SATANIC SURFERS

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Zurück aus der Hölle

Gemeinsam mit MILLENCOLIN und NO FUN AT ALL bildeten SATANIC SURFERS in den Neunzigern die Dreifaltigkeit der schwedischen Punkrock-Szene. Sie veröffentlichten sechs Alben bei Labels wie Burning Heart oder Bad Taste, doch 2007 verschwanden sie heimlich still und leise von der Bildfläche, Sänger Rodrigo Alfaro, der als Kind mit seinen Eltern aus Uruguay nach Schweden ausgewandert war, schloss sich ATLAS LOSING GRIP an. Als mit denen vor drei Jahren Schluss war, war die Zeit für einen Neuanfang der SATANIC SURFERS gekommen. Rodrigo trommelte ein neues Line-up zusammen und jetzt gibt es mit „Back From Hell“ sogar ein neues Album, mit einem Verweis auf die Anfänge der Band, wie Rodrigo im Ox-Interview erzählt.

Rodrigo, 2007 habt ihr euch aufgelöst. Was war damals der Grund? Hattet ihr Ärger in der Band?

Nein, zu diesem Zeitpunkt bestand die Band vor allem aus mir und unserem Gitarristen Fredrik. Wir waren die letzten verbliebenen ursprünglichen Bandmitglieder. Ich denke, damals war jeder von uns in irgendwelche anderen musikalischen Projekte eingebunden. Alle haben sich auf andere Dinge konzentriert, also haben wir uns für eine Pause entschieden, um in eine andere Richtung weiterzugehen.

Habt euch damals offiziell aufgelöst?
Ich würde schon sagen, dass wir uns damals richtig aufgelöst haben.

Was habt ihr all die Jahre getrieben – normale Jobs, andere Bands oder Familien gegründet?
Jeder hat sich mit anderen Dingen beschäftigt. Ich habe vor allem in anderen Bands gespielt. Zuerst war ich in einem Projekt namens ENEMY ALLIANCE involviert. Wir haben auch ein paar Touren gespielt. Ich habe auch einige Jahre Schlagzeug bei VENEREA gespielt. Und in einer Death-Metal-Band namens NECROVATION habe ich Gitarre gespielt. Und natürlich war ich dann viele Jahre bei ATLAS LOSING GRIP. Und in ein paar anderen lokalen Projekten habe ich auch noch mitgemischt.

Und was haben die anderen Jungs gemacht, auch Musik?
Ich denke schon. Andy hat immer Musik gemacht. Keine Ahnung, was Fredrik alles getrieben hat. Davon habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung. Magnus hat die Band auf jeden Fall verlassen, um sein Studium abzuschließen, und dann hat er angefangen zu arbeiten. Er übersetzt englischsprachige TV-Shows ins Schwedische.

Wie viele der früheren Bandmitglieder gehören aktuell zum Line-up der SATANIC SURFERS?
Von der Gründungsbesetzung nur noch ich. Aber Magnus war schon seit 1993 dabei. Also aus den Anfangstagen eigentlich nur wir zwei. Andy hat schon die letzten paar Jahre mit uns gespielt, bevor wir uns aufgelöst haben, und Gitarrist Max war mit mir bei ATLAS LOSING GRIP. Er ist jetzt seit etwa zwei Jahren mit an Bord.

Ihr spielt ja seit ungefähr drei Jahren schon wieder Konzerte, oder?
Genau. Und unser Drummer Stefan ist eingestiegen, als wir wieder auf die Bühne gegangen sind. Er war früher mit mir bei der Crust-Band KONTROVERS.

Wo ist jetzt die Homebase der Band? Ursprünglich kommt ihr ja aus der Studentenstadt Lund.
Meistens proben wir in Malmö. Da wohnen die anderen aus der Band alle. Ich lebe auf dem Land, eine halbe Stunde außerhalb.

