SLACKERS

Seit der Veröffentlichung ihres Albums "Redlight" auf Hellcat Records beobachte ich diese amerikanische Skaband. Nachdem die darauffolgenden Alben, allen voran "The Question" an musikalischem Niveau ständig gestiegen sind und seit Ox #33 keinerlei Berichterstattung über THE SLACKERS stattgefunden hat, nahm ich gerne das Konzert am 4. April in Oberhausen zum Anlass, Saxophonist David Hillyard vor Beginn der Veranstaltung zu kontaktieren, um einige Informationen über die letzten Platten und Pläne herauszukitzeln. Pünktlich angekommen, umging ich die Epitaph-Betreuung und machte mich selbst mit David bekannt, der gerade beim Merchandisestand rumhing.

Bitte erzähl doch etwas über eure Höhen und Tiefen während der letzten elf Jahre, seit Bestehen der SLACKERS.


David: Nun, eigentlich besteht jeder Tag aus Höhen und Tiefen, wie du ja selbst wissen wirst. In all den Jahren haben wir einfach nur versucht die Musik zu spielen, die uns allen gefällt. Zudem touren wir sehr viel. Ich glaube wir sind mittlerweile sechs oder sieben Mal durch die Staaten getourt, sowie vier oder fünf Mal durch Europa. Jetzt erst haben wir wieder in den USA einige erfolgreiche Shows vor zahlreichem begeisterten Publikum gespielt. Und so kommt eben das eine zum anderen. Jetzt gerade haben wir eine schöne Woche in den Niederlanden verbracht. Das Negative an all dem ist, dass man kaum zur Ruhe kommt und doch immer irgend etwas anliegt. Aufgrund einer tragischen familiären Angelegenheit kann uns Victor, unser Sänger, in dieser Woche auf der Tournee nicht begleiten, da seine Mutter sehr krank ist. Seine Mutter hat Multiple Sklerose. Er ist gestern zurück nach New York City geflogen! Deshalb muss ich nun für die Zeit seiner Abwesenheit den Part der Backing-Vocals, des Keyboard- und Saxophonspielens übernehmen.

Ihr seid nun ein weiteres Mal in Deutschland auf Tour. Schildere doch mal deine Eindrücke beim ersten Besuch und was du heute nach all den Erfahrungen über Deutschland denkst.


David: Heute, also jetzt gerade kann ich dir nicht viel darüber berichten, da wir vor wenigen Stunden erst hier eingetroffen sind. Deutschland ist cool. Wir hatten hier immer einige gute Gigs wie in Jena, Bremen oder Berlin, wobei es Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland oder dem westlichen und östlichen Teil Berlins gibt. Das variiert regional sehr. Aber insgesamt betrachtet ist das deutsche Publikum sehr offen für unsere Musik und ich denke, dass das Interesse an Instrumentalmusik in Deutschland größer als in den Staaten ist. Deutschland ist cool! Wir hatten hier bisher immer recht viel Spaß! Das Bier natürlich nicht zu vergessen.

Beobachtet ihr eigentlich die deutsche Musikszene im allgemeinen aber auch natürlich im speziellen Sinne, bezogen auf Skamusik?

David: Nein, überhaupt nicht! Dazu kann ich dir überhaupt nichts mitteilen, im Gegenteil, darüber müsstest du mich aufklären! Sorry, keine Ahnung!

Nun, dann lass uns doch mal über eure "Musikerziehung" sprechen. Seid ihr Autodidakten oder aber habt ihr eine professionelle Ausbildung genossen?

