 100% in diesen Songs. Um ehrlich zu sein, war ich bei ein paar Songs froh, dass wir sie abgeschlossen haben. Die Geschichten dazu will ich eigentlich hinter mir lassen. Wahrscheinlich spielen wir Songs wie „First letter from St. Sean“ auch nicht live. Das würde mir einfach zu schwerfallen.

Du singst im Song „No halo“ davon, dass du einen Freund besuchen willst, der aber einige Zeit zuvor gestorben ist. Kannst du dir vorstellen, wie du mit solchen Situationen fertig werden würdest, könntest du sie nicht in SORORITY NOISE-Songs verarbeiten?

Die Band und vor allem das Songwriting waren eine sehr wichtige Therapie für mich. Ich musste ein paar Dinge verarbeiten und mit mir selbst ausmachen. Ich habe sie mir von der Seele geschrieben. Damit ist die Sache für mich abgeschlossen. Ich bin froh, dass ich die Möglichkeit habe, verschiedene Abschnitte meines Lebens in Form von Musik zu verarbeiten. Gar nicht vorzustellen, was mit mir passiert wäre, hätte ich nicht die Chance. Wahrscheinlich wäre ich stark depressiv.

Der Albumtitel lässt mit seiner Lücke viel Spielraum für Interpretationen. Welches Adjektiv sollte eigentlich auf dem Strich stehen?

Es ging uns von vornherein darum, die Sache sehr offen zu halten. Der Albumtitel soll für eine Art Balance stehen, die von Höhen und Tiefen bestimmt wird und sich stets ausgleicht. Nehmen wir die Wörter „cool“ oder „verrückt“ als Beispiele: Wenn ich sage, dass ich nicht so cool bin, wie ich glaube, so gleiche ich das Hoch, das ich empfinde, wieder aus. Anders sieht es bei „verrückt“ oder „schräg“ aus. Etwas vermeidlich Negatives wird ins Positive umgekehrt.

Damit hast du aber noch nicht die Frage beantwortet, was es mit dem Strich auf sich hat.

Oh, da muss ich etwas überlegen. Ich denke, dass der Titel bei mir „You’re Not As Alone As You Think“ heißen würde. Vor allem in Anbetracht der Geschichten, von denen viele Songs auf der Platte handeln, ist mir klargeworden, wie wichtig aufrichtige Menschen um mich herum geworden sind. Ist man allein, besteht schnell die Gefahr der Stagnation. Mit den richtigen Freunden steht man nicht so schnell still und muss öfter nach vorn schauen.

Die zehn Songs auf der Platte klingen alle recht verschieden und pendeln zwischen Emo-Rock und Singer/Songwriter-Stücken. Wieso wirkt die Platte so viel aufgeräumter als „Joy Departed“, eines eurer letzten Alben?

Diese Entwicklung ist ganz natürlich vonstatten gegangen. Natürlich hatte Mike Sapone auch einen gewissen Einfluss auf die Ausarbeitung der Songs. Grundsätzlich stand das Gerüst jedoch schon, als wir ins Studio gingen. Ich denke, dass sich heutzutage niemand äußerer Einflüsse verwehren kann. Irgendetwas bleibt immer hängen, setzt sich fest und führt dazu, dass man sich selbst entwickelt. Wer weiß, vielleicht wird die nächste Platte wieder etwas krachiger und lauter.

Musikalisch liegt ein Vergleich zwischen euch und BRAND NEW relativ nah. Wie genervt reagierst du, wenn dich die Leute darauf ansprechen?

Der Vergleich zu BRAND NEW ist für mich immer noch kein Anlass, wirklich genervt zu sein. Im Gegenteil: ich bin ein großer Fan dieser Band und verstehe es eher als Kompliment. Dass unser Sound auf „You’re Not As ___ As You Think“ an manchen Stellen ähnlich klingt, war auf keinen Fall beabsichtigt. Auch dass wir mit Mike Sapone, dem ehemaligen Produzenten von BRAND NEW und TAKING BACK SUNDAY, zusammengearbeitet haben, geschah nicht aus Heldenverehrung.

Kannst du mit ein paar abschließenden Worten beschreiben, wofür deine Band SORORITY NOISE steht?

Jeder von uns hat seine eigene Sicht auf verschiedene Dinge. Jeder bringt sich auf seine Art ein. Ich denke, ich fände es gut, wenn die Leute etwas wie Standhaftigkeit mit uns verbinden würden. Im Sinne von: Egal, was das Leben dir auch vor die Füße wirft, du musst immer weitermachen und nach vorne schauen. Es wäre schön, wenn man uns mit der Motivation verbinden könnte, auch schwierige Situationen zu überwinden. Schließlich gibt es immer jemanden, der dich auf diesem Weg begleiten kann.