Albern war Name eigentlich schon vor 24 Jahren, als Carsten und Lars in einer Schülerband begannen, Songs von DIE ÄRZTE und DIE TOTEN HOSEN zu covern. Kurze Zeit später wurde daraus eine Deutschpunk-Institution – nicht nur des Namens wegen. Inzwischen sind nur noch die beiden Gründungsmitglieder übrig; verstärkt werden sie durch Pöppel am Bass. „Wenn der Wind sich dreht“ heißt das im September erschienene achte Studioalbum. Damit haben die Trierer zwar nichts neues, aber eine weitere Packung ihres schlicht nach vorne gehenden, druckvollen Punkrocks abgeliefert. Und 24 Jahre Bandgeschichte sind auch eine zu lange Zeit, um sich umzutaufen oder neu zu erfinden. Da gibt es wichtigere Dinge. Welche Dinge das sind, erklärten das sympathische Trio uns kurz vor ihrem Auftritt im Düsseldorfer Tube.
Regelmäßig unregelmäßig veröffentlicht ihr nun schon seit 24 Jahren Jahren Tonträger. Wie kommt es zu dieser Unregelmäßigkeit?
Lars: In der ersten Zeit haben wir fast jährlich zumindest eine Single oder Split-7“ herausgebracht. Irgendwann ist dann ja Felge ausgestiegen, der durch Pöppel am Bass ersetzt wurde. Dazu kamen auch musikalische Umbruchphasen. Zum einen kamen wir ab von dem üblichen stumpfen Knüppelpunk und wir haben auch mal versucht, Texte auf Englisch zu verfassen. Das war die Zeit, als wir die „No Compromise“-CD mit Patti Pattex von SCATTERGUN aufgenommen haben. Danach hat es eben etwas gedauert, bis man wieder in den Fluss reinkam.
Gibt es bestimmte Anlässe oder Situationen, in denen ihr Songs schreibt oder eine Pause einlegt?
Carsten: Generell ist es so, dass wir eigentlich immer Musik auf Lager haben. Allein von den letzten Proberaumsessions haben wir schon wieder genug Material für ein neues Album. Die Texte entstehen immer so zwischendurch und werden nicht auf die Songs zugeschnitten.
Lars: Inhaltlich geht es, was man unseren Texten schon entnehmen kann, um das tagesaktuelle Geschehen und um das, was einen momentan daran ankotzt.
Und welche Themen werden eurer Meinung nach in diesem Zusammenhang vernachlässigt?
Lars: Einfach gesagt, ohne da jetzt einen großen Vortrag halten zu wollen und zu können, ist es die soziale Ungerechtigkeit, die hier bis zum Himmel stinkt. Das Thema sollte eigentlich immer präsent sein. Wer welche Rolle wie in Europa einnimmt, und welche Rolle dieser Staatenbund selbst einnimmt, ist mir zur Zeit auch zu unklar. Genauso unklar ist mir, warum wir mit Auslandseinsätzen der Bundeswehr mit Feuer am Pulverfass im Nahen Osten zündeln. Dazu sollte jeder ständig seine Meinung sagen.
Carsten: Genauso ist es: Es gibt immer genug zu sagen. Auch wenn die Entstehung des Albums über ein Jahr gedauert hat, sind die Texte aktuell wie eh und je.
Nächstes Jahr sind es 25 Jahre POPPERKLOPPER. Kommt da noch ein Geburtstagsgeschenk?
Carsten: Was wir machen, wissen wir noch nicht, zumindest ein Jubiläumskonzert bei uns in Trier im Exhaus wird es aber mit Sicherheit geben.
Wo auch sonst – schließlich seid ihr dort ja quasi lebendes Inventar.
Lars: Richtig, wir haben einfach einen guten Draht zum Chef des Kulturbüros. Mit dem kriegen wir immer gut etwas auf die Beine gestellt. Zum zwanzigjährigen Jubiläum hatten wir beide Konzerträume angemietet und über 800 Gäste dort, die mit uns gefeiert haben. Beim Battle of the Bands konnten die Bands abwechselnd spielen und die Gäste alle Acts sehen. Außer dem Tommy-Haus in Berlin gibt es auch keinen Ort, an dem wir öfter gespielt haben. Heimspiel eben.
