Die U.S.-Skasters THE SLACKERS waren bis zu ihrem Debütalbum "Redlight" auf Hellcat Records eher ein Geheimtip in Europa. Vor wenigen Monaten veröffentlichten sie ihre hervorragende Platte "The Question", die einige Fragen offen liess und förmlich danach schrien, beantwortet zu werden. David Hillyard, Saxophonist der SLACKERS, stand uns Rede und Antwort im nachstehendem Interview.
THE SLACKERS wurden bereits 1990 gegründet, veröffentlichten allerdings erst 1996 bei Moon Records das erste Album "Better Late Than Never".
Es dauerte viele Jahre bis die Band zusammenfand, ehe die Platte "Better Than Late" aufgenommen wurde. Ein witziger Titel, um zu zeigen, wie lange die Gruppe für die Fertigstellung der Platte gebraucht hat.
Die letzten beiden Alben "Redlight" und "The Question" wurden auf Hellcat Records veröffentlicht. Was bewog euch dazu vom traditionellen Skalabel Moon Records zum relativ neuen Label Hellcat zu wechseln?
Das Label Hellcat wird von unseren Freunden "The Wix" und Tim Armstrong geleitet, zu denen wir ein sehr gutes persönliches Verhältnis haben. Sie besitzen mehr Möglichkeiten als Moon Records, uns zu unterstützen und unsere Platten in einer höheren Auflage zu veröffentlichen. Moon ist im traditionellen Sinne lediglich ein Zwischen- bzw. Grosshändler für die Platten, die ihnen zugeführt werden.
Eure aktuellen Scheibe "The Question" verbreitet insgesamt eine etwas melancholische, nachdenkliche, ansatzweise depressive Stimmung - nicht zuletzt das Cover-Artwork, das nicht gerade auf eine Skaband schliessen lässt, sorgt dafür.
Das Album ist komplett mit Songs bestückt, die von den Problemen mit unseren Freundinnen während der "Redlight"-Tournee handeln. Ausserdem darüber, dass ich mein ganzes Leben lang von amerikanischen Musikern vorgehalten bekam, dass Ska eigentlich gar keine Musik sei. Ich versuche jetzt mich von den Erwartungen dieser Leute zu lösen, von deren Erwartungen, was sie als Skaalbum betrachten. Ich denke, dass wir letztlich nur den Leute gerecht werden sollten, denen wir auch unsere Aufmerksamkeit schenken möchten.
Fandet ihr es nicht etwas seltsam in einem Friedhof eine Photosession durchzuführen? Wie fühltet ihr euch dabei und von wem stammte die Idee, an so einem Ort die Photos für das Cover auf "The Question" zu schiessen?
Richtig - das ist durchaus etwas komisch in einem Friedhof zu photografieren. Die Photos wurden in New Orleans gemacht. Wir spielten dort gerade auf dem alljährlich stattfindendem Jazzfest, als "The Wix", übrigens der Chef von Hellcat, auf die Idee kam, das Photoshooting für das Cover auf diesem Friedhof zu machen, da wir kaum Zeit hatten, um einen Phototermin in New York wahrzunehmen. Ich mag dieses Friedhofsmotiv, da ich selbst einen ganz guten Sinn für schwarzen Humor habe.
Ihr seid bisher in den USA, Kanada, Japan und Europa auf Tour gewesen. Konntet ihr wesentliche Unterschiede bei den Skapeople verschiedener Nationen feststellen?
