SCHWARZEN SCHAFE

Foto© by Band

Tour Diary Argentinien 2024

Als wir Anfang November 2023 zusammensaßen und über eine weitere Tour in Argentinien sprachen, war uns zuerst nicht bewusst, dass das Ganze schon Ende Februar 2024 stattfinden sollte. Wer reist schon durch Argentinien im Hochsommer, wenn dort über 30 Grad sind ... Wir hatten immer April/Mai auf dem Schirm, wie 2023. Es gab aber ein paar persönliche Hindernisse, so dass das nicht machbar war. Kurzerhand haben wir uns also für einen Zeitraum Ende Februar entschieden und Kontakt zu unserem Booker in Argentinien aufgenommen. Chino organisierte innerhalb von sechs Wochen für uns acht Konzerte, verteilt auf neun Tage, und so konnte die „Contra el Tiempo Tour“ losgehen ...

23.02. Avellaneda, Mutar Bar: Nachdem die Schafe morgens in Buenos Aires gelandet waren, ging es erst mal in die Unterkunft. Es war die gleiche Wohnung wie im Jahr zuvor, im 13. Stock und mit einer grandiosen Aussicht über die Häuserschluchten von Palermo, einem Stadtteil im Zentrum von Buenos Aires. Avellaneda gehört zwar auch noch zum Stadtkern von Buenos Aires, ist aber ganz im Süden, direkt an der Stadtgrenze. Uns wurde gesagt, dass die Mutar Bar eigentlich ein HipHop-Club sei. Aus meiner Sicht war der Laden gut, denn Sound und Bühne waren klasse; und auch die beiden Bands, die mit uns an diesem Abend spielten, SANTOS & PECADORES und ASESINADO CORAZON, waren echt gut und nette Kollegen. Leider war nicht richtig viel los, aber für den Auftakt war es okay. Den Leuten, die da waren, hat es jedenfalls gefallen. Gegen vier oder fünf Uhr früh waren wir wieder in der Unterkunft in Palermo.

24.02. Palermo, Strummer Bar: Als wir um 14 Uhr per Uber an der Strummer Bar ankamen, war es schon mega voll. Und wir trafen so viele bekannte Gesichter; der „Punkrock Lunch“ in der Strummer Bar ist Kult. Die Bands dürfen alle eine halbe Stunde spielen und das Ganze ist umsonst. Das Line-up war erste Sahne und eröffnet wurde das Konzert von einer Band aus Uruguay. Dann kamen unsere Freunde FIN DEL MUNDO, VINOS BLANCO AGAIN und TRAJE DESASTRE, bevor wir bei gefühlten 50 °C um 17 Uhr unser 30-Minuten-Set starteten. Es war für uns ein mega Konzert und unser dritter Auftritt in diesem coolen Laden in zehn Monaten.
Burzaco, El Amparo: Nach dem Konzert in der Strummer Bar ging es per Uber nach Burzaco, einer Stadt, die 60 Autominuten südlich liegt. Das El Amparo ist ein professioneller Rock-Club, in dem wir auch schon 2023 waren. Die Bühne und der Sound sind hervorragend, nur ging es extrem spät los. Die erste Band mit dem Namen GERO AND THE HAPPY FAMILY startete um 22:30 Uhr mit ihren RAMONES-Sound, dann kamen nochmals FIN DEL MUNDO und anschließend PRECEDENTES, mit denen wir auch 2023 schon gespielt haben– und die ich in bester Erinnerung hatte. Sehr guter melodischer Streetpunk, der auch glatt aus dem Baskenland stammen könnte. Ein extrem guter Sänger. Um 2:30 Uhr waren wir dran. Es war unbeschreiblich, denn das Publikum feierte und tanzte, und wir spielten ein wirklich gutes Konzert. Gegen fünf Uhr machten wir uns dann auf den Weg.

25.04. San Miguel, Il Amichi: Eigentlich waren wir ganz schön durch, als wir gegen 18 Uhr in San Miguel eintrafen. Die Stadt, die etwa eine Stunde nördlich vom Stadtzentrum von Buenos Aires liegt, kannten wir bereits von der 2019er Tour. Nach zwei Bieren waren wir wieder fit. Es war eine kleine Bar, und für einen Sonntag kann man mit fünfzig Leuten zufrieden sein. Zuerst spielten ELEFANTE DE PIEDRA, eine All-Girl-Band, deren Sound eine Mischung aus 77er-Punk mit Garage ist. Dann LEYDELBUEY, die guten Punkrock machen. Mit unserem Konzert war ich zufrieden; und den Leuten hat es wohl auch gefallen, denn es gab einige, die das Tanzbein schwangen. Am Tag darauf war dann schlafen und ausruhen angesagt.

