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Roboterliebe

Noch mehr Vielfalt, noch mehr Melodien: Mit „The Unraveling Of Puptheband“ haben die Kanadier PUP sich noch einmal selbst übertroffen. Nicht ganz unschuldig daran war auch die Pandemie, wie PUP-Gitarrist Steve Sladkowski verrät.

Herzlichen Glückwunsch zum neuen Album, ich finde, es ist vermutlich das ausgereifteste PUP-Album bis dato. Mit als Erstes ist mir aufgefallen, dass ihr die musikalische Vielfalt deutlich erweitert habt. Dazu gehören zum Beispiel ein Klavier und Blasinstrumente. Wie ist es dazu gekommen?

Danke! Als wir das neue Album schrieben und Demos aufnahmen, wurde uns schnell klar, dass wir kein „Morbid Stuff Part II“ machen wollten. Und als wir das erkannt haben, fiel es uns leicht, andere Sounds und Instrumente – Synthesizer, Klavier, Drumcomputer, MIDI und Hörner – in die Songs zu integrieren. Sogar viel einfacher, als wenn wir uns dazu entschieden hätten, auf unsere alte Art weiter zu schreiben.

Das Album beginnt mit einer Art Klavierballade und einige Zeilen lauten: „And all your friends, they hate my guts / They listen only Noise Punk or nothing.“ Ich glaube, jeder kennt solche Leute mit einem sehr eindimensionalen Musikgeschmack. Wie wichtig ist euch Weiterentwicklung in der Musik?
Wir gehen beim Schreiben von Musik nicht gerne den einfachen oder sicheren Weg, daher war die Erweiterung der Klangpalette ein sehr wichtiger Schritt, um unsere Songs in eine andere Richtung zu lenken. Wir gehen lieber Risiken ein und laden unsere Fans ein, mit uns auf diese Reise zu gehen, anstatt immer wieder die gleiche alte Platte aufzunehmen. Das ist uns zu langweilig!

Gibt es ein Musikgenre, das ihr eigentlich gerne einmal ausprobieren würdet, euch aber nicht traut?
Wir wären mit Sicherheit alle großartige Operndarsteller, wenn uns nur jemand eine Chance geben würde.

Ihr habt das Album mit Peter Katis aufgenommen. Wie kam der Kontakt zustande?
Wir haben Peters Arbeit mit THE NATIONAL, INTERPOL und vielen anderen Bands lange Zeit bewundert. Auf allen Platten, die wir gehört haben, hat er wirklich interessante Sounds und kreative Ideen herausgekitzelt. Und als wir uns entschieden hatten, mit einem anderen Produzenten zusammenzuarbeiten, hat unser Manager uns geholfen, den Kontakt zu Peter herzustellen. Es gab eine Videokonferenz und das entpuppte sich als ein sehr inspirierendes Gespräch. Von da an beschlossen wir vier, nach Connecticut zu fahren, um das Album so schnell wie möglich zu machen.

Die Aufnahmen dauerten fünf Wochen. Was eine ziemlich lange Zeit ist, zumindest für ein PUP-Album ... Würdest du sagen, dass das neue Album ohne die Pandemie genauso geworden wäre?
Wahrscheinlich nicht. Wir waren im März 2020 gerade auf Tour, als die Pandemie alles zum Erliegen brachte. Als wir nach Toronto zurückkehrten, hatten wir plötzlich viel Zeit zur Verfügung – alles war abgeriegelt und die Leute verließen ihre Häuser nur, um Lebensmittel zu kaufen, wie es in diesen frühen Tagen überall der Fall war – also trösteten wir uns mit dem Versuch, per E-Mail an neuer Musik zu arbeiten. Das war der Beginn unseres Ausprobierens von neuen Sounds und Produktionsideen. Als die Maßnahmen etwas gelockert waren und wir anfangen konnten, mit Maske zu proben, waren wir immer noch daran interessiert, mit Drumcomputern und Keyboards zu experimentieren. Also beschlossen wir, diesen Weg fortzusetzen.

„Robot writes a love song“ handelt von einem Roboter, der mit menschlichen Emotionen kämpft. Wie kommt man auf solche Themen?
Stefan brachte diesen Song fast komplett fertig geschrieben mit. Er sagte, dass er ein zärtliches und ernstes Liebeslied schreiben wollte – als Herausforderung für sich selbst –, aber jedes Mal, wenn er es versuchte, würde er klingen wie ein Roboter. Aus diesem Grund interpretierte er das Lied aus der Perspektive eines Roboters neu. So hat er dann die aufkeimende Kitschigkeit umgangen.

