MONTESAS

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Destination Alpha Centauri

Muss man in Bezug auf diese Band wirklich noch allzu viele Worte verlieren? Ich hoffe nicht. Schließlich haben sich jene vier smarten Knaben aus Kassel während des ersten Jahrzehnts ihres Bestehens zum einen durch stets grandiose Live-Shows, zum anderen aber auch mittels eines ordentlichen Stapels äußerst exquisiter Tonträger einen Status erarbeitet, der sie wahrlich weit über unsere Landesgrenzen hinaus als eine der formidabelsten Retro-Rockabilly-meets-60s-Beat-Combos schlechthin ausweist! Dass sich die MONTESAS dabei nicht nur bei der Schmalzlocken- und Krawattenträgerfraktion höchster Sympathiewerte erfreuen, sondern auch unter einem großen Teil von Punkrockern wohl gelitten sind, ist, mal abgesehen von deren musikalischer Brillanz, gewiss auch der Tatsache geschuldet, dass es sich bei ihnen um ausgesprochen liebenswerte und auch angenehm unarrogante Zeitgenossen handelt. Hinsichtlich des Erscheinens von „Aloha From Alpha-Centauri“, der lang ersehnten ersten Schallplatte seit knapp drei Jahren, führte ich folgendes Interview mit Marcel Bontempi.

Zunächst einmal herzlichste Glückwünsche zum Jubiläum: Zehn Jahre MONTESAS – ist das wirklich wahr?

Ja, das stimmt leider. Denn ich fand schon immer, dass zehn Jahre viel zu lange für eine Band sind. Aber die Zeiten ändern sich: In den Fünfzigern und Sechzigern konnte man natürlich nur hoffen, dass eine Band von möglichst kurzer Lebensdauer ist und bitteschön auf gar keinen Fall ihren straighten Rock’n’Roll durch Modetorheiten der späten Sechziger, oder gar Siebziger Jahre zerstört, wie es leider aufgrund ihrer zu langen Existenz auch die SONICS gemacht haben ... Bei manchen Bands ging das gut, die haben nur ein bis zwei brillante Nummern aufgenommen und es dabei belassen. Wir als „Retro-Band“ haben jedoch einen enormen Vorteil: Die „offizielle“ Mode geht völlig an uns vorbei, wir speisen uns aus der Anti-Mode oder eben aus unserer Auslegung dessen, was gut und schlecht ist, in unserem selbst eingerichteten Sechziger-Jahre-Exil. Und dabei dürfen wir unser Leben lang bleiben, wie wir sind, und werden wahrscheinlich, so lange die Knochen mitmachen, immer gleich klingen oder gar noch besser, wie in den letzten zehn Jahren geschehen.

In puncto Konzerte seid ihr ja mittlerweile fetter im Geschäft denn je, und das, obwohl ihr kaum noch größere Tourneen am Stück bestreitet. Ich vermute mal, dass man auf das enervierende Getingel auch nicht mehr angewiesen ist, wenn man für szenespezifische Großfestivitäten in London, Paris, Madrid und New York extra stets als Headliner eingeflogen wird.

Mit deiner Vermutung liegst du prinzipiell richtig. Wir sind endlich in der Position, uns Auftritte gewissermaßen auszusuchen, was aber keinesfalls heißt, dass wir kleinere Orte und Clubs ausschlagen. Es ist in der Tat so, dass wir ein bisschen die Ernte einfahren, für die ganze Plackerei seit 1998. Das tut natürlich gut und macht uns auch ein klein wenig stolz, da uns nie jemand finanziell oder promomäßig unter die Arme gegriffen hat und wir Schritt für Schritt alles allein gemacht haben. Aber die heiße Phase voller Abenteuerlust und Tatendrang ist natürlich vorbei – wir sind keine jungen Hüpfer mehr, sondern teilweise in Familien eingebundene Herrschaften mit beruflichen Pflichten ...

Ich finde das übrigens sehr sympathisch und charmant, dass ihr ja fast ausnahmslos alle miteinander verheiratet seid. Darf man vermuten, dass dahinter der grandiose Plan steht, einem würdelosen Mick Jagger-Siechtum zu entgehen, indem man einfach seine ganz private Hully-Gully-Jugend heranzüchtet und sich in knapp 20 Jahren von der „next MONTESAS-generation“ die Rente einfahren lässt?

