Cecilia Boström ist nicht nur als Sängerin ihrer Band THE BABOON SHOW äußerst aktiv, sondern die sympathische Schwedin verbringt auch noch einen großen Teil ihrer kaum vorhandenen Freizeit damit, Stockholm und seine umliegenden Wälder laufend zu durchqueren. Beim Berlin Marathon 2017 hat sie sich erstmals an die Marathonstrecke herangetraut und mit einer Zeit von 3:39:09 ein Ergebnis erzielt, für das selbst erfahrene Läufer manchmal Jahre des Trainings benötigen.
Cecilia, warst du schon als Teenager sportlich unterwegs?
Ja, ich war eigentlich schon immer das, was ihr in Deutschland eine „Sportskanone“ nennen würdet. Als ich noch jünger war, war ich zunächst Tänzerin, habe Fußball gespielt und war auch bei der Leichtathletik dabei. Und da ich nun einmal Schwedin bin, habe ich auch Wintersport wie zum Beispiel Skilaufen und Schlittschuhlaufen gemacht. Ich muss allerdings sagen, dass mir Wintersport nicht wirklich zugesagt hat, weil ich immer sehr schnell friere. Das schwedische Klima und ich sind nicht so die besten Freunde.
Wann und warum hast mit deiner Karriere als Langstreckenläuferin begonnen?
Nun, ich würde mich nicht wirklich als Langstreckenläuferin bezeichnen. Ich bin eine Läuferin, so einfach das auch klingen mag. Meine Lieblingsdistanzen sind 10 bis 15 Kilometer. Der Berlin Marathon 2017 war mein erster Marathon überhaupt und ich bin vorher noch niemals so weit gelaufen. Aber es hat mir viel Spaß gemacht und ich bin mir sicher, dass ich noch mal einen Marathon laufen werde. Mein längster Lauf vor dem Marathon war 32 Kilometer und das war auch schon in einem Wettkampf. Du kannst also erkennen, dass ich Läufe, insbesondere Wettkämpfe sehr mag. Ich glaube, das liegt daran, dass ich so etwas wie ein Adrenalinjunkie bin. Aber ich mag es auch einfach, nur so für mich zu laufen. Ich liebe es, die frische Luft zu fühlen, zu schwitzen und mich selbst an meine Grenzen zu bringen. Und schließlich ist Laufen so ein einfacher Sport, den ich immer und überall sehr leicht ausüben kann. Kurz gesagt geht es mir beim Laufen darum, dass ich mich frei fühle und der Sport mein Lebensretter ist, wenn ich mal viel Stress habe. Wenn ich keine Zeit zum Laufen habe, werde ich panisch und meine Stimmung schlägt dann schnell ins Negative um. Du solltest mir also niemals über den Weg laufen, wenn ich vorher für ein oder zwei Wochen keine Zeit zum Laufen hatte, denn dann kann ich ein echtes Miststück sein.
Wie oft läufst du normalerweise pro Woche und mit wie vielen Kilometern hast du dich auf deinen Marathon vorbereitet?
Normalerweise laufe ich ein- oder zweimal in der Woche und meine durchschnittliche Strecke liegt zwischen 5 und 15 Kilometern. Jeden Dienstag habe ich ein Lauf- und Sauna-Date mit meinen Freundinnen, wo wir erst zusammen Laufen gehen und anschließend saunieren oder in einem See schwimmen gehen. Das ist für mich sehr schön und entspannend. Der zweite Lauf ist normalerweise, wenn ich von der Arbeit zum Kindergarten laufe, um meinen Sohn Juno abzuholen. Vor dem Marathon habe ich ungefähr zehn lange Läufe zwischen 20 und 30 Kilometern absolviert, so dass ich überzeugt war, dass ich den Marathon schaffen würde, selbst wenn ich mein geplantes Durchschnittstempo von 4:15 bis 4:30 min/km nicht würde halten können.
Hast du mit anderen Läufern während des Marathons kommuniziert oder warst du die ganze Zeit nur auf dich fokussiert?
Nein, mit anderen Läufern habe ich nicht gesprochen. Um meinen eigenen Rhythmus zu halten, hatte ich meine Kopfhörer dabei, um Musik zu hören. Leider war das sehr schwierig, weil entlang der ganzen Strecke immer sehr viel Trubel war und dann auch noch mein Smartphone ausfiel, so dass ich gar keine Musik mehr hören konnte. Vielleicht sollte ich mir mal so eine neumodische Laufuhr mit allem möglichen Schnickschnack kaufen.
