In den letzten Jahren haben sich SIAMESE aus Dänemark längst aus dem Status eines Geheimtipps herausgespielt. Nach Touren mit Corey Taylor und NOTHING MORE sind die Dänen längst zu einer führenden Metalcore-Band ihres Landes geworden und avancierten zum neuen Zugpferd ihres Labels. Wir sprechen mit Andreas Krüger und Mirza Radonjica über den Erfolg und die damit verbundenen Verpflichtungen.
Gutes Timing
Eine Tour als Support für Corey Taylor brachte SIAMESE in verschiedene Orte Europas, in denen die Band bisher noch nicht zu sehen war. „Das hat wirklich Spaß gemacht und hat uns enorm viel gebracht“, sagt Mirza. Dass diese Tour perfekt zu den Single-Releases zum kommenden Album passt, ist jedoch mehr Zufall als Plan. „Wir wussten erst sehr kurzfristig, dass wir mit Corey Taylor touren können. Das erfuhren wir erst einen Monat vor der ersten Show. Die Crew, die Band und er sind großartig, wir sind wirklich froh, dass es geklappt hat und sich mit den vielen Singles ein großartiger Releaseplan ergeben hat.“ Dabei diskutierte die Band vorher noch darüber, weniger Singles zu machen, um physikalische Verkäufe mehr zu pushen, doch das sei erst für zukünftige Releases ein spannender Weg, der die Band erstmalig auch in die Charts bringen könnte. „Wir versuchen es, aber wir wissen auch nicht, ob es klappt und was es uns bringen wird, doch es wird sicherlich auf dem Papier gut aussehen.“ Was aber wirklich einen Unterschied macht, ist laut Mirza, gute Songs zu schreiben, eine gute Live-Band zu sein und sich als Content Creator zu verstehen. „Ich denke, dass wir zwei dieser Aspekte erfüllen können, und um es klarzumachen: Social-Media-Experten sind wir nicht wirklich.“
Hard work pays off
Der jetzige Status der Band ist hart erarbeitet. „Wir haben zu keiner Tour nein gesagt und jedes Angebot angenommen“, erinnert sich Mirza, der sich auch besorgt zeigt, was andere Bands betrifft. „Ich sehe viele, die sich über Jahre abmühen und bei denen ich mich frage, wieso sie sich so sehr zwingen, in den sozialen Medien als etwas zu erscheinen, das sie nicht sind. Ich habe für mich selbst jedenfalls entschieden, dass ich dieses Spiel nicht mitspielen möchte.“ So haben SIAMESE früh akzeptiert, dass Social Media nicht der Weg ist, über den die Band erfolgreich werden wird, und fokussieren sich viel mehr auf die Dinge, die sie gut können: Songs schreiben und live damit überzeugen. Diese Stärke spiegelt sich auch im Vertrauen des Labels wider, das das neue Album mit großer Priorität pusht. „Wir spüren volle Rückendeckung und können uns auf unsere Stärken konzentrieren. Das wissen wir wirklich sehr zu schätzen. Das ist das Ergebnis all der Arbeit, die wir über die Jahre in dieses Projekt gesteckt haben. Wir haben stets alles getan, was wir konnten.“
Sänger Mirza wurde 2023 Vater, setzte bei der ersten USA-Tour der Band aus und hatte auch beim Songwriting für das kommende Album eine andere Aufgabe als zuvor. Er fungierte eher als A&R, der hin und wieder im Studio vorbeischaute, während Andreas den Großteil des Songwritings übernahm. Dass die beiden ein eingespieltes Team sind, beweisen die bisherigen Alben der Band. „Ich habe also folglich sehr viel Material geschrieben. Viele fertige Songs, aber auch viele Ideen, zu denen ich mir Input von Mirza geholt habe. Mirza war also eine Art Guide, der mit frischen Ohren ins Studio kam und die Ideen mit mir ausgearbeitet hat.“ Dabei entwickelte sich auch das Spiel des Gitarristen weiter.
Hard riffs stand out
Dass SIAMESE eine gesunde Portion Härte auf ihr neues Album bringen, ist laut Andreas kein Zufall. „Wir haben selbst gemerkt, dass unsere Songs im Live-Kontext besser funktionieren, wenn sie heavy sind. Natürlich bleiben wir catchy in den Refrains, aber wir sind, was die Strukturen und die Gitarrenarbeit betrifft, etwas über uns hinausgewachsen und experimentierfreudiger geworden.“ So entstand auch „This is not a song“, eine Sammlung an übrig gebliebenen Breakdown-Riffs, die aneinandergereiht mit einer KI-Stimme für ein Gimmick auf dem Album sorgen. „Ich selbst hätte niemals die Idee gehabt, das daraus zu machen“, so Andreas. „Als Mirza diesen Vorschlag mit ins Studio brachte, musste ich lachen und war am Ende verblüfft, wie gut das Ganze funktioniert. Dieser Track wird uns für Jahre Spaß bereiten und kommt auch live bereits bestens an.“
Doch waren es nicht die vermuteten Bands, die Andreas dazu gebracht haben, einen djentigen Einfluss auf das Album zu bringen. „Es waren nicht SLEEP TOKEN, die mich beeinflusst haben. Natürlich freut es mich, wenn Leute uns mit ihnen vergleichen, aber die Urväter des Ganzen waren MESHUGGAH, während mich aktuell der Sound von VILDHJARTA enorm beeindruckt hat. Ich wollte diesen Sound mit unseren poppigen Aspekten vermischen und damit etwas Neues kreieren.“ Für Mirza ist es dieser Ansatz, der die Band abhebt. „Ich wollte härtere Parts in unserer Musik. Eine meiner Lieblingsbands sind NORMANDIE und wir haben schon immer ein bisschen wie sie geklungen. Aber wir wollen ja nicht eine Kopie von ihnen sein. Mit dieser Härte aber, gelingt es uns, uns von ihrem Sound abzuheben und etwas Eigenes zu machen, und ich glaube, bei ‚Elements‘ hat das bestens geklappt.“ Darüber hinaus hat sich über die Jahre für den Sänger ein eigener. typischer SIAMESE-Sound etabliert, der dadurch einen Wiedererkennungswert hat. Abschließend stellen Andreas und Mirza klar, dass sich am Ansatz der Band künftig nur wenig ändern wird. „Es ist großartig die Aufmerksamkeit zu haben, die wir haben. Aber wir waren nie eine Hype-Band, also machen wir so weiter, wie wir angefangen haben. Wir wollen weiter aktiv bleiben, haben ein Drei-Jahres-Visum für die USA bekommen und wollen schauen, was wir dort reißen können – Australien wäre ein weiterer Ort, zu dem wir unbedingt wollen. Aber allem voran, wir lieben es in Deutschland zu spielen und freuen uns schon darauf, wieder dort zu touren.“
© by Fuze - Ausgabe #107 August/September 2024 und Rodney Fuchs
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #58 Februar/März 2005 und Thomas Eberhardt
© by Fuze - Ausgabe #91 Dezember/Januar 2021 und Rodney Fuchs
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #64 Februar/März 2006 und Thomas Eberhardt