Carsten: Aus daraus gewachsener Verbundenheit unterstützt man sich gegenseitig.
Ihr probt in Trier im Ludger-Kern-Haus, einem Bunker, in dem etliche Proberäume angesiedelt sind, die mehr oder weniger selbstverwaltet sind. Was können sich Kulturschaffende davon abgucken?
Lars: Die Verwaltung der Proberäume im Ludger-Kern-Haus, dem sogenannten Bunker, läuft auch über das Exhaus. Angestoßen wurde der Umbau des Bunkers zu einem Proberaumzentrum von einem Musiker aus Trier.
Pöppel: Das Exhaus selbst ist ein ehemaliges Herrenhaus mit schöner, großer Treppe und allem Pipapo. Jahrelang wurde es echt autonom verwaltet, bis irgendwann die Stadt Trier finanziell mit eingestiegen ist. Organisiert und koordiniert wird das Geschehen im Ludger-Kern-Haus jetzt also vom Kulturbüro der Stadt Trier, aber wir können ganz gut miteinander.
Carsten: Wir waren aber auch nicht immer in Trier. Als ich in Bonn gewohnt habe, haben wir zum Beispiel in Bonn geprobt, zwischenzeitlich in der Eifel und seit sechs Jahren wieder in Trier.
Pöppel: Ich komme aus Bonn, die anderen beiden aus Trier, da überlegt man sich sowieso dreimal, ob man denn jetzt proben möchte oder nicht, schließlich muss man jedes Mal 170 Kilometer fahren – hin und zurück.
Um die lange Zeit von 24 Jahren durchzuhalten, braucht man sicherlich auch starke Unterstützer in den eigenen Reihen. Werfen wir mal einen Blick in euer Gästebuch, fangen wir an mit Röbbe.
Carsten: Röbbe war ein guter Kumpel von uns; ein Schulkamerad, Nachbar, guter Freund der Band, der fast jedes Konzert besucht hat und daher später Merchmann und Roadie geworden ist. Irgendwann ist er leider in den Drogensumpf abgeschmiert und hat’s letztendlich nicht gepackt. Daher haben wir den Song „Teufelskreis“ auf der aktuellen Scheibe für und über ihn geschrieben. In diesem Titel wird genau dieser Untergang beschrieben.
Und Schwabe?
Carsten: Dem haben wir „Tommys Gang“ von seiner eigenen Band, den RAZORS, gewidmet. Der Sänger der Hamburger Punk-Legende ist 2010 bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen. Schwabe haben wir irgendwann mal in Hamburg kennen gelernt und uns auf Anhieb super verstanden. Das Stück war eigentlich für einen Tribute-Sampler zugunsten der Familie des Sängers gedacht. Da dieser bisher aber noch immer nicht erschienen ist, haben wir das Stück mit auf das aktuelle Album genommen.
Als Gastsänger habt ihr Tommy von MOLOTOW SODA eingeladen. Da passt nicht nur der Name, ihr pflegt auch eine innige Bandfreundschaft und spielt viele Konzerte zusammen.
Lars: Tommy hat früher auch in Bonn gewohnt. Schon dadurch hat es sich ergeben, dass man viele Konzerte zusammen gespielt hat, damals noch mit CANALTERROR, heute mit MOLOTOW SODA. Dann hat man mal hier ein Lied zusammen gesungen und sich mal dort gegenseitig gecovert. Als fest stand, dass wir „Tommys Gang“ covern, brauchten wir unbedingt Ersatz, weil ich das mit meiner Stimme nicht auf die Reihe bekam, und wer lag da näher als Tommy? Dazu kam, dass er ja mittlerweile auch in Hamburg wohnt und die ganzen Jungs von den RAZORS kennt. Daher hat er sofort zugesagt. Der Sampler ist trotzdem nicht vergessen!
Carsten: Tommy war ja auch schon bei der vorletzten Platte „No Compromise“ mit uns im Studio und hat einige Backgrounds eingesungen.
