RUBBERSLIME

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Deutschpunk muss sterben, Genossen ...?

RUBBERMAIDS, MIMMI’S, DIE SCHWARZEN SCHAFE, vor allem aber SLIME – das klingt nach der frühen, wilden Zeit des Punk, nach Chaostagen, Sauf-Exzessen und Straßenkampf. Als es noch genügte Punker zu sein, um von der Schule zu fliegen, ständig Bullenstress zu bekommen, oder in einer Band zu spielen. Punkrock aus den Achtzigern ist längst Kult und SLIME-Songs wie „Polizei SA/SS“, „Störtebeker“ oder „Bullenschweine“ sind absolute Deutschpunk-Klassiker (und zum Teil bis heute streng verboten). 1994 trennte sich die Band, und zwar endgültig, Reunion ausgeschlossen. Und nur um auf dem St. Pauli-„Retter“-Festival noch einmal die alten Hits zu spielen, taten sich 2003 Elf und Dirk von SLIME mit Minne und Mike, ex-RUBBERMAIDS, zusammen sowie dem C.I.A.-Basser John: so entstand RUBBERSLIME. Jetzt erschien ihr neues, ganz eigenes Album „Rock’n’Roll Genossen“. Im April tourte RUBBERSLIME damit kurz mal durch alle großen Städte der Republik – Deutschland muss hören, damit wir leben können. Ox fragte, Elf antwortete.

Die RUBBERSLIME-History so far, bitte.


„Sven Brux vom FC St. Pauli wollte gerne SLIME in Originalbesetzung haben für das ‚Retter‘-Festival im Herbst 2003, was aber nicht ging, weil die anderen Ex-Mitglieder keinen Bock darauf hatten. Also haben wir die Gelegenheit ergriffen und praktisch die Besetzung von C.I.A. reaktiviert, nur der Drummer ist jetzt Dynamike von den RUBBERMAIDS ... und mittlerweile haben wir als neuen Bassisten Meiks Bruder Reiner dabei. Das Ganze lief nach dem Motto: Die Gelegenheit lassen wir uns nicht entgehen, im Millerntor-Stadion vor 7.000 Leuten zu spielen.“

Was sind „Rock’n’Roll Genossen“? Und da schließt sich die nächste Frage an: Ist Punk links, muss Punk links/politisch sein?

„Wir wollten mit der neuen Scheibe weg von der üblichen Deutschpunk-Schublade, in die man ja gerne reingesteckt wird, sobald man einen etwas härteren Sound macht und deutsch singt. Zumal SLIME natürlich die typische ‚Deutschpunk‘-Band schlechthin war, und wir uns mit dem Namen RUBBERSLIME da auch, zugegeben, auf glattes Eis begeben/gewagt haben. Der Titel der CD soll einfach ein wenig die Richtung zeigen, in die wir gehen. Musikalisch kein stumpfes Hardcore-Geballer, sondern eine Tendenz in Richtung Rock’n’Roll-Punk wie z. B. SOCIAL DISTORTION oder auch Einflüsse von Ska-Punk etc. Inhaltlich sind wir bei den ernsthaften Texten logischerweise immer noch politisch links einzuordnen, wobei wir den erhobenen Zeigefinger weglassen und alles Dogmatische sowieso. Ein zweites ‚Schweineherbst‘-Album kann man in der Zusammensetzung der Band ohnehin nicht machen. Mehr Spaß, Ironie und eben Rock’n’Roll war die Devise. Punk muss textinhaltlich überhaupt nicht eindeutig politisch sein. THE DAMNED oder die STRANGLERS und zig andere der alten Helden haben das bewiesen. Punk heißt für mich immer noch: Tu, was du willst. Und lass dich nicht von Plattenfirmen oder dem Zeitgeist zu irgendwas drängen, was du nicht willst. Es ist natürlich auch völlig in Ordnung, wenn es Bands dahin treibt, sich an die Achtziger anzulehnen und rein politische Texte zu machen. Das haben wir aber mit SLIME schon ausgiebig getan und da wir zur Hälfte aus der eher Rock’n’Roll beeinflussten Abteilung RUBBERMAIDS bestehen, war der Weg, den wir inhaltlich gegangen sind, für uns der einzig gangbare.“

Was hat es mit der Skulptur auf dem Cover auf sich?

„Die Skulpturen auf dem Cover sind allesamt in Rostock zu bewundern und in der DDR-Zeit entstanden. Die Idee, diese auf dem Cover zu verwenden, kam von Imre Sonnevend, der das Dröönland-Label macht und Rostocker ist. Auf dem Frontcover ist das Denkmal für den Matrosenaufstand von 1918 zu sehen, der das Ende des Ersten Weltkrieges markiert. Die in Stein gemeißelte Kraft und Geradlinigkeit der Skulptur passt auch zu unserer musikalischen Haltung. Da steckt sicher auch ein wenig Ironie drin, gerade im Zusammenhang mit dem Text des Songs ‚Rock’n’Roll Plenum‘. Irgendwie gefiel uns die Idee spontan und wir haben das dann einfach gemacht. Zuviel Bedeutung sollte man dem jetzt aber auch nicht beimessen.“

Die Frage nach dem nicht sehr eleganten Namen muss erlaubt sein:
Wieso die starke Anlehnung an die Vorgängerbands?


