RAISED FIST

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Emo redefined

Während sich weltweit ein Metalcore-Trend entwickelt, der stets mehr mediokre Bands an die Oberfläche spült, die von vielen Medien aufgegriffen und als das neue, aggressive Ding dargestellt werden, finden die wirklich aggressiven und deswegen guten Metal- beziehungsweise Hardcore-Alben kaum mediale Beachtung. Nicht, dass ich sagen will, dass eine Band wie RAISED FIST allgegenwärtig in den Medien sein sollte, über etwas mehr Zuspruch würde ich mich aber freuen. Denn "Sound Of The Republic", das neue Album des Quintetts aus Lulea, Schweden, stellt 90 Prozent aller derzeitigen Metalcore-Releases als nichts sagende und ausgelutschte Veröffentlichungen bloß. RAISED FIST vereinen in zwölf Songs Hardcore, Metal und etwas Punk einmal mehr zu ihrem sehr eigenen Sound, den man nur schwer beschreiben kann. Er hat etwas von der Nervosität früher NEUROSIS, genauso fließen in ihn aber geradlinige Elemente à la GORILLA BISCUITS ein. Dazu kommt ein starker Metal-Einfluss und eine seit drei Alben perfekte Produktion, die die Musik der Band zu einem aggressiven, klar klingenden und dennoch schwer definierbaren Soundwall macht. "Sound Of The Republic" zeigt sogar einige neue Elemente im Sound der Band: man hört einige gesungene Passagen, die sich als gelungene Ergänzungen der Schrei-Stimme von Sänger Alle entpuppen, und sehr viel aggressivere Schlagzeugparts, eingespielt vom erstmals auf diesem Album zu hörenden, neuen RAISED FIST-Drummer Marco Modin - übrigens zeitgleich auch bei DARK FUNERAL und DEFLESHED tätig. Dass man die wenigen Touren der Band nutzen sollte, um sie zu interviewen, liegt auf der Hand. Nach ihrer sehr guten Show auf dem Groezrock-Festival stand Bassist Josse Rede und Antwort.


Josse, warum habt ihr so verdammt lange gebraucht, um ein neues Album zu machen?


Der Grund dafür, dass dreieinhalb Jahre zwischen "Dedication" und "Sound Of The Republic" verstrichen sind, ist, dass wir alle viel Zeit für Dinge brauchten, die nichts mit RAISED FIST zu tun haben. Die Band ist uns sehr wichtig, versteh mich da nicht falsch, ich bin aber beispielsweise Vater und will daher Zeit mit meinen Kindern verbringen. Aber auch die restlichen Bandmitglieder möchten andere Dinge tun, als sich rund um die Uhr mit RAISED FIST zu beschäftigen. Daher nahmen wir uns nach der Tour zu "Dedication" eine Menge Zeit, relaxten, taten dieses und jenes. In dieser Zeit, also zwischen Herbst 2002 und Frühjahr 2006, haben wir es mit RAISED FIST ruhig angehen lassen, haben ein paar Songs geschrieben, wenige Shows gespielt, uns mit dem Schreiben einer neuen Platte aber nicht stressen lassen. Diese Ruhe hat dem Album in meinen Augen sehr gut getan, denn sie führte dazu, dass wir ungehetzt in sehr gutes Album entstehen lassen konnten.

War euch bei der Arbeit an dem Album irgendetwas besonders wichtig?

Wenn ich jetzt ja sage, dann kann man das auch als nein auslegen. Das liegt daran, dass wir so gearbeitet haben, wie immer. "Sound Of The Republic" sollte ein Album werden, mit dessen Songs wir uns 150 Prozent wohl fühlen. Egal, ob sich dies auf das Livespielen oder Hören der Stücke bezieht. Aber weil uns das aber seit je her wichtig war, hat sich an unserer Arbeitsweise faktisch fast nichts verändert. Dennoch hat sich unser Style entwickelt.

Was ist denn "euer Style" und wie hat er sich in deinen Augen entwickelt?

