Niclas Svensson wurde 1975 im hohen Norden von Schweden geboren und ist eigentlich kein typischer Punkrock-Drummer. Von Kindesbeinen an interessierte er sich für Punk, Metal und andere Arten von extremer Musik. Seine musikalische Karriere startete er als Bassist in diversen Metal-Bands und ist 2013 das zehnte Jahr kreuz und quer durch Europa unterwegs als Drummer von THE BABOON SHOW. Die Zeit war also reif, ihn bei der Show in Braunschweig vor das Mikrofon zu bitten, um uns seine Geschichte zu erzählen.
Niclas, die erste Frage ist hier immer dieselbe: Hast du schon als kleines Kind auf den Töpfen und Pfannen in der Küche deiner Eltern herumgetrommelt?
Oh ja, das habe ich tatsächlich getan, und damit bin ich wohl meiner Mutter auch ganz schön auf die Nerven gegangen.
So hat also deine Karriere ganz klassisch angefangen?
Ja, obwohl mein wirkliches Interesse an Musik eigentlich erst später in den Achtziger Jahren mit Hardrock und Heavy Metal geweckt wurde. Ein paar Jahre später interessierte ich mich dann immer mehr für extremere Musik und habe mich Punk sowie Death und Black Metal zugewendet. Eigentlich bin ich ja ursprünglich Bassist und hatte vor der Gründung von THE BABOON SHOW noch nie in einer Band Schlagzeug gespielt. Im Alter von 14 Jahren hatte ich meine erste Punkband und später habe ich dann mehr in Metal-Bands gespielt, obwohl ich mich immer für Punk und Metal interessiert habe. Eigentlich hatte ich vor in meiner ersten Band Gitarrist zu werden, aber es stellte sich dann heraus, dass dieser andere Typ in der Band einfach der bessere Gitarrist war und so haben wir die Instrumente getauscht. Seitdem ist der Bass mein Hauptinstrument geblieben, also spiele ich nun seit 1992/93 Bass und es vergingen noch zehn Jahre – bis zur Gründung von THE BABOON SHOW 2003 –, bevor ich das erste Mal hinter einem Schlagzeug saß.
Welche Bands haben dich in deinen Anfangstagen am meisten interessiert?
Ich habe damals sehr viel THE MISFITS gehört, und diese ganze düstere Horror-Thematik war für mich ja auch irgendwie eine Verbindung zum Black Metal. Aber auch viel melodischer Punkrock, zum Beispiel BAD RELIGION, lief auf meinem Plattenteller. Dazu kam aber auch schnell mein Interesse für extreme Musik wie D-Beat und Crust, wobei ich besonders EXTREM NOISE TERROR mochte. Als dann in den Neunzigern die Black Metal-Szene in Schweden explodierte, wurde ich davon total mitgerissen.
Wie wurde vor zehn Jahren dann aus dem Metal-Bassisten ein Punkrock-Drummer?
Ich hatte 2003 eine Band zusammen mit unserem Gitarristen Håkan und alle anderen in der Band waren Raucher. Wenn wir bei den Proben Pause gemacht haben, sind die anderen zum Rauchen vor die Tür gegangen, ich blieb allein im Übungsraum zurück, setzte mich einfach mal hinters Schlagzeug und habe ein bisschen herumprobiert. Ich hatte das Schlagzeug schon immer sehr gemocht, aber bis dahin hatte ich jahrelang nur bei METALLICA und SLAYER auf meinen Knien mitgetrommelt und eigentlich konnte ich schon damals alle Fills und Breaks von Lars Ulrich und Dave Lombardo nachspielen.
Gibt es noch andere Drummer, die dich nachhaltig beeinflusst haben?
Keine Frage, Phil Rudd von AC/DC natürlich. Das Großartige an ihm ist, dass er eigentlich nichts tut, aber es ist immer das Beste. Ich kann das nicht gut erklären, aber er ist so unglaublich professionell, dass ich dafür kein anderes Wort finde. Und natürlich, wie erwähnt, Dave Lombardo, der wohl auf ewig unerreichbar bleiben wird.
Bezieht sich der Einfluss von AC/DC nur auf dein Spiel oder doch auf die ganze Band?