... wobei Patti Pattex von SCATTERGUN den Großteil des Gesangs übernommen hatte, womit wir bei dem nächsten Gästebucheintrag wären.
Pöppel: Da verhielt es sich ähnlich. Als die ersten beiden Platten rausgekommen sind, gab es eine gemeinsame Tour. Dadurch wuchs eine weitere Bandfreundschaft.
Lars: Hinzu kam, dass sie die meisten Töne einfach besser traf als ich und dass sie besser Englisch kann. Die Platte war auch ein Grund für eine der bereits genannten Umbruchphasen. Daher lieben manche diese Platte, andere hassen sie und sagen: „Das ist ja kein Deutschpunk mehr!“
Next one in line: Horst Barthel.
Carsten: ... hat ja bis zu seinem Tod mit Andreas Höhn, alias Höhnie, das Plattenlabel Nasty Vinyl geführt. Seit Horsts Tod 2005 macht Andreas das Geschäft nun alleine. Während der Aufnahmen war Horst noch bei uns im Studio, am meisten hatten wir jedoch mit Höhnie zu tun.
Perfekte Überleitung zu Andreas Höhn alias Höhnie.
Carsten: Der hat uns ja quasi entdeckt und war der Erste, der den Mut aufbrachte, uns in ein Tonstudio zu schicken. Mit dem Umbruch gefielen wir ihm jedoch nicht mehr, so dass eines zum anderen kam: Abmachungen wurden nicht eingehalten, Abrechnungen waren nicht korrekt etc. Trotzdem sind wir ihm zu Dank verpflichtet, da er uns überhaupt zu unserem Namen in der Szene verholfen hat. Nach der Trennung gingen wir zu Andy von Suppenkazpers Noize Imperium, wo wir leider ähnliche Erfahrungen machen mussten.
Lars: Weil wir in der Deutschpunk-Schublade steckten, kamen wir da nicht so einfach wieder heraus. Dann gab es eine ganz komische Kooperation von Suppenkazpers und Nix Gut, in die wir vertraglich aber nicht involviert waren. Offiziell und vertraglich waren wir noch bei Suppenkazpers, die Platte ist jedoch bei Nix Gut erschienen. Wir wussten aber schon vor den aktuellen Grauzone-Vorwürfen, dass eine Kooperation mit Nix Gut und POPPERKLOPPER nie funktioniert hätte. Wenn CDs für einsneunundneunzig rausgehauen werden, kann man sich denken, wo der schwindend kleine Erlös noch bleibt. Masse statt Klasse muss nicht sein.
Jetzt seid ihr beim zur Zeit recht erfolgreichen Label Aggressive Punk Produktionen. Zufrieden?
Carsten: Voll und ganz. Das Gefühl ist zwar vergleichbar mit der Euphorie, die wir damals hatten, als Höhnie uns angefragt hatte, aber jetzt wissen wir zu 100%, dass es passt. Matze hat es einfach drauf und er lässt uns auch freie Hand, wie wir die Platten gestalten können, was für Konzerte wir spielen und so weiter.
Trauert ihr auch NOVOTNY TV nach, mit denen ihr eine Split-7“ aufgenommen habt?
Carsten: Och, das war eben unsere erste Veröffentlichung. Daher war es mehr so ein Experiment von Höhnie. Dazu haben wir zwei bis drei Konzerte gespielt und wir mögen deren Platten, aber aufregende Geschichten gibt es dazu leider nicht zu erzählen.
Und wer fehlt noch in dieser Liste? Mit wem möchtet ihr noch zusammenarbeiten?
Pöppel: Pläne gibt es auf jeden Fall, aber da ist, wie so oft, noch nichts spruchreif. Aber an der Theke hat der eine oder andere Sänger der einen oder anderen mehr oder weniger großen Band schon zugesagt: „Klar, lass uns mal etwas zusammen machen!“ Haha! Wir befürchten aber, dass die das selbst überhaupt nicht mehr wissen. Daher können wir hier auch noch nichts verraten.
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