Die MONTESAS sind die coolste Bands Deutschlands! Deutschlands? Hm, vielleicht sogar der Nordhalbkugel! Oder der ganzen Welt! Aber da will ich mich jetzt nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen, wer weiß, was sich da noch so tummelt in fernen Tundren, Höhlen, Wellblechhütten und anderen Orten, an denen ich noch nicht war? Fakt ist aber, dass die Kasseler einfach fast alles, was eine exzellente Band ausmacht, in sich vereinen: Sie haben Stil, sie sehen gut aus, sie sind retro, ohne aufgesetzt zu sein, und eine leicht dandyhafte Überheblichkeit ist aufgrund musikalischer Genialität vollkommen berechtigt. Seit mittlerweile über sieben Jahren beglücken Marcel Bontempi (Gesang, Gitarre), Terry Inferno (Trommeln), die beiden Montesitas Ira und Nina sowie die 2006 neu eingestiegenen Michele Fabuloso (Orgel) und Judy Belafonte (Bass) Connaisseure guter Musik mit bereits drei Langspielplatten und diversen Singles auf denen sie ihren wilden Stilmix aus Rock'n'Roll, Beat, Rockabilly, Soul und Surf zelebrieren. Nicht zu vergessen sind dabei auch ihre wahnwitzigen Live-Shows, bei denen wirklich kein Auge trocken bleibt. Marcel ließ sich zum Stand der Dinge netterweise einige Löcher in den Bauch fragen.
Kenner der Band werden sich als Erstes fragen, warum es überhaupt zu den Umbesetzungen bei den MONTESAS kam. "Unser Bassist Pille Twist ist neben seiner anderen Band THE CHEEKS noch bei den FUZZTONES eingestiegen und hatte keine Zeit mehr für uns. Orgelmann Boogaloo Bix wurde zum zweiten Mal Vater, hatte es am Kreuz und war ausgebrannt. Glücklicherweise gingen diese Umstrukturierungsprozesse aber völlig ohne Verletztheiten und Anfeindungen vonstatten." Die neuen Leute sind mittlerweile fest eingespielt und eine Tour durch Italien und Spanien wurde auch schon gefahren. Speziell in Punkrock-Kreisen sind die umwerfenden Shows der MONTESAS sehr beliebt, eine Tatsache, durch die auch ich mit der Band in Kontakt kam. Marcel ist das Ganze etwas schleierhaft: "Wir kommen eigentlich gar nicht aus dieser Ecke und das unterscheidet uns wohl auch von vielen anderen Sixties-Bands. Sozialisiert wurden Terry und ich mit Rockabilly. Später kam Jamaican Ska, Hillbilly, Swing, Rollkragenpulloverjazz, Beat und 60s-Punk dazu. Dass uns teilweise auch Punkrocker mögen, überrascht mich selbst manchmal. Wir haben aber gewissermaßen unsere Nische gefunden und fühlen uns sehr wohl darin."
Passend zur musikalischen Sozialisation ist die letzte LP der Band - "Rockers ... Shakers" auf Soundflat Records - auch ein Soundtrackalbum, auf dem nur Coverversionen zu finden sind. Wo wir gerade beim Thema sind, liegt die Frage nach dem dazugehörigen Film natürlich nahe: "Stanislaus Starclub, der in Rumänien schon einige Kurzfilme gedreht hat, wollte einen richtig langen Rocker-Film drehen. Das Skript stand, die ersten Außenaufnahmen auch. Als Stanislaus für eine Szene eine bestimmte Straße in St. Pauli sperren lassen wollte, geriet das Projekt außer Kontrolle. Trauriger Höhepunkt war die Sprengung eines alten Kinos in Kassel, extra für den Film. Stanislaus konnte das irgendwie der Mafia in die Schuhe schieben, das Ganze endete im Chaos." Soso, sehr mysteriös muss ich sagen. Und warum sind auf dem Album nur Coverversionen? Fällt den MONTESAS selbst nichts mehr ein? "Das ist ein Argument, das häufig fällt. Wir haben uns einen großen Spaß daraus gemacht, alle Sachen zu covern, auf die wir Lust hatten, das hatte nichts mit einem Mangel an eigenen Songs zu tun. Wir nehmen gerade eine neue Platte auf, die diesmal wirklich nur aus eigenen Stücken bestehen soll. Na gut, eine Coverversion darf es vielleicht auch diesmal sein, vielleicht KRAFTWERK."
