RANDY

Foto

Sie kommen aus Schweden und sie machen Rock’n’Roll. Das ist soweit nicht weiter spektakulär. Doch RANDY sind anders, schließlich waren sie früher mal das Aushängeschild für Turbo-Punk. Mit dem vorletzten Album „You Can’t Keep A Good Band Down“ kam dann die Wende, hin zu wesentlich rockigeren Strukturen. Diese Linie wurde mit dem neuesten Werk „The Human Atom Bombs“ konsequent weiterverfolgt. Und während die HIVES hochgelobt werden, müssen die politisch motivierten RANDY unverdienterweise noch auf den Durchbruch warten.
Mit Gitarrist und dritter Stimme Johan Brändström, der etwas zurückhaltend wirkt und sich in knappen Antworten übt – Vielleicht fühlt er sich unter den ganzen Ami-Bands als Schwede etwas einsam? – sitze ich bei schönstem Wetter auf einer Wiese hinter der Philipshalle. Die Vier sind gerade auf der Deconstruction-Tour unterwegs, wo sich das Quartett spielfreudig und munter zeigte. Gerade mal zwei ältere Songs wurden präsentiert, ansonsten gab es nur Material der letzten beiden Alben zu hören. Tanzbare Rock’n’Roll-Kracher am laufenden Band. Die Menge dankte es der Band mit ausgelassenen Hüftschwüngen. Das einzige, was den Jungs jetzt noch fehlt, sind schicke Anzüge und ein Majorvertrag – denn hätten sie den in der Tasche, könnten sie bald vielleicht tatsächlich als Alternative zu den HIVES die Welt erobern.

Bevor wir uns in die Gegenwart begeben, würde ich gerne wissen, ob ihr früher versucht habt, die schnellste Punkrock-Band auf Erden zu sein?


Johan: Ich denke schon. Als wir das ‘The Rest Is Silence’-Album aufgenommen haben, hörten wir eine Menge ANTHRAX, PROPAGANDHI usw.

Und ihr habt mit Hans Gefvert von SATOR zusammengearbeitet.

Johan: Ja, er hatte ein Studio in Götheborg. Aber ehrlich gesagt hat er uns noch nicht mal produziert. Er hing einfach herum und erzählte schlechte Witze.

Dafür habt ihr dann ja selber ein Studio gebaut, nämlich das von Pelle Gunnerfeldt von FIRESIDE.

Johan: Ja, er ist sogar mit uns auf dieser Tour und sorgt dafür, dass unser Bühnensound anständig ist. Also, auch wenn wir mitgeholfen haben, das Studio zu aufzubauen, ist es doch ganz allein seins. Wir kennen ihn schon sehr lange. 1992 haben wir die Band gegründet, Pelle kennen wir aber schon seit etwa 15 Jahren. Er wohnte schließlich in der Nachbarstadt. Wir kommen aus Nord-Schweden und dort gab es eine ganze Menge Bands, die es lohnte, sich anzusehen und natürlich spielten auch wir fast jedes Wochenende irgendwo. Irgendwann entschieden wir uns, nach Stockholm zu ziehen, wo Pelle später sein Studio errichtete.

Wie ja unschwer zu vernehmen ist, hat sich euer Sound grundlegend verändert. War der Umzug nach Stockholm ausschlaggebend dafür?

Johan: Nein eigentlich nicht.Ich würde uns auch nicht zu irgendeiner Stockholm-Szene zählen. Es waren andere Faktoren, die auf unseren Sound Einfluss nahmen. Hauptsächlich wohl die sich verändernden Hörgewohnheiten.

Little Richard?

Johan: Ja, genau. Als wir unser letztes Album ‘The Human Atom Bombs’ aufnahmen, haben wir viel Little Richard gehört, außerdem New-Orleans-Kram oder Professor Longhair, ein fantastischer Pianist. Aber wer weiß, vielleicht machen wir auf dem nächsten Album schon wieder was ganz anderes.

Was gibt es zu eurer neuen „Cheater“-EP zu sagen?

Johan: Nun ja, das sind ein paar Überbleibsel aus den „Human-Atombombs“-Aufnahme-Sessions. Dazu haben wir „Addicts Of Communication“ von unserem aktuellen Album gepackt und zwei B-Seiten von der ‘I Don’t Need No Love’-Single. Wir haben die drei ‘neuen’ Songs in Midcan in Kanada aufgenommen, als wir mit PROPAGANDHI dort und in den USA auf Tour waren. Tja, und dann passierte die Sache mit dem 11. September und wir mussten zehn Tage pausieren. Also nisteten wir uns bei der Band in Winnipeg ein. Die Jungs waren wirklich sehr nett zu uns.

