POISON RUÏN

Foto© by Cecil Shang Whaley

Heavy Music mit Fantasy-Flair

Mit JESUS PIECE, DEVIL MASTER und SHEER MAG hat die heimliche US-Hardcore-Hauptstadt in letzter Zeit einige ungewöhnliche Bands hervorgebracht, und da reihen sich nun POISON RUÏN ein, deren neues Album „Härvest“ dieser Tage auf Relapse Records erscheint – jenem Ausnahmelabel, dessen Homebase ebenfalls Philadelphia ist. Bandkopf Mac Kennedy beantwortete meine Fragen.

Wie und wann hat alles mit POISON RUÏN angefangen?

Ich hatte schon lange einige Ideen für Songs, fand aber bis 2020 nicht die Zeit, sie aufzunehmen. Nachdem ich das erste Demo veröffentlicht hatte, bekundeten Freunde von mir Interesse daran, die Songs mit mir zu spielen. Im Herbst desselben Jahres war die Band dann gegründet.

Mac, du hast die ersten beiden Alben offenbar größtenteils alleine aufgenommen. Auf dem aktuellen Bandfoto seid ihr zu viert, sind POISON RUÏN inzwischen eine „richtige“ Band? Wer ist noch dabei?
Ich spiele die Musik für die Platten ein, aber wir arbeiten hart daran, die Songs bei Live-Shows so gut wie möglich zu spielen. Das Aufnehmen ist nur ein kleiner Teil des Ganzen. In den meisten Belangen funktionieren wir wie eine „richtige“ Band. Allen spielt Schlagzeug, Nao die Gitarre und Will Bass.

Wenn man sich die Cover eurer Alben ansieht, könnte man etwas mehr ... Metal erwarten. Ein bewusstes Spiel mit Erwartungen und Vorurteilen? Und wer hat das Artwork und das Designkonzept erstellt?
In dem Umfeld, in dem wir uns bewegen, werden Metal und Punk gern mit vielen anderen Einflüssen und Interessen kombiniert. Ich gehe davon aus, dass es nicht mehr nötig ist, sich mit einem einzigen Musikgenre zu identifizieren. Kunst soll das Gefühl und die Ideen, die in der Musik enthalten sind, widerspiegeln und nicht bloß auf Genre-Assoziationen basieren. Der Look stammt hauptsächlich von mir, einschließlich aller bisherigen Album- und Democover.

Auf euren Covern habt ihr oft das Yin-und-Yang-Symbol und ein Peace-Zeichen sowie eine Art Dreschflegel oder Morgenstern, eine tödliche Waffe. Was steckt dahinter?
Das Ding ist die Fantasy-Waffenversion eines landwirtschaftlichen Geräts. Die „Waffen“ auf unseren Covern sind allesamt Dinge, die Menschen im täglichen Leben als normale Werkzeuge benutzen: Hämmer, Sensen, Äxte ... Die Schilde zieren zwei Symbole, die für Frieden und Gleichheit stehen, im Gegensatz zu den traditionellen Wappen, Bannern oder Siegeln, als Zeichen gegen Nationalismus und gegen Krieg.

„Härvest“ so schreibt ihr, sei „eine Metapher für den Kampf der Arbeiter – ein bitterer Ruf zu den Waffen“.
Diese Aussage bezieht sich speziell auf den Titelsong „Härvest“. Ich glaube, Ryan Mangionne, der unsere Bandbio geschrieben hat, hat diesen Satz verfasst. Ich denke, wenn du den Text des Songs liest, ist das ziemlich klar! Das Album hat aber eigentlich kein übergreifendes Thema, die einzelnen Songs behandeln ganz verschiedene Inhalte.

Was fasziniert dich an Fantasy und Mittelalter?
Ich habe mich schon immer für Geschichte interessiert und die Zeichentrickverfilmungen von Tolkien haben mich schon in jungen Jahren beeinflusst. Es sind einfach Bilder, zu denen ich mich hingezogen fühle, seit ich denken kann.

Stehst du auf Rollenspiele ...?
Allen und ich sind ziemlich große Gamer, er sogar noch mehr. Wir spielen gerne PC- und Konsolen-Rollenspiele, aber ich finde kaum noch Zeit dafür.

„Härvest“ wird über Relapse veröffentlicht und das rückt euch weltweit ins Rampenlicht. Wie kam es zu diesem Deal?
Relapse ist in Philadelphia beheimatet, und wir gehören der zu derselben großen Szene. Der Vertrag kam zustande, weil wir uns gegenseitig kennen und respektieren und zusammenarbeiten wollten.

Dieses Frühjahr seid ihr in Europa unterwegs. Was sind eure Erwartungen?
Die Menschen in Europa und Großbritannien waren sehr empfänglich für unsere Musik, wofür wir sehr dankbar sind! Ich neige dazu, nicht viele Erwartungen zu haben, aber ich freue mich darauf, Leute zu treffen und unsere Musik einem neuen Publikum zu präsentieren.

Zu eurem Album heißt es, es „für Fans von DEVIL MASTER, RUDIMENTARY PENI, THE WIPERS, STRAW MAN ARMY, THE SAINTS, INSTITUTE, (early) ICEAGE, CRASS, HÜSKER DÜ, WARTHOG.“ Ist das eine Liste, die von dir stammt?
Das ist nicht unsere Liste, aber sie ergibt zum größten Teil Sinn. DEVIL MASTER sind Freunde und Labelkollegen. Ich finde nicht, dass wir besonders ähnlich klingen, aber ich denke, das liegt daran, dass Relapse uns in einen Kontext stellt. Das Gleiche würde ich auch für die anderen Zeitgenossen wie WARTHOG oder INSTITUTE sagen. Ich glaube, das sind Anspielungen auf die US-DIY-Punk-Szene, aus der wir kommen. WIPERS und HÜSKER DÜ, das kann ich nachvollziehen. CRASS und RUDIMENTARY PENI sind Klassiker des Anarcho-Punk, der uns beeinflusst hat, aber keiner dieser Bands sind wir besonders ähnlich ... Beide sind natürlich großartig, wobei ich ein viel größerer Fan von RUDIMENTARY PENI bin. Wenn ich eine Liste mit Bands, nach denen wir „klingen“, erstellen müsste, wären WIPERS die Einzigen, die ich aus der Aufzählung übernehmen würde. Ich habe kein großes Interesse daran, so zu klingen wie sie, aber sie sind zugegebenermaßen ein Einfluss.

Oh, und da wir aus Deutschland kommen, der Heimat der „Umlaute“ – was ist mit Ä und Ö und Ü?
Ich mag alle Umlaute. Das Ï dient zwei kleinen Zwecken. Zum einen steht es in der Tradition der Heavy Music, unnötige Pünktchen auf englische Wörter zu setzen, siehe MOTÖRHEAD. Außerdem verleiht es dem Namen ein gewisses Fantasy-Flair, das sich für mich ein wenig „tolkienesk“ anfühlt, ohne es zu übertreiben.