David: Als ich vierzehn Jahre alt war, begann ich in der Junior Highschool mit dem Saxophon, aber ich habe keinerlei Musikschule besucht oder ein Musikstudium abgeschlossen. Ich habe mir das Saxophonspiel zum Teil selbst beigebracht. Hin und wieder bekam ich einige Monate lang Unterricht von Privatlehrern, aber das meiste davon habe ich mir selbst beigebracht. Ausser unserem Posaunisten war von uns allerdings niemand auf einer Musikschule. Zu Beginn der Neunziger spielte ich bei HEPCAT, mit denen ich das erste Album einspielte. Später wirkte ich bei den STUBBORN ALLSTARS mit. Derzeit arbeite ich noch an neuen Songs für mein Nebenprojekt THE ROCKSTEADY SEVEN. Eine Platte erschien davon bereits. THE ROCKSTEADY SEVEN ist so etwas wie mein Hobby, THE SLACKERS hingegen ist eine professionelle Sache. Unser Sänger Q-Maxx ist DJ für Jungle und Drum´n´Bass und Vic macht nebenbei akustische Gitarrenmusik.

Interessiert ihr euch eigentlich für die Bands, die für euch den Support übernehmen?

David: Ja sicher, aber das hängt auch von der musikalischen Qualität der Bands ab. Da hast du zum einen wirklich gute, andererseits aber auch ziemlich schreckliche Bands. Kürzlich in Los Angeles spielten wir mit einer Vielzahl von Bands verschiedenster Genres, die ich mir alle angesehen habe. Ich habe mir vorher noch nie alle Vorbands angehört, aber die waren allesamt wirklich sehr gut. Aber dann vermeide ich es allerdings auch einen Support anzusehen, denn manchmal will ich einfach meinen Kopf und mein Gehör von jeglichen anderen Einflüssen frei bekommen. Ich will manchmal einfach frisch und unverbraucht auf die Bühne gehen und so kommt es dann auch mal vor, dass ich mich der anderen Bands nicht sonderlich intensiv widme.

Welche Bands sind dir denn in all den Jahren in Erinnerung geblieben, mit denen ihr bisher gespielt habt?

David: Eine hervorragende Rockband, mit denen wir gespielt haben ist beispielsweise DISMEMBERMENT PLAN

Manche Skamusiker hören nach einer Tournee längere Zeit keinen Ska mehr. Wie ist das mit dir?

David: Ich liebe Skamusik, denn schließlich ist dies die Musik und der Beweggrund, warum ich Ska mache. Ich kann mich immer für guten Ska begeistern.

Lass uns mal über das Live-Album "Live At Ernestos" sprechen. In der Special Thanks-Liste werden unter anderem P.A.I.N. erwähnt...

David: P.A.I.N. haben uns vor Jahren mal auf einer Tour supported. Eine großartige Reggae-Punkband. Sehr nette Leute, mit denen uns mittlerweile eine Freundschaft verbindet.

Die Produktionskosten für ein Livealbum sind wegen des Aufwandes in der Regel alles andere als kostengünstig...

David: Ein alter Bekannter von uns arbeitet für einen niederländischen Rundfunksender, so dass wir die dazu benötigten Aufnahmegeräte sehr günstig von ihm bekamen. Somit hatten wir also einen guten Deal.

Auf eurem aktuellem Album "Wasted Days" gibt es auch eine Coverversion von BON JOVIs "Wanted Dead Or Alive" zu hören. Welche Motive stecken denn hinter, wenn eine Skaband BON JOVI covert?

David: Anfangs war das auch alles wirklich nur als Spaß gedacht, aber als ein Typ eine Compilation plante, auf der Skabands Metalsongs covern, dachten wir zwar anfangs, was für eine bescheuerte Idee, aber egal und wenn dann auch noch ein paar hundert Dollar rausspringen machen wir das. So nahmen wir uns "Wanted Dead Or Alive" und packten das musikalische Schemata in ein Skinhead-Reggae-Arrangement. Wir hatten bei den Aufnahmen unglaublich viel Spaß, so dass wir den Song dann auch auf "Waisted Days" packten. Ein total bescheuertes Lied eigentlich. Hast du dir den Text schon mal genauer angehört?

Ähm...- Nein!

David: Er handelt davon, wie schwer es doch ist, ein Rockstar zu sein. Also ich weiß nicht?! Das kann doch nicht wirklich ernst gemeint sein, oder? Trotzdem finde ich die Musik ganz gut und deshalb spiele ich unsere Interpretation dieses Songs auch ganz gerne.