27.02. Berazategui, Fußballspiel: Gegen 14 Uhr machten Sigi und ich uns per Uber auf den Weg nach Berazategui, eine Stadt südlich von Buenos Aires .Wir waren mit Alejandra verabredet. Um 16 ging es mit den Kids zum Stadion, wo wir unser erstes Fußballspiel in Argentinien erleben sollten. Der örtliche Club spielt in der dritten argentinischen Liga ganz vorne mit und ist seit Wochen Tabellenführer. Die Stimmung unter den gut 3.000 Zuschauern war unbeschreiblich. So was an Leidenschaft und Enthusiasmus hatte ich noch nie erlebt. Dass dann noch 2:0 gegen Lujan gewonnen wurde, war ein Grund für ein paar Kaltgetränke. Mit ein paar Freunden ging es in eine Sportbar, wo man Tischtennis und Billard spielen konnte. Da wurde aber auch richtig gefeiert. Es war ein wunderschöner Abend mit super netten Leuten.

28.02. CABA, Club V: Am Nachmittag ging es erstmals zu Karen und Emilio von NASTY NEIGHBOURS zum Essen. Es war ein mega heißer Tag und das Abhängen auf ihrer super gemütlichen Terrasse im Hinterhof war genau das Richtige, was man gebrauchen konnte. Natürlich gab es auch ein paar leckere Kaltgetränke. Karen ist eine Deutsche, die seit 20 Jahren in Argentinien lebt und arbeitet. Gegen 19 Uhr waren wir dann am Club V, der nicht weit von Palermo im Zentrum liegt. Ich habe mich echt gefreut auf diesen Laden. Denn Club V und DIE SCHWARZEN SCHAFE, das passt. Dort war es auch schon 2019 sehr gut, nur war es diesmal richtig voll. Als erste Band spielten die NASTY NEIGHBOURS. Das erinnerte mich ein wenig an Retro-77er-Punk mit B-52’S-Einschlag, und Karen klimperte auch ab und an auf einem Mini-Keyboard. Coole Band, die live richtig Spaß machte. Dann LOS CONEJOS MUERTOS (übersetzt „Die toten Hasen“), die eine DTH-Coverband sind. Der Sänger war eine 1:1-Kopie von Campino in jungen Jahren und die Band war wirklich klasse. Die Stimmung im Publikum war richtig geil. Es wurde getanzt und gepogt. Bei uns lief auch alles perfekt. Es war bis dato unser bester Gig und die Leute rasteten fast aus. Es waren auch ein paar Deutsche unter den Zuschauern.

29.02. Tandil, Brothers Bar: Morgens um sieben ging es vom Busbahnhof Retiro mit einem Überlandbus Richtung Süden. Da wir in der Nacht nur circa zwei Stunden Schlaf bekommen hatten, haben wir die coolen Schlafsitze genossen – und das war die bessere Entscheidung als 2023 die Fahrt mit dem Leihwagen. Tandil ist immer eine Reise wert. Die etwa 400 Kilometer entfernte Stadt mit ihren gut 100.000 Einwohnern zählt zu den Punkrock-Hochburgen in Argentinien. Es ist ein sehr ruhiger, schöner Ort, gerade wenn man aus den Hochhaus-Schluchten von Buenos Aires kommt. Veranstalter Mauri und seine Tochter Cloey gehören zu den nettesten Menschen, die ich jemals in Argentinien getroffen habe. Nach einem coolen Mittagessen ging es erstmals ins Vier-Sterne-Hotel zum Pennen, denn die Batterien mussten aufgeladen werden. Um 19:30 Uhr waren wir dann in der Brothers Bar. Toller Club, irgendwie ein wenig Upper Class mit einigen Räumen, einem Hof zum Rauchen und einem separaten Konzertraum. Es war mega voll und als Erste spielten LOS MOSTROYS ein wirklich gutes Set aus 77er-Punk mit Oi!-Elementen. Dann SP, die Band von Veranstalter Mauri, mit schönem poppigen Punk. Unser Gig war klasse, wir hatten wie letztes Jahr den Eindruck, dass die Leute in Tandil unseren Sound mögen. Es lief sehr gut für uns, und die Freude war groß, dass auch Freunde aus Buenos Aires im Publikum waren. Nach dem Konzert ging es in eine sehr coole Bar, in der es noch ein paar Bier gab.

