Dass man guten Irish-Folk-Punk nicht nur in Irland oder Boston machen kann, sondern durchaus auch im Großraum Duisburg/Düsseldorf, beweisen THE PORTERS mit ihrem neuen Album "Anywhere But Home", das jüngst auf Knock Out erschienen ist. Wie sehr mich diese Platte umgehauen hat, habe ich ja bereits in meiner Rezension ausgeführt. Songwriting und Gesang suchen - zumindest in diesem Land - ihresgleichen, ganz zu schweigen davon, dass auch nicht gerade jede zweite hiesige Punkband mit Akkordeon, Mandoline und Tin Whistle aufwarten kann.
Zum Erscheinen des Albums gab es natürlich auch eine standesgemäße Record-Release-Party, die sich nicht nur anbot, mich von den Live-Qualitäten der Band zu überzeugen sondern auch für ein Interview, bei dem mir unter anderem Martin (Gitarre), Volker (Gesang, Gitarre), Judy (Bass) und The Nurk (Mandoline) einige Fragen beantworteten. Leider setzte der im Rahmen dieser Veranstaltung verfügbare Alkohol die investigative Journalistin in mir für just diesen Abend nahezu außer Gefecht, doch aus unerfindlichen Gründen ließ sich ein erstaunlich hoher Informationsgehalt aus der Aufnahme extrahieren. Ach, und eine total leckere PORTERS-Torte gab es auch noch Backstage ...
Warum habt ihr euch seit eurem Debüt "A Tribute To Arthur Guiness" so viel Zeit gelassen mit einem Nachfolger? Ihr seid nach wie vor noch teilweise in anderen Bands aktiv, oder?
Martin: Na ja, mittlerweile nicht mehr. Jetzt sind wir eine feste Band. Ich spiele heute Gitarre bei den PORTERS, hab aber mal Bass gespielt. Volker, der hat schon immer Gitarre gespielt bei den PORTERS. Aber das mit dem Singen ist neu beim ihm.
The Nurk: Martin hat früher bei SONDASCHULE und EMSCHERKURVE 77 gespielt, Volker war bei 4 PROMILLE, Judy war früher bei CURLEE WURLEE und ich war bei COLT .45, Christian auch. Christian spielt jetzt aber nur noch bei den BROILERS.
Volker, du singst nicht nur neuerdings, du schreibst, soweit ich weiß, auch die Texte, oder?
Volker: Ja, vom neuen Album habe ich eigentlich fast alle geschrieben.
Was inspiriert dich denn zu den Texten? Wenn man aus dem Ruhrgebiet kommt, oder meinetwegen aus Nordrhein-Westfalen generell, hat man ja nicht automatisch dieses Irland-Feeling, oder?
Martin: Das siehst du falsch. Im Ruhrgebiet ist Irland auf jeden Fall sehr nah.
Judy: Ja, drei Zechen hier hat ein Ire gegründet. Wie hieß der noch mal ...?
Martin: William Thomas Mulvany, der hat die ersten Zechen hier errichtet nach dem heutigen Baumuster, wie man das von den Zechen hier kennt und wie sie fast jeder dritte Skinhead hier am Hals tätowiert hat.
Judy: Der hat das Potenzial hier erkannt und alles so aufgebaut. Ich arbeite heute noch da, wo er früher sein Haus hatte, auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Shamrock. Da ist jetzt die Hauptverwaltung von der Deutschen Steinkohle AG, da geh ich jeden morgen dran vorbei.
Martin: Okay, aber ich muss ehrlich gestehen, das wussten wir vorher auch nicht. Volker kam halt auf die Idee, diese Musik mit uns zu machen.
In dem Review zu "Anywhere But Home" habe ich geschrieben, dass mich deine Stimme an eine Mischung aus Shane McGowan und Mike Ness erinnert. Würdest du mir da zustimmen? Ist das Absicht?
Volker: Ja, in die Richtung geht das schon. Das sind eben meine beiden Lieblingsbands: THE POGUES und SOCIAL DISTORTION. Auch vom Songwriting her orientiere ich mich am meisten daran.
Welche Bands, die nicht aus dem Bereich Irish-Folk kommen - und gleichzeitig nicht SOCIAL DISTORTION sind - beeinflussen euch denn so?
The Nurk: Ich suche hier sowieso nur eine Band, wo ich Mandoline spielen kann, ansonsten interessiert mich das gar nicht. Mit dem ganzen Irish-Folk-Zeug hab ich eigentlich nix am Hut.
Judy: Bei mir kam das dadurch, dass ich mit Martin zusammen bin. Irgendwann wurde die Stelle des Bassisten frei und ich meinte einfach: "Och, das kann ich doch machen." Eigentlich war das nie so hundertprozentig mein Ding mit dem Folk, aber mir gefällt gerade bei den PORTERS, dass da das Punk-Element noch sehr stark mit drin ist. Und eben diese unschlagbaren Hits, die der Volker schreibt, mit diesen super Melodien drin. Ich komme eher so aus der 60s-Ecke, alles was es da gibt: Northern Soul, Rocksteady, Ska, Garage ... so was, oder eben auch Punkrock. Nur bei den PORTERS gefällt es mir halt super-gut, dass dieses Folk-Element nicht zu stark ausgeprägt ist - Nurk, deine Mandoline ist natürlich himmlisch, ich liebe sie.
Volker, ich muss doch noch mal was zu 4 PROMILLE fragen. Die haben sich ja vor kurzem aufgelöst, und auf der Knock-Out-Seite hieß es, weil zwei Mitglieder ausgestiegen seien, gäbe es die Band, nun, zumindest in der Form, nicht mehr. Das warst dann demnach du ...?
Volker: ... und Melly.
Hat das irgendwas damit zu tun, dass du jetzt bei den PORTERS mehr involviert bist?
Volker: Nee, das hat damit nichts zu tun. Ich hatte schon vorher keine Lust mehr, das zieht sich bei mir schon seit Jahren hin. Das hat mir auch von der Musik her nicht mehr gefallen. Aber weil ich die Leute schon seit zehn Jahren kenne und wir sozusagen eine Familie sind, hab ich dann noch weitergemacht.
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