Zwischendurch ist bereits die Single "Girl, du machst mich so an" erschienen. Ähnlich wie die Bremer COOL JERKS singen die MONTESAS dabei ausschließlich auf Deutsch: "Gegen ein komplettes Album auf Deutsch wäre eigentlich nichts einzuwenden, aber ich finde generell Liedtexte sehr schwierig. Wenn ich das auch noch auf Deutsch mache, hab ich das Gefühl, es müsste eine wichtige Aussage drin sein, was natürlich unsere Musik ad absurdum führen würde. Ich sollte mir die Platte von den COOL JERKS zulegen, mal sehen, wie die das Problem lösen."
Was bei allen MONTESAS-Veröffentlichungen auffällt, ist die wunderschöne Aufmachung, vom Gesellschaftsspiel im Gatefold-Cover der letzten LP bis zu Gimmicks wie ein Halbstarken-Lexikon und dem MONTESAS-Kamm bei der letzten Single. Für die Gestaltung ist Marcel verantwortlich: "Ich bin freier Grafiker und kümmere mich um das Design von LP/CD-Hüllen von Plattenlabels wie El Toro, Soundflat, Larsen oder für Bands, die mich kontaktieren. Außerdem für Konzerte und Festivals, Plakate und Broschüren, oder auch Illustrationen für Kinderbücher."
Hier stimmt also das Gesamtbild von Musik, Show und Aufmachung. Für Irritation im MONTESAS-Kosmos sorgen höchstens die oft als Begleitband auftretenden transsilvanischen Radaubrüder von den BLACK KNIGHTS: "Wenn wir schlafbedürftig nach getaner Arbeit ins Hotel kriechen, liegen die Pappnasen schon in unseren Betten und haben unsere Schlafanzüge an, aber ihre Sturmhauben nehmen sie nie ab. Außerdem sind sehr mystisch veranlagt und halten engen Kontakt zu den Geistern von Hank Williams und Johnny Cash - kürzlich prahlten sie, sie hätten die beiden überzeugt, posthum eine Single mit den BLACK KNIGHTS aufzunehmen. Ich verharre in ängstlicher Spannung!" Ich auch! Hatten die Transsilvanier denn schon mal wegen Kostümklau Ärger mit den amerikanischen KNIGHTS OF THE NEW CRUSADE? "Soweit ich weiß, bestehen freundliche Kontakte zu ihren amerikanischen Waffenbrüdern, trotz ihrer orthodoxen Konfessionslosigkeit."
Und was sagt das MONTESAS-Publikum zum schrägen Garagentrashpunk der Rumänen? "Auf dem vorletzten Summer Safari-Festival waren ein paar Psychobillys und Skinheads gar nicht amüsiert, schmissen mit Bierflaschen und ließen die Hosen runter, was den kranken Rumänen aber gar nichts ausgemacht hat." Na, das nenn ich professionell! Aber von den wilden Live-Shows der MONTESAS lassen sich doch sicherlich auch so einige Anekdoten erzählen, oder? "Oh, da gibt es so viele, ich gebe nur ein paar Stichworte: Punks, die glauben wir hätten ihnen LSD ins Bier getan. Möchtegern-DJs, die uns auf die Omme hauen wollen, weil wir ihnen keine Platte schenken. Übernachtung in Betten mit Schamhaaren, Kippen und Bierdosen. Menschen die Schlange stehen, um sich mit uns fotografieren zu lassen. Achtung: Keine Japaner! Peinliche 80er Jahre-Disko mit null - in Worten: N-U-L-L - Zuschauern. Massenschlägerei vor dem Konzertsaal. Erfolgloser Heiratsantrag eines Gastes auf der Bühne, und so weiter ..."
Es gibt also keine Entschuldigung, die MONTESAS bei nächster Gelegenheit live zu verpassen. Aber was gibt es sonst noch von der Band zu erwarten? "Höchste Geheimhaltungsstufe! Nur so viel: es hat was mit Schundmagazinen zu tun ..." Aha, hätte ich mir ja denken können. Die wichtigste Frage zum Schluss: was halten die MONTESAS als offizielle Vertreter der Hullygully-Jugend von der Turbojugend? "Ja, die Turbojugend ... Von denen hab ich auch schon mal gehört. Wollen die auch die Weltherrschaft? Egal, wir sind schon auf dem besten Wege dahin!"
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