Hast du für den Sport extra deine Ernährung umgestellt?
Nein, ich habe keinen bestimmten Ernährungsplan. Ich esse und trinke, was immer ich möchte. Das habe ich aber schon immer so gehalten, wobei ich allerdings immer vegetarisch mit viel Obst, Gemüse und Nüssen esse. Außerdem vermeide ich Eier und Milchprodukte. Ich glaube, das ist für Laufen und Sport eine sehr gute Ernährung, aber ich mache das nicht extra wegen des Sports. Ich esse eben vegetarisch, weil es das ist, was mein Körper und meine Seele möchten. Ich bin aber kein Gesundheitsfreak, denn ich esse oft Chips und Schokolade und ich trinke sowohl Wein als auch Bier. Außerdem liebe ich Eiscreme und esse viel zu viel davon. Lecker!
Wie hast du dich während der unterschiedlichen Phasen bei deinem Marathon gefühlt?
Schon vor und auch während des Marathons war es mein Ziel, so viel Spaß wie nur möglich zu haben. Darauf habe ich mich konzentriert und das hat auch gut funktioniert. Ich wollte gegen Ende des Laufs noch in der Lage sein, mein Tempo anzuziehen und musste daher aufpassen, dass ich in den ersten 35 Kilometern nicht zu schnell werde. Das Tempo zu drosseln war also meine schwierigste Aufgabe während des Rennens, weil das Adrenalin dich während des Laufens so vorwärts pusht, dass du eigentlich immer nur schneller laufen möchtest. Also habe ich einen Trick angewendet, um mein Tempo immer wieder verringern zu können. Immer wenn ich merkte, dass ich zu schnell werde, habe ich angefangen, die Kinder, die uns am Straßenrand anfeuerten, mit High Fives abzuklatschen. Das hat sehr gut funktioniert. Nach dem Lauf bin ich zu Fuß zurück zum Hotel gegangen, und da wir am Kurfürstendamm gewohnt haben, sind wir an den vielen Läufern vorbeigekommen, die noch ins Ziel liefen. Das war großartig, und während ich ein langes, heißes Bad nahm, konnte ich die jubelnde Menge und eine Coverband auf der Straße hören. Ein wirklich gutes Gefühl.
Beim Laufen haben wir ja viel Zeit zum Nachdenken und Kreativsein. Entstehen neue Songs oder Texte beim Laufen?
Nein, Laufen ist für mich die Zeit der Entspannung und normalerweise denke ich beim Training überhaupt nicht. Durch das Training steigert sich allerdings grundsätzlich meine Kreativität, so dass mir das Laufen in diesem Sinne schon hilft. Mein Songwriting findet allerdings normalerweise im öffentlichen Nahverkehr statt oder wenn wir auf Tour sind.
Welche Songs hörst du am liebsten beim Training?
Ich trainiere mit Spotify auf den Kopfhörern und meine Lieblingsbands beim Laufen sind die schwedischen Bands PAPER und MASSHYSTERI. Ich muss aber sagen, dass ich viele unterschiedliche Spotify-Playlists zum Laufen verwende und mir manchmal auch Sachen anhöre, die ich noch nie zuvor gehört habe. Laufen ist also auch die Zeit, die ich nutze, um neue Musik und Künstler kennen zu lernen. Aber wenn ich sichergehen will, ein bestimmtes Tempo zu halten, bliebe ich natürlich bei meinen Favoriten.
Was sind deine nächsten sportlichen Pläne?
Für 2018 haben meine Lauffreundinnen und ich uns für die Stockholm Challenge angemeldet. Das ist eine Laufserie, die aus vier unterschiedlichen 10-Kilometer-Läufen besteht. Der erste Lauf im Mai ist ein Trailrun in den Wäldern, der zweite Lauf ist ein Lauf über zwei der Stockholmer Inseln im Juni, der dritte Lauf ist im August der Urban Trail, bei dem man durch Läden, Museen, Bibliotheken und Theater rennt, und dann kommt als Höhepunkt im Oktober das Finale, um das bisher ein großes Geheimnis gemacht wird. Ich glaube aber, dass es ein Lauf durch Tunnel oder irgendwie in den Wolken sein wird. Wir werden sehen, aber es wird so oder so ein großer Spaß werden.
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