Nicht nur ein Cover, sondern ein Update des EXTRABREIT-Songs bescheren uns NORDEND auf ihrem Album „Gegenwind“. Joe, Gitarrist der Frankfurter Band, gibt uns einen Einblick.
Ihr habt deutsche Texte: Auch wenn im deutschen Punkrock immer mehr Bands in den letzten Jahren auf Deutsch singen, habe ich das Gefühl, dass das im Hardcore immer noch was anderes ist. Würdest du mir da zustimmen? Was hat euch dazu gebracht, deutsche Texte zu verfassen?
Das war und ist vornehmlich dem Umstand geschuldet, dass wir uns wünschen, dass man sich auch als Hörer mit unserer Musik und vor allem auch den Texten wirklich auseinandersetzen kann. Das wird dadurch vereinfacht, dass wir in der Sprache schreiben, die wohl bei neunzig Prozent unserer Zielgruppe als Muttersprache durchgeht. Zudem haben wir es, wie du schon beschreibst, auch als einen Punkt gesehen, der unserer Band in der aktuellen Hardcore-Landschaft zu einem Alleinstellungsmerkmal verhelfen könnte. Viel Feedback auf Shows und auch online geht dann auch in die Richtung: Cool, dass es auch im Hardcore Bands mit deutschen Texten gibt.
Bei „Hurra, Hurra, die Erde brennt“ bin ich ja schon kurz stutzig geworden, das ist ja nur bedingt ein Cover von „Hurra, Hurra, die Schule brennt“, ihr habt den Song quasi upgedated und mit neuen Parts versehen. Wie kam es zu dem Song? Ist das aus einer Schnapsidee geboren?
Wir wollten uns beim Schreiben des Albums mit Absicht auch an einem deutschen „Klassiker“ versuchen. Die Liste der infrage kommenden Songs war zunächst recht lang. Zu „Hurra, Hurra, die Schule brennt“ habe ich ein sehr spezielles Verhältnis – ich habe den Song schon als Kind gefeiert. Wir wollten, nachdem die Entscheidung gefallen war, aber nicht nur eine Coverversion spielen, sondern den Song quasi als Inspiration nutzen, um etwas Neues, Moderneres daraus zu machen. Die neuen Parts haben sich wie von selbst geschrieben – das ganze Ding war in drei Stunden fertig. Was den neuen Text angeht, so sehen wir unsere Beschreibung der aktuellen Weltlage quasi als Fortsetzung zum Originaltext an. Wo bei Erscheinen des Originals lediglich „die Schule“ als Metapher für einen kleinen Teil der individuellen Sozialisation und Bildung gebrannt hat, brennt heute die ganze Welt um uns herum.
Mal allgemein zu den Songtiteln: Da werden Buchtitel und Hashtags genannt, dann aber haben wir die letzten Songs, „Nebel“, „Regen“, „Sturm“ und „Stille“ – gehören die zusammen?
Das hast du richtig erkannt. Die von dir genannten Stücke stehen auch in dieser Reihenfolge schon thematisch zusammen. Es geht textlich darum zu erkennen, dass man gegebenenfalls eine Entscheidung treffen muss. Will man sich weiterhin im eigenen „Nebel“ befinden und sich einlullen lassen von den täglichen Bequemlichkeiten oder steht man auf und engagiert sich aktiv für etwas, das einem wichtig ist und woran man wirklich glaubt? Nimmt man reglos hin, wie die Welt sich immer weiter nach rechtsaußen bewegt, oder stellt man sich aktiv dagegen? Die Thematik wird in allen vier Songs von uns aus mehreren verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Was am Ende die Folgerung daraus für den Hörer ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.
© by Fuze - Ausgabe #98 Februar/März 2023 und Andreas Regler
© by Fuze - Ausgabe #83 August/September 2020 und Sebastian Koll