Euer erstes Album "Better Late Than Never" erschien auf Moon Ska USA, die ja leider im letzten Jahr Konkurs anmelden mussten. Wer besitzt denn jetzt die Lizenzen?


David: Mittlerweile besitzen wir wieder komplett alle Rechte der Platte.

Ein kurzes Statement von dir, warum es deiner Meinung nach im Hause Moon Ska so weit kommen musste?

David: Also was den künstlerischen Bereich angeht, ging die Entwicklung von Moon Ska durchaus positive Wege. Aber mal ganz ehrlich, irgendwann wurden immer mehr zweit- und drittklassige Platten veröffentlicht. Jedes zehnte Album war dann wirklich mal eine gute Platte. Folglich hörten die Leute auf, Alben von Bands auf Moon Ska zu kaufen. Für die meisten Bands war es o.k., mal auf Moon Ska eine Platte veröffentlicht zu haben. Aber eigentlich isses mir egal. Mittlerweile eine alte Sache, die mich nicht mehr sonderlich interessiert.

Ihr seid jetzt mit den TURBO AC´s unterwegs. In Deutschland sind Indoor-Events mit Bands dieser Größenordnung verschiedener musikalischer Genres eigentlich nicht so üblich...

David: Das ist auch nicht anders in den Staaten, aber da sich THE SLACKERS und die THE TURBO AC´s in den Staaten kennengelernt und in New York gemeinsam gespielt haben, haben wir beschlossen einige Shows in Europa gemeinsam zu bestreiten. Das europäische Publikum ist meiner Meinung nach etwas offener für eine musikalische Mixtur an einem Abend, als dies in den USA der Fall ist. Wir waren bei europäischen Festivals mit dabei, auf denen unter anderem THE OFFSPRING oder eine HipHop-Band namens GANGSTAR spielten. Ein Spiel mit den verschiedensten Musikrichtungen. So etwas würde in den Staaten überhaupt nicht funktionieren. Dort ist das alles sehr voneinander abgegrenzt.

Letzte Frage. Was willst du in Zukunft erreichen? Welche Ziele werden angestrebt?

David: Nun, jetzt steht erst einmal das Promoten der aktuellen Platte an, so weit wir dazu in der Lage sind. Weiterhin versuchen wir natürlich viel live präsent zu sein, um ein "Markenzeichen" zu werden, so dass man auch noch im nächsten Jahr oder im nächsten Jahrzehnt unsere Platten hören wird. Ja, das wäre so das Ziel als Gesamtbild dargestellt...

Damit verabschiedte ich mich von David Hillyard, der leider mit seiner Vermutung, das deutsche Publikum sei "Festivals" wie diesem gegenüber offener als das amerikanische, nicht Recht behalten sollte. Schon während der Umbaupause reduzierte sich die Besucherzahl mehr und mehr. Irgend etwas musste allerdings noch an diesem Abend passieren, denn so richtig überzeugt hatten mich weder PETER PAN noch die TURBO AC´s. Der "Publikumsmagnet", wenn man überhaupt diesen Begriff in diesem Zusammenhang erwähnen darf, waren ohne Zweifel die TURBO AC´s und deren dürftige Leistung zu toppen, sollte eigentlich ja kein Problem für die SLACKERS sein, dachte ich. Aber falsch gedacht: War schon anno 1999 in München die Stimmung und die musikalische Darbietung der SLACKERS dürftig, was ich allerdings damals auf die Location schob, bekam ich hier ein jämmerliches Trauerspiel mit, das für die Bezeichnung traditioneller Ska oder Rocksteady schon fast als Beleidigung aufgefasst werden könnte. THE SLACKERS produzieren hervorragende Studioalben , live hingegen sind die Ska-Statisten wirklich gerade mal Mittelmaß. Spätestens seit den SEX PISTOLS weiß man, dass interessante Bands auf der Bühne nicht selten alles andere als interessant sind. Erschreckend musste ich feststellen, dass ich also wieder einmal den Künsten diverser Produzenten auf den Leim gegangen bin.