Und was war das für eine Situation mit PROPAGANDHI in Kanada festzusitzen, während die USA den Notstand ausruft?

Johan: Die USA machten erst mal komplett dicht für etwa eine Woche, alle Shows wurden gecancelt und wir bemühten uns, so schnell wie möglich über die Grenze zurück nach Kanada zu kommen. Was da passiert ist war jetzt kein totales Problem für uns alle, schließlich sind PROPAGANDHI sowieso eine anti-amerikanische Band. Aber es war durchaus interessant. Eine seltsame Situation, vor Ort zu sein, als das passierte, es war eine Kriegs-Situation. Die Leute feilschten um Benzin, die Apotheken wurden leergekauft, in allen Tageszeitungen wurde lauter Propaganda-Kram publiziert, genauso liefen nur effekthascherische Meldungen im Fernsehen. Wir wussten die Wahrheit von den bisweilen übertriebenen Nachrichten nicht mehr zu unterscheiden. Also haben wir uns übers Internet mit Infos von der Homepage des schwedischen Staatsfernsehens versorgt. Es war schon eine sehr merkwürdige Situation, in der wir uns da befanden. Hinzu kamen noch die beschissenen Reden von George Bush, ich musste fast kotzen, als ich das sah und hörte. Ein seltsames Land!

Wie kommt es eigentlich, dass ihr noch nie mit politischen Aussagen gespart habt und nicht, wie es für so viele Melody-Punkbands üblich ist, alberne Party- und Tralala-Texte zu verfassen?

Johan: Keine Ahnung, das weiß ich nicht so genau. Wir waren schon immer auf eine gewisse Weise politisch bewusst. Ich denke, dass ich so erzogen worden bin. Ich habe schon immer viel mit meinen Eltern und auch Großeltern über Politik und Parteien diskutiert. Die linken, sozialistischen Lyrics gehören einfach zu RANDY dazu. Aber natürlich haben wir ja auch eine Menge Songs, in denen wir nicht über Politik singen.

Wo kommt eigentlich der zugegebenermaßen nicht gerade einfallsreiche Bandname her?

Johan: Keine Ahnung.Das ist einfach nur ein Name – und das stimmt, es ist kein wirklich guter. Doch jetzt ist es zu spät, ihn zu ändern. Wir haben ihn damals, sofern ich mich daran erinnern kann, einfach aus einem Lexikon getippt. Wir fanden die Bedeutung des Namens ganz gut.

Was bedeutet er denn?


Johan: Er hat eine ganze Menge verschiedener Bedeutungen.

Welche zum Beispiel?

Johan: Äh, hmm, mir will jetzt auch keine einfallen. Vergiss es, es ist ein scheiß Name.

Was macht ihr wenn ihr nicht probt oder auf Tour seid?

Johan: Ich muss zugeben, dass wir nie proben, dafür sind wir fast immer auf Tour. Wenn wir zu Hause sind, arbeiten wir. Unser Drummer Fredrik arbeitet im Theater, Bassist Johan arbeitet bei Pelle im Studio und ich arbeite gelegentlich für einen Lieferservice. Ich werde immer rastlos, wenn ich nichts zu tun habe. Ich arbeite nicht fürs Geld, sondern weil ich es nicht ausstehen kann, zu Hause rumzuhängen.

Bist du mit deinen 26 Jahren das jüngste Bandmitglied?

Johan: Ja, die anderen sind aber nicht viel älter. Ich war also 15, als ich anfing Musik zu machen.

Die schönste Zeile, die mir in einem RANDY-Song, nämlich in „Randy I Don’t Need You“, zu Ohren gekommen ist, ist diese: „Diese T-Shirt ist ja mein du capitalistische Schwein“. Was hat es damit auf sich?


Johan: Das ist ganz schön lange her, als ich den Song geschrieben habe. Er handelt von einem Typen, dem wir auf einem Konzert in Deutschland begegnet sind. Er beschwerte sich, dass wir zu teure T-Shirts haben. Wir versuchten ihm zu erklären, dass es nicht immer ganz günstig ist zu touren. Davon abgesehen waren unsere Shirts billiger als die der anderen Bands. Er war auf jeden Fall sauer, rastete aus und schrie wirres Zeug. Wir sollten ihm das Shirt billiger verkaufen und wir wären kapitalistische Arschlöcher. Dann schnappte er sich eines und rannte damit weg.