Ja, das ist schon famos und bringt entscheidende Vorteile: Die verzweifelte und oftmals erfolglose Suche nach Groupies fällt aus, stattdessen kann man sich ganz der Situation des Augenblicks während des Konzerts und der Feierei danach hingeben. Und wenn man’s zu doll treibt, fängt einen die Gruppendynamik auf und bringt einen schützend und behutsam ins Bett. Ein peinliches Mick Jagger-Siechtum ist jedenfalls definitiv auszuschließen. Wenn wir endlich erwachsen sind, setzen wir uns Hüte auf und lassen uns feinen Cowboy-Zwirn schneidern, dann kann man in Würde altern. Und bestimmt hat die nächste Generation längst übernommen, nachdem sie die Mysterien der MONTESAS erfahren und den Initiationsritus überlebt hat.

Apropos Hully-Gully-Jugend: Was gibt’s dahingehend Neues zu berichten? Hat man schon lange nichts mehr von gehört ... Welche Voraussetzungen müssen denn eigentlich erfüllt sein, um diesem elitären Zirkel anzugehören, und welche Vorteile ergeben sich daraus, Mitglied zu sein?

Ich habe die Jugend böse schleifen lassen – einige Bewerber haben sich zu Recht beschwert, dass die angeforderten und schon bezahlten Unterlagen zu lange auf sich warten lassen haben. Das liegt einfach an den vielen privaten und musikalischen Dingen, die in den letzten Jahren anstanden. Aber jetzt geht es los, denn Ira Lee nimmt sich nun der Jugend an und schmeißt sich voller Elan in die Sache. Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft ist eigentlich nur die Liebe zur alten Musik und dass man die MONTESAS in irgendeiner Weise unterstützt, sowohl auf Konzerten als auch durch Mundpropaganda. Eigentliches Ziel ist jedoch, ein Netz von Personen zu errichten, auf die zurückgegriffen werden kann, wenn die Weltmacht unser ist und wir verantwortungsvolle Posten en masse verteilen können, wobei die Dauer der Mitgliedschaft natürlich entscheidet – je kleiner die Mitgliedsnummer desto früher also der Eintritt in die Jugend, desto verantwortungsvoller und finanziell interessanter ist der Posten natürlich ... Bis zur kommenden Weltherrschaft sind die Vorteile: freier oder ermäßigter Eintritt bei Einzelkonzerten (nicht bei Festivals oder Konzerten mit mehreren Gruppen) und eine bessere Verhandlungsposition am Merch-Tisch.

Lass uns abschließend endlich ein wenig über eure erste 10“ plaudern, die kürzlich erschienen ist ... Seit drei Jahren musste ja nun das darbende Fan-Volk bereits auf einen Nachfolger von „Rockers ... Shakers!“ warten. Warum hat das so lange gedauert? Und wer hat denn eigentlich die hübschen Astronautenanzüge geschneidert, die ihr da auf dem Cover tragt? Und wann darf man denn endlich mal wieder mit einem schön heterogenen Longplayer in altbewährter Manier rechnen?

Zunächst mal: Der neue heterogene Longplayer ist schon längst aufgenommen und unter Dach und Fach. Er wird „Wrong Side Of Town“ heißen und noch dieses Jahr bei Soundflat als LP rauskommen. Erscheinungstermin ist allerdings aus Gründen der Zeitnot unseres Lieblings-Soundengineers erst im November – und um genau diese Lücke zu füllen, ist die Weltraum-10“ „Aloha From Alpha Centauri“ auf Rhythm Island erschienen. Die Weltraumkostüme sind mit viel Liebe, Tränen und Schweiß in trauter Heimarbeit von uns allen zusammen gebastelt worden – schön, dass man das so gut auf dem Cover-Foto erkennen kann. Eigentlich wollten wir die normalen Veröffentlichungszeiten einhalten, das heißt: alle zwei Jahre ein Longplayer. Okay, hat diesmal nicht geklappt, aber dafür kann man sicher sein, viele selbst geschriebene Songs in mannigfaltiger Aufnahmequalität auf der LP zu finden.