Die Szene in den USA ist meiner Meinung nach "breitgefächerter" geworden, da sich das Publikum von den Rude Boys, Mods und Skins bis hin zu den "normalen" College- und High School Kids bewegt hat. Amerika besitzt bei weitem die größte und vielfältigste Skaszene. Aber ich denke, dass man zwischen den popbeeinflussten Bands wie LESS THAN JAKE oder REEL BIG FISH und Bands weniger zeitgemässer amerikanischer Musik, wie wir sie spielen, trennen muss. Leute, die eher auf poppigen Ska abfahren und uns hören, geben uns zu verstehen, dass wir keinen Ska spielen! Natürlich entgegnen wir darauf, dass sie nicht wüssten, was Ska ist - "Also hört´s euch an und ihr werdet es lieben!" Die europäische Szene hingegen scheint mir enger verwurzelt zu sein. Dort ist man wirklich an der Musik interessiert und an allem, was mit der Band zu tun hat, und nicht einfach nur an einem momentan stattfindendem Konzert. Ausserdem ist Skamusik für die Konzertbesucher in Europa kein absolut neues Phänomen, da sie besser über die Geschichte dieser Musik informiert sind.
In R´n´R- und Surfzines liest man hin und wieder, dass es in den USA ziemlich selbstverständlich ist, dass Punk-, R´n´R-, Surf- und Skabands gemeinsame Clubgigs bestreiten. Eine Konstellation, die hier in Deutschland - mal abgesehen von Mehr-Tages-Festivals - selten ist. Es scheint eher so, als wenn jede Kultur unter sich bleiben will, ohne Punks oder Psychos....! Habt ihr diesbezüglich selbst Erfahrungen machen können und warum klappt dies in den USA so ohne weiteres?
Die Skaszene in den USA begann wie eine echte Modeerscheinung in New York, Los Angeles und San Francisco, breitete sich aus und begeisterte viele Fans aus anderen Jugendkulturen. Während der "Warped"-Tournee spielten wir zum einen mit Punkbands wie NOFX, Swingbands wie THE ATOMIC FIREBALLS, aber auch mit Funk- oder Worldmusicbands wie OZOMATLI. Diese Tour war eine der wenigen erfolgreichen Festivals, die kürzlich in den Staaten stattfand, während ansonsten Livemusik nicht mehr so gefragt ist. Da die Leute so viel wie nur möglich für ihr Geld bekommen möchten, versuchen die Veranstalter etwas von dieser und etwas von jener Musikrichtung den Besuchern zu präsentieren. In Europa habe ich eine gänzlich andere Erfahrung gemacht. Wenn die Leute zu einem Skakonzert kommen, dann wollen sie auch nur Skamusik hören.
Inwieweit kennt ihr deutsche Skabands und wie betrachtet ihr deren Umsetzung der Skamusik in den Neunzigern im Vergleich zu Skabands in den USA?
Die einzigen deutschen Skabands, die ich kürzlich gehört habe, waren NGOBO NGOBO, die eher zu Two Tone neigen, und DR. RING DING, die New Yorker Bands wie STUBBORN, ALL-STARS und THE SLACKERS ähneln. Von den amerikanischen Bands gefallen mir HEPCAT, SKAROOVIE, JUMP WITH JOEY, THE ADJUSTERS und THE ARTICLES. Im üblichen neige ich mehr zu den bläserorientierten, "traditionelleren" Bands.
Wie sieht eure Herangehensweise an Ska aus?
Während der letzten vier Jahren haben wir gelernt, bestimmte Rhythmen zu spielen. Um Ska, Rocksteady und Reggae richtig spielen zu können, muss man Bands wie die SKATALITES und THE UPSETTER studieren. Erst wenn du deren Grooves und die Grundkenntnisse gewisser Stile erlernt hast, kannst du einen Schritt weitergehen, um etwas eigenes zu kreieren, wie etwa der Saxophonist John Coltrane, der gelernt hat Bepop zu spielen, sehr gut darin wurde und dann seinen eigenen Weg in Richtung Modal- und Freejazz ging.
Wann werden THE SLACKERS in Deutschland zu sehen sein?
Wir versuchen gerade eine Deutschlandtour mit acht Gigs für Februar 1999 zu organisieren und hoffen euch alle zu sehen!
Vielen Dank für dieses Interview!
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