Das Wiener Duo PLAIDED existiert seit 2009. Veronika Eberhart (Gitarre, Stimme) und Julia Mitterbauer (Schlagzeug, Stimme) haben seither eine 7“ („People Lying Around In Dirt Everyday“) und das Album „Playdate“ veröffentlicht, beide erschienen auf Fettkakao. Ihre Musik ist Punk im Sinn einer unmittelbaren, individuellen und offenen Musik; der Idee der Selbstermächtigung und queer-feministischen Zusammenhängen sind sie undogmatisch verbunden. Fettkakako-„Labelmogul“ Andi Dvorak bediente den Bass, als PLAIDED Ende letzten Jahres von Filmemacherin Cordula Thym begleitet die USA bereisten und dort einige Konzerte spielten.
Eigentlich seid ihr doch ein Duo, oder? Und wie habt ihr die USA-Tournee organisiert?
Veronika: Stimmt, PLAIDED sind im Grunde ein Duo, wir laden aber immer wieder Gäste ein, mittlerweile sind wir sogar manchmal ein Quartett. Organisiert wurde die Tour von uns selbst, also PLAIDED, und Fettkakao. Na ja, hauptsächlich von PLAIDED ... Wir haben auf der Tour noch die Filmemacherin Cordula Thym dabeigehabt. Wir haben mit den Menschen, die uns eingeladen haben und mit denen wir gespielt haben, Interviews gemacht für ein Road-Movie, das 2013 rauskommen soll. Es ging also nicht nur darum, Konzerte zu spielen, sondern auch darum, Menschen zu treffen und sich auszutauschen.
Warum die USA?
Veronika: GRASS WIDOW haben uns eingeladen, mit ihnen als Support auf ihre kleine Westcoasttour zu gehen. Und warum? Weil wir uns mit unserer Musik einer bestimmten amerikanischen Punk-Kultur sehr nahe fühlen, der Riot Grrrl-Bewegung und vielen aktuellen amerikanischen Bands und Labels.
Ihr wart insgesamt einen Monat in den USA, gespielt habt ihr wie oft?
Veronika: Wir haben fünf Gigs gespielt. In jeder Stadt, auch in denen, in denen wir nicht gespielt haben, wurden Interviews gemacht, sich über Musik ausgetauscht, nur die letzten paar Tage in L.A. waren mehr wie Urlaub.
Andi: Von den Shows abgesehen haben wir ja auch bei den Leuten gelebt und andere besucht, die wir von diversen Projekten her kannten. In Portland etwa haben wir zuerst im Valentines gespielt und dann eine Frau kennen gelernt, auch bei ihr geschlafen, die das Label Punkstart My Heart macht, ein queer-feministisches Label.
Und die „andere“ USA habt ihr auch mitbekommen?
Veronika: Kaum. Ich hatte ja auch lange dieses, ich will fast sagen, „Adorno-Bild“ von den USA, eben dieses kulturpessimistische Bild. Aber was wir erlebt haben, weil wir eben in dieser „Blase“ unterwegs waren, war das komplette Gegenteil. Wenn ich an die Stadt Olympia in Washington denke ... Wir haben so viele schöne, selbstverwaltete Dinge gesehen, wie Leute aktiv mit großer Intelligenz Dinge tun und das auch leben.
Also keine dystopische USA ...
Andi: Ich werde ja ab und zu darauf angesprochen, ob die USA jetzt wirklich so super sind, aber für mich fühlte sich das so an, als wären die USA so wie hier – und das mag an dieser Blase, an diesem Umfeld liegen, in dem ich mich bewege. Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede und du begegnest auch dieser oberflächlichen Nettigkeit, aber man wird nicht abgewiesen wie in Wien. Vielleicht deshalb, weil wir uns mit Leuten bewegt haben, die ähnlich drauf sind wie wir, hat es sich angefühlt wie zu Hause.
Veronika: Für mich auch. Aber fast schöner auch. Der Eindruck von so viel Neuem.
Andi: Ich muss sagen, dass es „die“ USA nicht gibt. New York ist anders als Los Angeles, das weiß man auch, aber grundsätzlich ist es auf jeden Fall bunter. So wie ich es sehe, sind die Leute mit viel mehr Dingen konfrontiert, haben aber auf der anderen Seite auch eine ganz starke Identität, und suchen sich auch eine solche Identität.