„Der Name wurde von uns schon mal verwendet für einen einmaligen Auftritt auf der Bühnenabschiedsparty von Zabel, ich glaube das war 2001. Zabel war Bassist bei den RUBBERMAIDS und den BRONX BOYS. Er spielt jetzt dann doch schon wieder live bei ABWÄRTS. Also war für uns im Hinblick auf das ‚Retter‘-Festival die Namenswahl klar. Dass wir danach weitermachen, war uns damals noch nicht klar. Nachdem die Publikumsresonanz dann so überwältigend war, dass wir uns dachten, lass mal testen, was noch so geht, sind wir einfach dabei geblieben. In der heutigen Zeit noch einen guten Bandnamen zu finden ist auch nicht leicht, die wirklich guten, kurzen, prägnanten Namen sind eigentlich alle schon längst weg. Und mit dem Namen RUBBERSLIME haben die Leute immerhin einen Anhaltspunkt, was sie erwartet. Geniales Marketing, oder?!?“

Auf der Bonus-DVD zum neuen Album finden sich diverse SLIME-Songs. Warum diese, warum überhaupt?

„Zum Zeitpunkt, als die Aufnahmen entstanden, war das Hauptbestandteil unseres Programms, und das sollte einfach dokumentiert werden. Die Songs der neuen Scheibe, die wir da schon live gespielt haben, waren noch nicht im Endstadium und teilweise auch nicht so toll gespielt, deshalb ist da mehr von den SLIME-Nummern drauf.“

Waren es nicht SLIME, die einst sangen: „Deutschpunk muss sterben, damit wir leben können“ ...? Wie ist euer Verhältnis zu einem Genre, das heute ja vor keiner Stumpfheit mehr zurückschreckt?

„Wir haben zwar gesungen ‚Deutschland muss sterben‘, aber deine Version ist auch nicht schlecht, es ist wirklich eine Menge Stumpfsinn am Start in dem Genre. Ich selber höre eigentlich fast nichts aus der Richtung, auch in den Achtzigern schon nicht. Frank Z. von ABWÄRTS war für mich immer der herausragende Texter und dahinter kommt erst mal nicht viel, was ich gerne höre.“

Ihr habt Erich Mühsams „Soldatenlied“ aufgenommen.

„Den Song hatten wir schon 1998 mit C.I.A. in der Mache, mit einem anderen Text von Mühsam, der aber zu viel mit dem Wort ‚Anarchie‘ zu tun hatte. Also habe ich mich auf die Suche gemacht und den Text vom ‚Soldatenlied‘ gefunden, der perfekt auf das Arrangement passte und der inhaltlich absolut zeitlose Antikriegslyrik ist.“

Die Texte wirken durchweg wütend und engagiert, sind nicht mau und frustriert. Wie habt ihr euch die Wut erhalten, die man für solche Musik braucht?

„Wenn man wachen Geistes in dieser Welt lebt und sich nicht stumpf mit Konsum aller Art zuballert, ist es nicht sehr schwer, auf vieles wütend zu sein, was in der Welt an Scheiße vor sich geht.“

Was haltet ihr eigentlich von im weitesten Sinne aus dem Punk-Kontext
hervorgegangenen Bands wie KETTCAR und TOCOTRONIC, wie steht ihr zur aktuellen Welle deutschsprachiger Bands/Musik?


„Markus von KETTCAR ist auf jeden Fall ein sehr guter Songschreiber und hat immer einen guten melancholischen, aber auch positiven Touch in seinen Texten. Das mochte ich schon an ... BUT ALIVE. Die Musik von KETTCAR ist nicht wirklich meine Baustelle, ist mir zu harmlos. TOCOTRONIC haben auch einen absolut eigenen Stil, der mit Sicherheit aus der Masse heraus sticht und seine Daseinsberechtigung hat. Den Jungs gönne ich auch ihren Erfolg, auch wenn das wiederum nicht ganz meinem Musikgeschmack entspricht. Diese ganzen anderen Bands, die gerade angesagt sind, WIR SIND HELDEN und so, gehen mir absolut am Arsch vorbei. Das ist Mucke für VIVA-Glotzer, die sich von den Medien eintrichtern lassen, was sie zu hören und gut zu finden haben. Mainstream halt.“

Was macht ihr, wenn ihr nicht gerade auf Tour oder im Studio seid? Will sagen: Wie sieht das Leben nach und neben Punk aus?

„Jeder macht so seine Jobs, um die Miete zu verdienen. Das geht vom Taxifahren bis zur Tischlerei. Und von da wieder in den Übungsraum, um Spaß zu haben!“