01.03. Mar del Plata, Vinoteca Perrier: Nach einem guten Katerfrühstück im Hotel ging es im Auto des LOS MOSTRYS-Gitarristen nach Mar del Plata. Das waren 180 Kilometer quer durch die Pampa Richtung Westen zum Atlantik. Mar del Plata ist ein Urlaubsort, der irgendwie an Calleja und Lloret De Mar an der Costa Brava erinnert. Chino hatte uns bei einem Bekannten eine Unterkunft besorgt, was eigentlich nicht schlecht war ... aber dieser Mann hörte einfach nicht auf zu reden! Nachdem wir unsere Sachen abgestellt hatten, ging es zum Strand, und es wurde ein wunderschöner Nachmittag mit unseren Freunden aus Buenos Aires. Sie sind von Tandil in der Nacht noch losgefahren, um hier zwei Tage Urlaub zu machen. Nachdem wir in einem lokalem Radiosender noch ein Interview gegeben haben, ging es gegen 20 Uhr zum Club. Ups, das sah anders aus als alles, was wir davor an Clubs gesehen hatten. Erinnerte mich irgendwie an ein AZ in Europa. Es gab aber viele Freigetränke und der Laden wurde sehr voll. Ich war sehr gespannt auf die GARKAS aus Mar del Plata, denn diese Band existierte seit den frühen 1980er Jahren und genießt in Argentinien Kultstatus. Als erste dann wieder LOS MOSTROYS, wie schon gestern in Tandil – solide gut. Wir spielten als zweite Band, und unser Gig war richtig klasse; die Stimmung war super. Es gab Pogo tanzende Leute und Gaby Hosen stellte sich als sehr stimm- und textsicher bei unseren Songs heraus. Zum Schluss kamen THE GARKAS und die räumten richtig ab. Das war extrem gut und kultig, und als sie dann auch noch ESKORBUTO coverten, flippten die Leute richtig aus. Wieder waren wir sehr spät im Bett und hatten nur anderthalb Stunden Schlaf, denn wir mussten sehr früh den Bus nach Buenos Aires erreichen.

02.03. Palermo, Salon Pueyrredon: Nachdem wir total müde mittags in Buenos Aires angekommen waren, ging es erst mal in die Unterkunft zum Ausruhen und Energie tanken für das Finale der Tour. Der berühmte Salon Pueyrredon ist ein prestigeträchtiger Club, in dem schon jede große Band des Landes gespielt hat, neben internationalen Größen wie NOFX oder BUZZCOCKS. Irgendwie wie der Ratinger Hof von Buenos Aires. Nachdem wir länger mit Gusi, einem Fotografen und Videomacher, gesprochen hatten, ging es auch schon mit der ersten Band los. Der Laden war sehr gut gefüllt, es waren auch sehr viele Leute da, die uns schon in der Strummer Bar oder im Club V gesehen haben. Als erste Band des Abends spielten ANTIHUMANO, das waren ganz junge Leute mit wirklich gutem Punkrock. Dann unsere Freunde FIN DEL MUNDO um unseren Manager Chino. Ein super Gig. Von dieser Band wird man noch hören. Als Dritte waren GATOS SUCIOS dran, die sind recht bekannt, aber der Sound ist nicht so mein Ding, da es eine Art von Metal-Punk ist. Dem Publikum hat es gefallen und die Band war auch gut. Unser Gig war solide und rau, aber die Leute haben es sehr gemocht, und wir hatten auch viel Spaß auf der Bühne. Als der Vorhang zuging (das gibt es oft in argentinischen Clubs), waren wir ein wenig traurig, dass es der letzte Gig dieser so schönen und gut organisierten Tour war. Im Backstage-Raum wurde dann noch ein wenig Party mit den anderen Bands gemacht – danach wurde dann weiter gefeiert in der Strummer Bar, mit vielen Leuten des Konzerts. Die Kollegen sind dann Sonntagmittag nach Deutschland geflogen, und ich habe noch eine Woche Urlaub bei Alejandra in Berazategui gemacht.
Danke an Chino, Vampi und Gaby Hosen für eure großartige Hilfe!