Vor gar nicht allzu langer Zeit machte ein mit beschmiertem Unterhemd bekleideter Songwriter namens Country Rosi die Bühnen dieses Landes unsicher und besang dabei sein fiktives Trucker-Dasein. Zuvor war der Gute in diversen Punkbands aktiv, machte nebenher HipHop sowie diverse andere Genre-Experimente und startete wenig später mit der Post-Slacker-Combo WE ARE FROM PLUTO durch. Mittlerweile ist das „Country“ aus dem Namen längst gestrichen und die neueste Veröffentlichung des Bielefelders beschert uns einen Mix aus Wave und Indie, der melancholischer kaum klingen könnte. Ein überaus interessanter musikalischer Werdegang ...
Rosi, du hast, wenn ich mich nicht irre, relativ jung angefangen, in Punkbands zu spielen. Gibt es für dich rückblickend irgendwelche Highlights aus dieser Zeit? Und wann hast du dann angefangen, Ausflüge in andere Genres zu wagen?
Das mit den Genres ist so eine Sache für sich. Ich denke eigentlich eher weniger in Kategorien, wenn ich Musik mache. Ich kann da auch kein wirkliches Highlight benennen. Das ist eher eine Haltungsfrage für mich, eine Art und Weise, an Gedanken, Emotionen und Ausdruck heranzugehen. Aus meiner Sicht ist alles, was ich mache, immer auch irgendwie Punk, weil es mir um das Machen und weniger um das Handwerk geht. Musik ist für mich immer Mittel zum Ausdruck und sehr unmittelbar. Anders kann ich das gar nicht und genau das haben mich die ersten Bands gelehrt. Wenn man so will, ist das ein Highlight.
Während deiner Zeit bei WE ARE FROM PLUTO hast du auch begonnen, unter dem Pseudonym „Ludvik Nehrig“ Elektro-Tracks zu produzieren. Was liegt dir mehr? Das klassische Bandleben oder musikalische Experimente in den eigenen vier Wänden?
Für mich ist und bleibt beides spannend. Auf der einen Seite bin ich wohl schon das, was man einen Eigenbrötler nennt, auf der anderen Seite finde ich es extrem bereichernd, wenn durch die Fähigkeiten anderer ein Song extrem wächst. Das sind tolle Momente. Das ganze House-Ding rührt eher aus einer Faszination für Sounds und Loops. Das ist wunderbar, sich da auf die Suche zu machen, und wenn dann am Ende des Tages ein Track steht, ist das wiederum auch ein sehr, sehr schöner Moment.
Die neuen ROSI-Songs entstanden dann ebenfalls im Heimstudio. Wie professionell bist du mittlerweile ausgestattet und wie perfektionistisch gehst du zu Werke?
Die Technik, die ich nutze, ist ganz okay. Es handelt sich immer noch um Laptop-Produktionen und eher erschwinglichen Kram. Alles ganz simpel eigentlich. In Zukunft will ich noch mehr in Sachen Mikrofonierung und echten, analogen Synths nachbessern. Da geht es mir aber weniger um Perfektion, als viel mehr um das Erweitern von Möglichkeiten. Für mich ist das spannend und ich besitze da auch nur gefährliches Halbwissen. Lernen durch Erfahrungen. Das ist toll.
Wie bist du dann nach Punk, Country, Elektro und Co. zum Wave gekommen und wie ist das, plötzlich ohne Mitmusiker und ohne Instrument auf der Bühne zu stehen und zu Musik zu singen, die vom Band kommt?
Dass das jetzt in der Wave-Ecke verortet wird, finde ich ja eher lustig. Für mich steckt da nach wie vor alles drin. Die Herangehensweise ist für mich immer noch Punk. Die Melancholie, die Sehnsucht, Romantik, Wut und Verzweiflung finde ich im Country, wie ihn Hank Williams gespielt hat, genauso wie im Punk oder von mir aus auch im Wave. Das Ganze sollte aber einen Beat haben und wenn ich da schon mit einem Laptop auf der Bühne stehe, dann soll das auch so klingen. Daher die bewusste Entscheidung für elektronische Klänge. Da sind aber in den Playbacks auch jede Menge Gitarren und es ist sogar ein Glockenspiel dabei. Live war das alleine bisher wie eine Befreiung. Einfach nur dazustehen und zu singen, alles mal raus zu lassen, alles auf das Wesentliche reduziert. Das ist ein großartiges Gefühl.
Du textest ausschließlich auf Englisch, deine Songs haben aber dennoch allesamt deutsche Titel. Hat das irgendeinen speziellen Grund?
Für mich ist das nie beliebig, wenn es um die Texte geht. Auch wenn ich es mag, wenn mal was offen bleibt. Und ich mag Regeln. Eine lautet: Ist der Text englisch, ist der Titel deutsch. Das kann verwirren, obwohl es doch eigentlich ganz einfach ist. So findet sich auch immer sehr leicht ein Titel.
Deine aktuelle EP „Just Another Animal“ erschien letztes Jahr auf dem österreichischen Label Alternate Audio. Wie kam der Kontakt zustande? Zudem warst du dort ja auch gerade noch auf Tour. Wie war’s?
Georg ist ein Freund. Kennen gelernt habe ich ihn, als ich noch Konzerte im JZ veranstaltet habe. Damals spielte er Bass bei ROY DE ROY. Ich habe ihn gefragt, er hatte Interesse. Die Tour mit ihm, er macht auch selber als TKALEC Musik, war schon sehr gut. Wir haben in sehr kleinen Läden gespielt, haben tolle Menschen getroffen und für mich war es wichtig, einfach mal loszufahren. Schließlich ist das einer der Gründe, warum ich angefangen habe mit ROSI.
Kurz danach hast du dann ja Verstärkung bekommen. Mirco ist künftig als Gitarrist mit an Bord. Beschränkt sich das nur auf Konzerte oder sind ROSI damit jetzt ein richtiges Duo?
Wir sind jetzt eine Band. Mirco war ja im Prinzip auch von Anfang an dabei. Den Song „Kirmes“ hat er, bis auf den Text, alleine geschrieben. Er kennt meine ersten Versuche und hat mich im Hintergrund ständig beraten. Er weiß ganz genau, was ich da tue, und wir sind uns sehr einig darüber, wie es weitergehen soll. Na ja, und wir kennen und verstehen uns schon ziemlich lange sehr gut.
Bleibt es nun dabei oder war Mirco erst der Anfang und ihr steht bald mit einer kompletten Band auf der Bühne?
Keine Ahnung. Ich mag es so, wie es jetzt ist, das macht das Ganze schön unkompliziert. Aber wer weiß schon, was noch passiert.
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