RICHIE RAMONE

Wer ist Marky?

Er war knapp fünf Jahre lang Schlagzeuger der für viele Menschen besten Band der Welt. Er schrieb Songs für sie, darunter den Klassiker „Somebody put something in my drink“. Und Joey Ramone, der Frontmann, sagte einst sogar über ihn, er habe die Gruppe mit seinem Einstieg vor dem Zerfall gerettet. Trotzdem ist Richie Ramone das Mitglied der RAMONES, das nie über den Status einer Randnotiz hinauskam und vom Rest der Band stets klein und gefügig gehalten wurde. Bis ihm der Kragen platzte und er ausstieg. Jetzt hat er seine Biografie „I Know Better Now“ veröffentlicht. In ihr erzählt Richie ebenso von sich selbst überzeugt wie – davon muss man dann ausgehen – offen, wie das damals war. In den Achtziger Jahren. Als Teil der Gang. Und auch im Interview blickt er zurück.

Richie, wann hattest du zum ersten Mal die Idee, ein Buch über dein Leben und vor allem deine Zeit bei den RAMONES zu schreiben?


Ich wurde von vielen Leuten angesprochen, ob ich nicht ein Buch schreiben wolle, um darin meine eigene Geschichte über all die Jahre zu erzählen. Aber erst Lee Sobel, ein Literaturagent, überzeugte mich dann, dass es der richtige Zeitpunkt wäre, dies zu tun. Er brachte mich mit Peter Aaron zusammen, einem Schriftsteller, der mit der Gegend und dem Viertel, in dem ich meine Kindheit verbrachte, sehr vertraut ist, um das Buch mit mir gemeinsam zu verfassen. Der Verlag Backbeat Books sagte dann, dass sie das Buch veröffentlichen wollten, und bot uns einen Vertrag an. Ich dachte und denke noch immer: Wie großartig ist das denn bitte?

Hattest du vor dem Schreiben Kontakt mit anderen ehemaligen Mitgliedern der Band, hast du ihnen von deinem Buch erzählt?

Nein. Alle Bandmitglieder aus der Besetzung, mit der ich in den Achtziger Jahren spielte, waren ja bereits gestorben, als die Idee mit dem Buch vor knapp zwei Jahren konkret wurde. Es lag dementsprechend wirklich nur an mir, eine Entscheidung zu treffen, ob ich mich ans Schreiben begebe oder nicht. Und ich bin wirklich froh, dass ich zugestimmt habe, es zu tun.

Ein wenig provokativ gefragt: Ist dein Buch dein Weg, um der Welt nun offensiv zu zeigen: „Seht her! Ich war ein Ramone und ein vollwertiges Mitglied dieser Band. Seht das endlich ein!“?

Nein. Dieses Buch hatte niemals ein anderes Ziel, als den Menschen einen Blick in mein Privatleben zu geben. Viele Fans wissen nicht viel über meine Karriere, also wollte ich ihnen etwas darüber erzählen, wie ich in New Jersey aufgewachsen bin, Musiker und schließlich eben auch zum Schlagzeuger der RAMONES wurde.

Du erzählst in „I Know Better Now“, dass du nicht mehr mit Joey gesprochen hast, nachdem du die Band von jetzt auf gleich verlassen hattest. Und doch beschreibst du ihn stets als guten Freund. Da stellt sich ja die Frage, die im Buch nicht geklärt wird: Warum hast du ihn nicht einfach angerufen? Ich als Freund würde es so machen.

Nun, Joey fühlte sich verraten, als ich die Band verließ, und ich kann es ihm wirklich nicht verübeln. Aber ich hatte wirklich keine Wahl. Und das Einzige, was ich sagen kann, ist: Die Jahre danach waren eine seltsame Zeit für uns beide – und wir haben eben einfach den Kontakt zueinander verloren. Ich besuchte und sprach aber mit Dee Dee, ehe er starb. Mit ihm hatte ich weiter Kontakt. Doch was Joey angeht, nahm ich am Ende leider nur an seiner Beerdigung teil.

Die Zeit nach den RAMONES wird lediglich im Epilog deines Buches abgehandelt. Warum? Du musst doch viele Geschichten über Tourneen und Treffen mit Fans auf der ganzen Welt zu erzählen haben?

Ganz einfach: Ich dachte wirklich nicht, dass dies so wichtig sei wie meine frühen Jahre. Ich wollte ein Bild von meiner Kindheit malen und wie sich daraus der Schlagzeuger einer der größten Bands aller Zeiten entwickelt hatte.

Dann lass mich eine hypothetische Frage stellen: Wenn alle ursprünglichen Bandmitglieder heute leben würden – glaubst du, die RAMONES hätten sich eines Tages wiedervereinigt?

Nein, definitiv nicht. Johnny hat immer wieder gesagt und betont, dass er nie wieder spielen werde, wenn er in Rente gehe. Ich meine: Das sagt doch alles. Er sprach schon in den Achtziger Jahren davon, sich zurückzuziehen.

Du hast Lieder für die Band geschrieben, das Bekannteste ist „Somebody put something in my drink“. Aber welcher Song ist dein Lieblingsstück der RAMONES?

Für mich ist es unmöglich, einen Lieblingssong auszuwählen. Es gibt einfach zu viele großartige Stücke. Das Einzige, was ich sagen kann: „Havana affair“ ist ein Song, den ich gerne live spiele. Insofern ist er zumindest schon mal in meiner persönlichen Top Ten.

Hast du auch die anderen Bücher über die Band gelesen?

Nein. Das heißt ich habe keines der anderen Bücher wirklich von vorne nach hinten in einem durchgelesen, da ich beim Lesen dazu neige, Seiten zu überspringen.

Trotzdem, welches der bisherigen Bücher schätzt du am meisten?

Meine beiden Favoriten sind ganz klar „I Slept With Joey Ramone“, von Joeys Bruder Mickey Leigh, und das von Tourmanager Monte Melnick, „Auf Tour mit den Ramones“. Diese beiden sind wirklich gut.

Was macht nun dein eigenes Buch zu einem herausragenden in dieser Reihe?

Nun, ich sehe es eher so: Jeder wird seine eigene Meinung haben, welches Buch das beste oder interessanteste ist. Dieses Buch ist einfach meine Geschichte. Und die kannst du interessant finden oder nicht. Ich habe schlichtweg keine Kontrolle darüber.

Was auffällig ist: Du erwähnst CJ, den letzten Bassisten der Band, im Buch, als er mit dir beim alljährlichen Joey-Ramone-Birthday-Bash auftritt. Aber: Du grüßt oder dankst ihm nicht in den Linernotes. Warum?

Es mag sich seltsam anhören, aber ich habe CJ erst kürzlich wirklich kennen gelernt. Deswegen. Im vergangenen Jahr haben wir uns ein paar Mal gesehen – und ich habe mich sehr darüber gefreut. Er ist ein großartiger Musiker, ein toller Familienvater und einfach ein rundum netter Kerl. Wir haben viele ähnliche Geschichten zu erzählen. Und ich sage deutlich: Ich hoffe, dass wir in Zukunft mehr gemeinsame Projekte auf die Beine stellen können.

Welche Verbindung oder Beziehung hast du zu Marky als deinem Vorgänger und Nachfolger am Schlagzeug?

Wer ist Marky?

Und: Wer war der beste Schlagzeuger in der RAMONES-Geschichte?

Niemand war in irgendeiner Weise der Beste. Wir –Tommy, Marky und ich – waren alle anders.