Das neue Album heißt „Back From Hell“. Gibt es einen Bezug zu eurer Debüt-EP „Skate To Hell“ oder hattet ihr einfach eine höllisch schwere Zeit in den letzten Jahren?
Ein bisschen was von beidem, würde ich sagen. Natürlich ist es ein Wortspiel bezogen auf den Titel der ersten EP. Es geht aber auch um die letzten Jahre, in denen nicht alles glattgegangen ist. Es ist hart, durch Musikmachen sein Leben zu finanzieren. Die Musikindustrie ist nicht unbedingt eine wundervolle Angelegenheit. Musik ist großartig und dass Menschen sich so an Musik erfreuen, ist auch eine tolle Sache. Aber wenn es ums Geschäft geht, ist es eine der schlimmsten Branchen überhaupt. Da gibt es einfach jede Menge Fake People.

Du klingst ganz schön frustriert. Wenn ich mir die Titel der neuen Songs anhöre, dann klingt das auch sehr negativ: „All gone to shit“, „Going nowhere fast“ oder „Madhouse“.
Da steckt jede Menge schwarzer Humor drin. So negativ sind die Songs gar nicht. Ich verarbeite vielleicht ein paar schlechte Erfahrungen aus den letzten zwei Jahren, aber immer mit Humor und einer gewissen Distanz zu mir selbst.

Worum geht es im Song „Self-medication“?
Da geht es ums Saufen und wie man damit Probleme hinter sich lassen kann. Seine ganze Negativität. Ich denke, ich bin ganz gut, was diese Art von „Selbstmedikation“ angeht. Man kann natürlich auch leicht in eine Abhängigkeit abrutschen. Damit kämpfe ich gerade selbst, aber ich kenne auch jede Menge Leute, die ähnliche Probleme haben oder hatten, Freunde von mir.

Denkst du im Song „All gone to shit“ an die politische Situation in Schweden?
Nein, da geht es um etwas anderes. Da beschäftige ich mich vor allem mit den Jahren bei ATLAS LOSING GRIP. Das war eine hervorragende Band, die großartige Musik gemacht hat. Wir hatten eine Menge Spaß, bis es zum Geschäft wurde und sich andere Leute außerhalb der Band eingemischt haben. Und dann ist alles den Bach runter gegangen. All gone to shit. Die meisten meiner Texte basieren auf meinen Erfahrungen und meinem persönlichen Leben.

Wer oder was ist „The usurper“?
Da geht es auch um die ganze Situation mit ATLAS LOSING GRIP. Da geht es aber nicht um die Leute in der Band.

Was die Idee hinter dem Song „Going nowhere fast“?
Keine Ahnung. Das ist einer der Songs, die ich einfach geschrieben habe. Und dann habe ich plötzlich von meinem damaligen Boss eine Nachricht erhalten: „Hey, geht es in dem Song um deinen Job?“ Und ich: „Das war nicht meine Absicht, aber ja, vielleicht.“ Damals war ich bei einer Art Jugendzentrum angestellt und habe eine Cafeteria in einer Schule betrieben.

Du beschäftigst dich in deinen Songs nicht besonders intensiv mit Politik. Viele schwedische Bands singen gerade über die politische Situation und wie sie sich verändert hat.
Nicht wirklich. Ich denke, es gibt Bands, die bessere Politsongs schreiben als ich. Diesen Job überlasse ich anderen. Nicht jeder muss über Politik singen, denke ich. Es gibt genug Leute, die das tun.

Sechs Jahre lang warst du mit ATLAS LOSING GRIP unterwegs. Wirkt sich diese Zeit auch auf den Sound der SATANIC SURFERS aus?
Ich weiß nicht. Ein bisschen bestimmt. Immerhin spielt Max jetzt auch bei uns Gitarre. Und als ich die Songs geschrieben habe, hatte ich seine Art Gitarre zu spielen im Kopf. Das hatte schon einen gewissen Einfluss aufs Songwriting. Aber hauptsächlich habe ich eigentlich versucht, den Spirit der einfachen Songs unserer frühen Tage wieder einzufangen. Und in den vergangenen Jahren habe ich mich als Gitarrist auch ziemlich weiterentwickelt, ich denke, das macht auch einen Unterschied im Sound aus.