Das dazugehörige Video scheint mit viel Aufwand produziert worden zu sein. Kannst du mir etwas über die Produktion erzählen?
Unser Freund Whitey hatte die Idee. Er ist ein großartiger Regisseur, der zuvor mit Spike Jonze gearbeitet und auch schon großartige Musikvideos gemacht hat. Wir sind schon seit geraumer Zeit Fans seiner Arbeit und fanden, dass er ein perfektes Konzept für den Song hatte. Er filmte unsere Köpfe aus mehreren Winkeln gleichzeitig – beide Seiten im Profil und geradeaus – und manipulierte die Bildrate der Kamera und die Perspektive des resultierenden Filmmaterials, um daraus iPad-Robotergesichter zu erstellen. Wir waren uns nicht wirklich sicher, wovon zum Teufel er sprach, als er uns die Idee erklärte, aber dann stellte es sich als wirklich großartig heraus.

Eure Videos sind in den meisten Fällen sehr originell. Sind das immer eure Ideen? Oder gebt ihr die Songs in die Hände anderer und schaut, was passiert?
Es ist ein bisschen von beidem. Manchmal sind wir vom Konzept bis zur Ausführung sehr involviert, wie etwa, als wir gemeinsam mit unserem guten Freund Jeremy Schaulin-Rioux an den Clips für „Guilt trip“ oder „Kids“ oder „Free at last“ arbeiteten. Wir haben das Ganze aber auch schon in fremde Hände gegeben, wie jetzt Whitey. Aber das Wichtigste ist, dass wir mit Leuten zusammenarbeiten, die Lust darauf haben!

Der letzte Song auf dem Album heißt „PUPTHEBAND Inc. is filing for bankruptcy“. Worum geht es dabei?
Es geht darum, einen humorvollen Umgang mit der absurden Situation zu finden, in der wir uns derzeit befinden. In vielerlei Hinsicht war es noch nie so schwierig, als Musiker seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Auch wenn das Touren wieder anfängt, haben die letzten Jahre praktisch die Lebensgrundlagen unzähliger Menschen zerstört, ohne dass irgendeine Hilfe von Regierungsseite kam. Dabei geht es nicht nur um die Musiker, sondern auch um Crew- und Veranstaltungspersonal, Clubbesitzer, Festivals, Booking-Agenturen, wirklich die gesamte Branche mit Ausnahme von Streamingplattformen. Im Grunde haben wir ohnehin immer geglaubt, dass dieser Job jederzeit wegfallen könnte, ob Pandemie oder nicht. Es ist eine seltsame Branche, die oft die jugendliche Naivität von Künstlern ausnutzt, die es einfach nicht besser wissen. Sich jetzt ein bisschen älter, ein bisschen klüger und irgendwie als Besitzer von PUPTHEBAND, Inc. wiederzufinden, fühlt sich immer noch nicht angenehm an. Und der einzige Weg, wie wir mit diesem Unbehagen umgehen können, ist, uns darüber lustig zu machen.

Viele PUP-Songs handeln von kleineren oder größeren persönlichen Katastrophen oder Misserfolgen. Dem setzt ihr aber die eingängigsten Singalongs entgegen. Könntet ihr euch vorstellen, auch ganz ruhige Lieder und traurige Melodien zu schreiben?
Absolut nicht.

Welche Alben anderer Künstler haben dir durch die Pandemie geholfen und warum?
Für mich war es wunderbar, inmitten der ganzen Pandemie-Situation wieder in meine Vinylsammlung einzutauchen. Ich habe zu Hause weit über 700 LPs – viele habe ich übrigens wegen der tollen Plattenläden unterwegs in Deutschland gekauft! Also habe ich alles durchforstet, von John Coltrane und Joni Mitchell bis hin zu Phoebe Bridgers und Philip Glass. Das ganze Ritual, das Betrachten der Plattenhülle und das Lesen der Linernotes, das Umdrehen der Seiten des Vinyls, das Wegpinseln des Staubs – all das war während der langen Tage des Lockdowns ein wahrer Genuss.

Ihr seid quasi eine „Live-Band“. Wie war es für euch, so lange kein Konzert zu spielen? Habt ihr nach so langer Zeit Angst vor den ersten Shows?
Es war definitiv die längste Pause, die wir je als Band gemacht haben. Wir sind aufgeregt und nervös, wieder vor Leuten aufzutreten, und wir haben keine Ahnung, wie es sein wird. Alles, was wir wissen, ist, dass wir noch mehr Energie als sonst aufbringen werden, und wir hoffen, dass das Publikum genauso ausflippen will.