Den Einfluss von AC/DC auf uns als Band kann man wohl schwer überhören. Gerade auf der neuen Platte sind ja gleich mehrere Songs, wo es sehr deutlich wird, wie sehr die Herren uns beeinflusst haben. Bei den berühmten Drummern sollte man Buddy Rich auf alle Fälle nicht vergessen, denn sein Bigband-Jazz hatte doch sehr großen Einfluss auf die gesamte Musik. Ich höre solche Musik zwar nicht, aber ich liebe einfach seinen Stil zu trommeln.
Wie kam es, dass du der Drummer von THE BABOON SHOW wurdest?
Das ist einfach so passiert. Ich und Håkan hatten vorher schon zwei Bands zusammen: erst hatten wir in den Neunzigern eine melodische Punkband und später eine, die mehr so Indiepop-Zeugs spielte. Håkan hatte zu der Zeit sein eigenes Musikstudio und als wir unsere letzte Band aufgelöst hatten, kauften wir uns eines Abends ein paar Sixpacks Bier und haben uns zum Jammen in seinem Studio eingeschlossen. Er spielte Gitarre und ich Schlagzeug. Das war nur so zum Spaß, aber wir haben damals drei Songs in zehn Minuten geschrieben und das war wohl die Initialzündung für THE BABOON SHOW. Wir hatten sofort die Idee: Hey, die Songs sind zu gut, wir müssen sie unbedingt aufnehmen. Und so haben wir dann unsere Liebe zum Punk wieder entdeckt. Nur wenig später war Cecilia mit ihrer damaligen Band für Demo-Aufnahmen bei Håkan im Studio und wir fanden ihre Stimme sofort großartig. Wir haben sie dann gefragt, ob sie ein paar Songs mit uns probieren würde, und sie mochte die Songs, wir mochten ihre Stimme, und so ist es dann passiert.
Musstest du zu Beginn noch viel üben, weil das Instrument neu für dich war?
Nein, das war eigentlich nicht so schlimm, da ich in den Jahren zuvor schon viel für mich allein gespielt hatte. Nur die Banderfahrung als Drummer fehlte noch, die notwendigen Techniken war schon vorhanden. Ich habe auch niemals Unterricht gehabt, sondern mir alles selbst beigebracht, aber ich glaube, dass ich durch meine Erfahrungen am Bass einen gewissen Bonus hatte. Als Bassist spielst du ja auch ein Rhythmusinstrument und das wirkte sich sehr positiv auf das Rhythmusgefühl aus, das man schließlich auch als Drummer benötigt. Obwohl das Instrument also total anders ist, hat man doch dasselbe Gefühl beim Spielen.
Du bist mit einem sehr reduzierten Drumset unterwegs. Hast du es jemals mit mehr Toms oder Double Bass versucht?
Ja, aber ich habe schnell festgestellt, dass es nicht wirklich zu unserer Band passt. In eine Death Metal-Band hätte ein doppelt so großes Set wahrscheinlich gut reingepasst, aber nicht bei uns. Der Sound von THE BABOON SHOW erfordert einfach keine großen Spielereien auf vielen verschiedenen Toms oder einem Dutzend verschiedener Becken in allen möglichen Größen. Ich mag es simpel und übersichtlich und kann auf dem kleinen Drumset auch alle meine Vorstellungen realisieren. Irgendwie ein bisschen wie bei AC/DC.
Was liegt dir mehr, Bühne oder Studio?
Auf alle Fälle live, denn ich liebe die Energie auf der Bühne und die Interaktion mit dem Publikum. Ich bin auch nie schüchtern gewesen, sondern mag den Kontakt zu den Menschen vor der Bühne. Deshalb darf ich ja auch manchmal das Schlagzeug verlassen und vorne einen Song mitsingen, haha. Wir bekommen ja auch immer wieder zu hören, dass die Leute gerade das mögen an THE BABOON SHOW, also dass da nicht nur eine Person den Kontakt zum Publikum sucht, sondern die gesamte Band. Studioarbeit ist auch okay, aber eigentlich mache ich das nur, weil es getan werden muss, um ein neues Album rauszubringen. Es kommt immer ein bisschen auf die Atmosphäre im Studio an und wenn die Leute gut drauf sind, mit denen du zusammenarbeitest, dann kann auch die Arbeit im Studio ganz okay sein. Wir als Band haben unsere Arbeitsweise im Studio auch geändert. Während wir die ersten Alben noch Instrument für Instrument aufgenommen haben, sind wir bei den letzten beiden Alben dazu übergegangen, alles live einzuspielen, und ich glaube, man hört den Fortschritt auch sehr deutlich.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #110 Oktober/November 2013 und Christoph Lampert