Ich höre viel mehr Metal-Gitarren als auf dem letzten Album „Taste The Poison“.
Definitiv. Das sehe ich auch so.

Wie hat sich das im Studio angefühlt, nach so vielen Jahren wieder neue Songs mit den SATANIC SURFERS aufzunehmen?
Ziemlich gut, ziemlich entspannt. Wir haben vorher viel geprobt und zum ersten Mal hatte ich schon alle Texte geschrieben, bevor wir ins Studio gegangen sind. Das war eine große Erleichterung. Man spürte eine gute Energie und alles war sehr positiv.

Wo habt ihr das Album aufgenommen. Gab es einen Produzenten?
Nein, wir hatten nur einen Soundtechniker. Wir haben noch nie mit einem Produzenten gearbeitet. Ich mag es nicht, wenn andere Leute irgendwie an Songs herumpfuschen, die ich geschrieben habe. Aufgenommen haben wir das Album hier in Mälmo bei einem Freund. Einen Teil davon in der Nähe des Dorfes, in dem ich wohne, und den anderen in Malmö. In professionellen Studios, nicht mit mobilem Equipment im Proberaum.

Zur Zeit tauchen ja viele alte Helden aus Schweden wieder aus der Versenkung auf: REFUSED, THE HELLACOPTERS. Hat euch das auch animiert, die SATANIC SURFERS wieder neu zu starten?
Ich denke, es hat alles angefangen, als ich bei ATLAS LOSING GRIP ausgestiegen bin. Wir hatten das Angebot, mit den SATANIC SURFERS auf einem Festival zu spielen. Und immer wenn wir über die Jahre so ein Angebot bekommen haben, habe ich es den anderen Jungs erzählt. Es wurde aber nie ernsthaft darüber nachgedacht, das wirklich zu tun. Aber diesmal war ich in keiner anderen Band aktiv und die anderen wollten es auch. Wir haben uns also entschieden, einige Konzerte zu spielen, und so ging es wieder los. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt auch schon begonnen, neue Songs zu schreiben, die ich nur für mich selbst aufgenommen habe. Jetzt haben wir aber seit fast drei Jahren ausschließlich alte Songs gespielt, deshalb war es höchste Zeit, entweder etwas Neues zu starten oder eine Pause einzulegen. Ich mag es nicht besonders, immer und immer wieder nur die gleichen Songs zu spielen und in der Vergangenheit festzustecken. Und alle waren begeistert von der Idee, eine neue Platte zu machen. Also haben wir es durchgezogen.

Welche Songs spielt ihr jetzt live? Ist es nicht manchmal komisch, alte Stücke zu spielen mit einem Feeling, das vor zwanzig Jahren aktuell war? Songs wie „Hero of our time“?
Als wir bei diesen ersten Festivals aufgetreten sind, war es großer Spaß. Wir hatten die Songs viele Jahre lang nicht gespielt. Aber nach einer Weile wird es dann langweilig. Manche der alten Nummern sind natürlich aus heutiger Sicht ein bisschen blöd und albern. Das interessiert mich aber nicht. Ich werde unsere alten Songs nie verleugnen und so tun, als wären wir anders drauf gewesen. Und komischerweise wollen die Leute diese Songs immer noch hören.

Steht denn noch jemand in der Band auf dem Skateboard?
Magnus ist immer noch im Skatepark unterwegs. Ich war im letzten Sommer mit meinem Sohn beim Skaten. Und wir freuen uns schon auf den Frühling und dass es wieder losgeht. Aber die anderen in der Band sind keine Skateboarder.

Und wer in der Band hat ein Herz für Satan?
Keiner. Es ist einfach nur ein blöder Name. Ich habe mich schon immer für Black, Death oder Thrash Metal interessiert. Ich bin aber beileibe kein Satanist. Ich bin absoluter Atheist. Aber wir mögen die Bilder und dachten, das wäre ein lustiger Name.

