Kurz vor der Pandemie eine Band gründen? NORROWON wurde in der Phase höchster Motivation der Wind aus den Segeln genommen. Warum die Stuttgarter sich dennoch nicht haben beirren lassen, erzählen uns Bassist Luki, Gitarrist Eric, Sänger Oli, Drummer David und Gitarrist Levin.
Euch gibt es erst seit Beginn letzten Jahres. Wie ist das, wenn man voller Tatendrang eine Band gründet und dann direkt durch eine Pandemie ausgebremst wird?
Luki: Am Anfang war es natürlich ein demotivierender Tiefschlag. Wir haben direkt von der ersten Probe an viel Energie in ein livefähiges Set gesteckt mit dem Ziel, bald diese Energie auf die Bühne zu bringen. Als wir uns dann bereit für ein Publikum gefühlt haben, hat Corona voll eingeschlagen und alle Pläne waren dahin. So unglücklich die Pandemie auch war vom Timing her, so hat uns das Ganze in gewisserer Weise auch geholfen. Statt lange in der Isolation Trübsal zu blasen und Bier zu trinken, bis endlich wieder Konzerte möglich sind, haben wir mit Vollgas weitergearbeitet – und natürlich trotzdem Bier getrunken. Es gab uns viel Zeit, sowohl musikalisch als auch technisch weiter an unserem Live-Set zu schrauben und Songs auszuarbeiten. Die Klänge unseres Albums hätten vermutlich ohne Pandemie nicht so schnell durch die Lautsprecher dieser Welt dröhnen können.
Ihr seid ja sehr produktiv gewesen, Singles, Album, alles in den ersten zwei Jahren – eine Zeit, in der sich Musiker meistens erstmal finden müssen und aufeinander einstellen. Wie ging das so schnell bei euch?
Eric: David, Luki und ich kannten uns davor schon über unsere alte Band INCOSMOS. Wir hatten schon einige fertige Songs, die wir dann quasi nur noch aufnehmen und veröffentlichen mussten. Mit Oli und Levin haben wir ein unglaublich gutes Gefühl gehabt und es hat von der ersten Sekunde an gepasst. Die Aufnahmen gingen sehr schnell und wir alle waren voll und ganz zufrieden mit dem Ergebnis. Während des ersten Lockdowns hatten vor allem Levin und ich viel freie Zeit und haben diese genutzt, um neue Songs für unser Album zu schreiben. Jeder Einzelne von uns war sehr motiviert und wollte seinen Teil zum Ganzen beitragen. Das hat auch im Gesamtpaket super funktioniert, wir haben uns auch beim Feinschliff der ganzen Songs perfekt ergänzt.
Euer Album heißt „Metaphysical Paradox“ – auf was bezieht sich dieses Paradox und was bedeutet der Albumtitel im Kontext zu den Songs und Texten für dich?
Oli: Als Konzeptalbum wollten wir uns musikalisch vom Chaos zur Ordnung entwickeln und uns sozusagen an den physikalischen Regeln und der Entstehung eines Universums orientieren. Mit „Awaken the god“ haben wir einen Weg gefunden, das Chaos zu repräsentieren. Ich liebe H.P. Lovecraft und hab mich beim Schreiben der Lyrics dafür sehr vom Lovecraft-Universum und den Geschichten über die Gottheit „Azathoth“ inspirieren lassen, die bei Lovecraft als das in einem Punkt konzertierte Chaos bezeichnet wird. Das hat einfach überragend gepasst. Der Albumtitel greift das auf und bezieht sich auf das allgemeine Allmachtsparadoxon: Kann ein allmächtiges Wesen existieren, das etwas erschaffen kann, das seine Allmacht aufhebt? Sprich: kann ein göttliches Wesen, wie die Inspiration aus H.P. Lovecraft, als reines Chaos wirklich eine absolute Ordnung erschaffen und sich damit selbst vernichten? Oder ist alles nur Teil des ganzen Chaos, so wie bei Lovecraft alles nur in den Träumen Azathoths existiert? Ich wollte beim Verfassen der Texte unbedingt damit spielen.
Ihr vereint sehr viele Metal-Stile und Einflüsse in eurer Musik. War das schwierig unter einen Hut zu bekommen? Gab es auch mal unterschiedliche Meinungen, welchen Stil man zum Beispiel stärker verfolgen sollte?
Levin: Die Einflüsse verschiedener Musikrichtungen finden ihren Weg fast schon von alleine in unsere Musik. Der Grund dafür ist, dass ich als derjenige, der oftmals die ersten Impulse für neue Songideen liefert, mich sehr gerne von verschiedensten Künstlern und Musikrichtungen inspirieren lasse. Das fängt an beim Metal und geht bis zum Jazz und zur klassischen Musik. Letztlich schreibt jeder den Part für sein Instrument aber selber, und jeder von uns hat seine Chance, seinen persönlichen Stempel zu hinterlassen. Verschiedene Meinungen und Vorstellungen können ab und an auch mal vorkommen. Da es sich bei uns aber um eine sehr kompromissbereite Truppe handelt, kommen wir auch da immer auf einen gemeinsamen Nenner. Es stand jedoch auch von Anfang an fest, dass wir uns als Modern-Metal-Band bezeichnen. Das ist auch die einzige „Grenze“, die wir uns setzen. Es war klar, dass sich unser Stil von alleine herauskristallisiert, wenn wir alle unseren Teil zur Musikkomposition beitragen.
Da man von euch ja durchaus noch als Newcomer reden kann, welche Ziele habt ihr mit der Band und mit welchen Hoffnungen schaut ihr auf 2022?
David: Wir möchten unsere Ziele nicht in Zahlen fassen. 2022 soll unser Jahr werden! Wir schreiben überfleißig an neuem Material, das uns musikalisch wie auch technisch immer weiter auf die nächsten Level treibt. Diese neuen Songs zu veröffentlichen, ist auf jeden Fall eines der Hauptziele für 2022. Natürlich möchten wir auch viele Shows spielen und der Welt zeigen, dass es uns gibt. Egal ob kleiner Club, große Halle oder das riesige Open-Air-Festival. Wir wollen Menschen mit unserer Musik erreichen, egal ob emotional durch die Lyrics oder indem sie sich im Moshpit die Seele rausfeiern! Dass es im kommenden Jahr wieder möglich ist, viele Konzerte zu spielen, ist unsere einzige Hoffnung. Aber auch wenn sich das Blatt wendet und dies nicht der Fall sein sollte, investieren wir die Zeit ins Schreiben neuer Songs. Kurz zusammengefasst: 2022 wollen wir live abreißen was geht und die Welt mit neuer Musik begeistern.
© by Fuze - Ausgabe #91 Dezember/Januar 2021 und Dennis Müller
© by Fuze - Ausgabe #91 Dezember/Januar 2021 und Arne Kupetz