Den ersten Fragenteil kann ich dir nur mit "RAISED FIST-Style" beantworten, nicht aber mit der Nennung von allgemein bekannten Musikgenres. Denn Metal, Hardcore und Punk stecken alle in unserem Sound, wir vermischen sie aber auf unsere Weise. Mir ist wichtig zu betonen, dass unsere Musik gerade durch ihre Härte viele Emotionen transportiert. Was die Definition unseres Musikstils aber weiterhin schwer macht, ist, dass "Sound Of The Republic" unseren Style auf ein neues Level hebt, um auf deinen zweiten Fragenteil zu sprechen zu kommen. Die gesungenen Passagen sowie die sehr guten Drumparts haben zur Weiterentwicklung unserer Musik beigetragen, was mich sehr froh macht. Alle Veränderungen entstanden ganz natürlich, weil wir das Bedürfnis hatten, die Songs so zu schreiben und nicht, weil jemand uns dazu riet. Dies ist ein weiteres wichtiges Charakteristikum dieser Band: Wir sind unabhängig, keiner redet uns rein. Auch deswegen bin ich sehr stolz auf das Album, es ist wirklich unsere Arbeit und nicht das kreative Produkt irgendeines Managers. Wenn die Leute es mögen, cool, wenn nicht, dann macht uns das nicht traurig. Letztlich ist diese Band unsere Band und was wir machen, das machen wir für uns, und sehen uns dabei unabhängig von allen in uns gesetzten Erwartungen.

Ist es wichtig, mit einem Independentlabel zusammen zu arbeiten und so eine Indie-Ethik zu vertreten?

Ja, ich glaube schon. Ich sage "ich glaube", weil wir noch nie darüber nachgedacht haben, Burning Heart zu verlassen, weil das Label dieser Band sehr viel gegeben hat. Und das weiß ich sehr zu schätzen, denn es ist nicht immer leicht, mit RAISED FIST zu arbeiten.

Warum?

Weil wir viele Dinge, die eine Band eigentlich machen sollte, um bekannter zu werden, nicht machen. Beispielsweise waren wir während der ersten sieben Jahre des Bandexistenz nicht auf Tour. Burning Heart wollten, dass wir touren, wir aber nicht. Das ist aber nur ein Beispiel, wir verweigern uns dauernd irgendwelchen Dingen. Burning Heart stehen trotzdem hinter uns, deswegen ist es uns wichtig, dem Label treu zu bleiben. Die Band ist eben immer noch so etwas wie ein Hobby.

Machst du Witze? Ich meine für ein Hobby seid ihr recht weit gekommen.

Es gibt mehrere Gründe, warum wir alle RAISED FIST als ein Hobbyprojekt ansehen, dem sehr viel Raum in unseren Leben gegeben wird. Einerseits brauchen wir alle Zeit, um Dinge zu tun, die nichts mit RAISED FIST zu tun haben. Andererseits wollen wir nicht verkrampft daran arbeiten, dass RAISED FIST bekannter wird, was wir tun könnten, indem wir mehr touren und die Promotion intensivieren würden. Ich möchte aber betonen, dass diese Einstellung nicht auf Kosten unserer Fans gehen soll. Wir versuchen, trotz der Grenze, die wir der Band in unserem Leben ziehen, neue Dinge zu tun und der Band somit etwas mehr Raum in unseren Leben zu geben als zuvor. Beispielsweise werden wir im Sommer oder Herbst in Australien touren, weil wir viele Fans dort haben. Sie sollen nicht ausgespart werden, deswegen können wir nicht krampfhaft an einem Zeitbudget X festhalten, das den für die Band nötigen Zeitaufwand nicht überschreiten darf. Trotzdem: Wir leben nicht nur für die Musik, sie ist zwar einer der wichtigsten Teile unseres Lebens. Aber für uns gibt es auch andere Dinge.

Gibt es etwas, für das RAISED FIST stehen?

Wir sind keine politische Band, jedoch politische Menschen, die ihre Meinung zu gewissen Dingen klar äußern, wenn sie gefragt werden. Insgesamt stehen RAISED FIST dafür, dass man jeden Mitmenschen respektvoll behandeln sollte. Unsere Texte sind wesentlich davon beeinflusst, was uns und unseren Texte schreibenden Sänger Alle im Moment des Songschreibens anpisst.