Mit Regain Records habt ihr euch für „Back From Hell“ ein neues Label gesucht. Warum seid ihr nicht wieder zu einem euer früheren Labels Burning Heart oder Bad Taste Records gegangen? Regain Records ist eher bekannt für Extreme Metal und Hardrock.
Das Album erscheint eigentlich auf Mondo Macabre, das ist ein Sublabel von Regain. Bad Taste veröffentlicht derzeit nicht mehr wirklich neue Scheiben. Ich habe keine Ahnung, was die Jungs von Burning Heart so treiben. Aber es ist einfach gut, bei einem Label unter Vertrag zu stehen, bei dem ich die volle Kontrolle habe. Das ist so, seit ich angefangen habe, für das Label zu arbeiten. Ich habe dadurch die volle Innensicht in allen Belangen, was unsere Band betrifft. Ich kümmere mich dort um den Mailorder und neue Releases. Das Label hat seinen Sitz auch in Malmö.

Es sind immer noch jede Menge schwedische Punkrock-Bands auf der Straße, die schon viele Jahre auf dem Buckel haben: MILLENCOLIN, NO FUN AT ALL oder auch VENEREA. Kannst du mir auch ein paar junge Bands empfehlen?
Da kann ich dir leider keinen Tipp geben. Ich verfolge die Punkrock-Szene nicht besonders intensiv. Da fällt mir ehrlich gesagt keine erwähnenswerte Band ein.

Wie ist die Szene heute verglichen mit den Neunzigern?
Keine Ahnung. Lange nicht so groß. Wir werden es sehen. Hoffentlich spielen wir dieses Jahr noch ein paar Konzerte in Schweden. Dann wird sich herausstellen, ob es hier überhaupt noch eine Punkrock-Szene gibt. Ich selbst besuche hauptsächlich Underground-Shows von kleinen Hardcore- oder Death-Metal-Bands. Meistens fahre ich rüber nach Kopenhagen, um mir Metal-Show anzuschauen. Auf Festivals bin ich eigentlich nur, wenn ich selbst auftrete.

Wie sieht der Rest von 2018 für die SATANIC SURFERS aus?
Wir haben eine ganze Menge Shows geplant. In Spanien, Italien und Frankreich. Vor allem verlängerte Wochenenden, weil jeder in der Band auch noch einen Job oder andere Verpflichtungen hat. Deshalb müssen wir unsere Tour ein bisschen zerstückeln. Im Herbst haben wir vor, auch nach Deutschland zu kommen. Wenn die neue Platte erschienen ist, wollen wir so viele Shows wie möglich spielen.

Gibt es Nebenprojekte, mit denen ihr euch noch beschäftigt?
Andy hat eine Art Alleinunterhalter-Show namens ANDY THE BAND. Im Studio spielt er alles selbst, für Konzerte holt er sich Gastmusiker. Magnus spielt nebenbei in einer Hardcore-Band namens VILE ACT. Und ich bin nebenbei in der Thrash-Metal-Band MALIGNER aktiv. Außerdem spielen Max und ich ab und zu bei ENEMY ALLIANCE. Und Stefan spielt mit Fredrik und Thomas, die auch früher mal bei SATANIC SURFERS waren, in einer Band. Wir sind also alle mit verschiedenen Bands unterwegs.

Wie organisiert ihr das? Es muss ziemlich kompliziert sein, gemeinsame Termine zu finden?
Das geht schon. Kein Problem. Wir machen einfach, was geht, und was nicht geht, lassen wir. Es gibt keinen Stress, keinen Druck. Da haben wir wirklich Glück. Wieder mit seiner alten Band zu spielen ist etwas anderes, als eine neue Band zu gründen. Wir müssen uns nichts mehr beweisen. Wir sind sehr zufrieden damit, wie es ist. Sehr einfach und entspannt. Keiner von uns ist finanziell abhängig von den SATANIC SURFERS, jeder verdient sein Geld woanders.