Veronika: Ich tue mich auch ein bisschen schwer mit diesem Verallgemeinern. Wir sind von New York nach Seattle gefahren, von Seattle nach L.A., mit Abstechern nach Olympia und Portland. Das ist von der Distanz her, aber auch von den Leuten her, wie von Spanien nach Österreich und dann weiter nach Dänemark. Das Interessante ist, dass sich trotz der Distanzen die Leute kennen. Obwohl wir im ganzen Land unterwegs waren, hat etwa unsere Gastgeberin in Portland gemeint: „Was, ihr habt in Olympia bei Stephen geschlafen, mit dem habe ich vor zehn Jahren getourt!“ Fast alle haben sich untereinander gekannt.
Andi: Sie sind extrem vernetzt. Ich wollte noch etwas anmerken, zum Mindset dieser Menschen, die wir kennen gelernt haben, was ich mitgenommen habe aus den USA, in Bezug auf diese Musikkultur: Es gibt nicht dieses hierarchische Denken über Musik, so als wäre eine Band kleiner und eine andere größer, diese Fragen nach Headliner und mehr Geld, wer ist jetzt der wichtigere Act ... diese Hierachien gibt’s ja zum Beispiel in Österreich voll, nicht nur bei so Bandwettbewerben. Das hast du in den USA nicht, kam es mir vor.
Veronika: Ich habe so viele schöne Erlebnisse gehabt, wie man mit Kunst und Ökonomie umgeht. Ich habe den Umgang der Menschen als sehr solidarisch erlebt.
Was habt ihr mitgenommen?
Veronika: Wovon wir total begeistert waren, sind die privaten Haus-Shows. Es gibt einfach dieses Netzwerk, wo tourende Bands spielen können, entstanden aus den All-Ages-Shows – einfach Räume, wo Konzerte für Menschen stattfinden können, die keinen Alkohol trinken dürfen. Bei uns hingegen ist die Konzertlandschaft nur durch Clubs geprägt.
Und das Equipment wurde euch gestellt?
Veronika: Wir haben nur die Gitarre und den Bass mitgehabt, der Rest kam immer von den Bands, mit denen wir gespielt haben. Das hat schon mit dieser speziellen Szene zu tun, der gewisse Sachen wichtig sind. Die USA generell sind sicher kein Utopia für Bands.
Andi: Man spürt das schon, dass da ein riesiges Netzwerk aufgebaut wurde, über Jahrzehnte mit einem eigenen Bewusstsein. Dieser All Ages Club in Olympia, The Northern, denen war halt wichtig, einen Club zu haben, wo alle hingehen können – um nicht von den Basement Shows abhängig zu sein, denn dort gibt’s keine Bar.
Veronika: ... und deshalb keinen Alkohol. Wir haben dann Alkohol für uns geholt, für die Österreicher, ist ja auch nicht immer so einfach, ganz ohne Alkohol, haha. Wir sind dann mit GRASS WINDOW in den Supermarkt und füllten den Alk in diese McDonald’s-Becher um, wo du eben nicht durchsiehst, ist auch ein bisschen komisch.
Wie war das, die Kamera ständig dabei zu haben?
Veronika: Die anderen Leute haben wir natürlich gefragt. Es war nicht so, dass die Kamera dauernd dabei und eingeschaltet war, die große Kamera war bei den Interviews und Konzerten im Einsatz. Es war nie das Gefühl da, dass irgendetwas Störendes dabei war, sie war ein Teil der Band.
Ein Resümee des US-Trips ...?
Veronika: Ich habe nichts erwartet. Oft habe ich das Gefühl, dass Menschen da etwas hineinprojizieren – ihr wart in den USA! Es ist nicht darum gegangen, „entdeckt“ zu werden oder es „zu schaffen“, berühmt zu werden. Ich will von niemandem entdeckt werden, ich will keine Massenunterhaltung machen. Wir haben viele Leute getroffen, die ähnlich denken und die Ähnliches interessiert und die Ähnliches schaffen. Es ging um einen aktiven Austausch. Im The Northern spielte am Vortag Tobi Vail und Ian MacKaye war auch dort. Und das passt dann total, dass wir an so einem Ort spielen.
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