Wenn man sich in der deutschen Hardcore- und Metal-Landschaft zum einen in den Underground, zum anderen an den Rand der Genres bewegt, wird man zwangsläufig auf einen Namen stoßen: MÖRSER. Die Band aus Bremen besticht unter anderem durch ihre Beständigkeit. Was am 6. November 1995 im Proberaum im Keller des selbstverwalteten Jugendzentrums Friese als radikales Projekt von sieben verschiedenen Musikern begann, funktionierte und hält bis heute an.
Damals fanden Mitglieder ortsansässiger Bands wie CAROL, MINION, SYSTRAL oder METÖKE zusammen, um richtig harte Musik zu machen. Diesem Ansatz sind sie auch treu geblieben und knüppeln mit ihrem Mix aus Death Metal, Grindcore und tonnenschwerem Groove alles nieder. Eine kleine, aber eingeschworene Fanbase, die weit über die Republik und den ganzen Erdball verteilt ist, hält den Musikern nun seit 26 Jahren die Treue und untermauert die Ausnahmestellung der Hanseaten in der Szene.
1997 kommt das erste Album „Two Hours To Doom“ via Per Koro Records heraus, drei Jahre später folgt „10.000 Bad Guys Dead“ auf Chrome Saint Magnus. Zwischendurch hat man sogar Zeit für eine US-Tour. Interessante Schnappschüsse davon sind auf der Facebook-Seite der Band zu sehen. Auf das nächste Album, „1. Class Suicide“, muss man dann zehn Jahre warten, bevor es 2010, diesmal als Kooperation von Farewell, 7 Degrees und Bastardized Records, in die Läden kommt. Speck Flag Records bringen dann 2015 das nüchtern betitelte „V“ raus, das neueste Werk „Thank You For Leaving“ erschien Ende 2021 auf Assault Records.
Wie man sieht, sind MÖRSER nicht gerade Arbeitstiere, was das Veröffentlichen von Alben angeht. Was die Zusammenarbeit zwischen dem Ox und MÖRSER angeht, muss man ebenfalls lange suchen. Es ist lange her, dass wir mit der Krawallcombo sprachen. Um genau zu sein, mussten fast 19 Jahre ins Land ziehen, damit wir die Musiker aus der Hansestadt mal wieder vors Mikro bekamen. Hauptgrund ist sicherlich die oben angesprochene neue Veröffentlichung, aber auch sonst gibt es genügend Potenzial für Fragen. Damals, in Ausgabe #52, präsentierte sich die Band dem Ox-Interviewer Kube als trinkfeste Partymaschine, die vor allem das aus Bremen stammende Bier derart favorisiert, dass man den eigenen musikalischen Output als „Beckscore“ bezeichnet. Ob die Mitglieder immer noch so steil gehen und warum man mit zwei Bassisten und vier Sängern losgelegt hat, erfahrt ihr hier von Bassist Svenion.
Einmal kurz die wichtigsten Punkte über MÖRSER, bitte.
MÖRSER haben sich vor 26 Jahren gegründet und sind jetzt mit ihrem sechstenAlbum unterwegs.
Ihr tratet auch schon mal mit zwei Bassisten auf. Wie kam es dazu?
Das ist jetzt aber auch schon länger her, dass wir das gemacht haben. Das war damals genauso eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme wie die vier Sänger. Wir wollten eben zusammen Musik machen und jeder hat das gemacht, was er konnte. Also standen wir da mit zwei Bassisten und vier Sängern beim ersten Probetermin. Inzwischen sind wir bei einer eher klassischen Besetzung mit zwei Gitarren, einem Bass und „nur“ zwei Sängern.
Beim letzten Ox-Interview 2003 lautete die Überschrift „Beckscore At It’s Best“. Diese Beschreibung des Musikstils findet man auch auf eurer Homepage. Wenn jetzt eine interessierte Person diesen Artikel liest und etwas über den Stil von MÖRSER erfahren möchte, was würdet ihr ihr sagen? Chris von den RYKER’S erzählt dann augenzwinkernd, seine Band würde klingen wie METALLICA, nur ein bisschen härter.
Na ja, selbst ein bisschen härter als METALLICA ist ja nicht wirklich hart. Am treffendsten ist immer noch „Pure Fucked Up War Music“. Der perfekte Soundtrack für eine Abrissparty. Genauer gesagt ist es ein Mix aus Grindcore, Metal und etwas Hardcore.
Früher war ich öfter in Bremen und habe im Aladin oder Schlachthof die eine oder andere Show erleben dürfen. Was geht heute in der Hansestadt?
Wir haben ja gerade in Bremen die Hellseatic-Gruppe, die das gleichnamige Hellseatic-Festival im September auf die Beine gestellt hat. Das erste Metal-Festival in Bremen. Schön Open Air über zwei Tage inklusive großartiger Organisation und geilen Bands. Wir waren natürlich auch dabei! Die Gruppe veranstaltet auch kleinere Konzerte im Bereich harter Musik. Musiktechnisch war es ein paar Jahre etwas mau in Bremen, aber inzwischen gibt es viele junge Bands. Und mit Konzerten ist es ja bekanntlich zur Zeit etwas schwieriger.
Gute Überleitung, denn dahingehend ging ja bekanntlich nicht so viel. Wobei man bei euch ja auch sechs bis acht Bandmitglieder unter einen Hut bringen muss. Ist da eine Tour überhaupt noch möglich?
Früher haben wir ja die eine oder andere Tour machen können. Wir waren in Amerika und wir haben auch in Europa viele Länder gesehen. Das war mit acht Leuten natürlich immer etwas schwieriger zu organisieren, aber es ging. Inzwischen sind die meisten von uns familiär gebunden und auch mit sechs Leuten ist es nicht leicht. Ein Traum von uns ist, noch mal eine Japantour auf die Beine zu stellen. Carol waren ja vor zwei Jahren in Japan, die andere Band von unserem Drummer Andre, dadurch hat er einen guten Kontakt zu Naoki von KOWLOON GHOST SYNDICATE. Vielleicht ja in diesem Jahr, im Moment kann man so was ja eher schlecht planen.
Im Rahmen der Veröffentlichung von „Thank You For Leaving“ habt ihr auch ein Live-Video via Hellseatic veröffentlicht, in dem ihr fast die ganze Platte durchspielt. Wie kam es dazu und wie waren die Reaktionen? Wie kam die Zusammenarbeit mit dem YouTube-Kanal zustande?
Die Hellseatic-Gruppe hatte uns 2020 für das Festival angefragt, aber das wurde ja leider verschoben. Als wir dann wegen Corona keine Show zu unserem 25. Bandjubiläum machen konnten, kam die Idee für ein Streamingkonzert auf. Die Hellseatics hatten Bock drauf und wir auch. Das Video wurde international beachtet und die Reaktionen waren sehr positiv. Die Musik ist natürlich nicht unbedingt geeignet, um dazu in der Weihnachtszeit um den Baum zu tanzen. Aber die Leute waren dankbar, mal wieder ein bisschen Konzertfeeling zu spüren. Für uns war das Setting ja auch eine Premiere. Anfangs etwas ungewohnt, aber dann hat es auch auf dieser Bühne gut funktioniert.
Die Leute scheinen das neue Werk zu mögen, die erste Auflage von „Thank You For Leaving“ war bereits über Nacht restlos ausverkauft. Hättet ihr das im Vorfeld gedacht? Das freut natürlich die Band und auch die Bandkasse, oder?
Das stimmt so nicht. Wir haben unseren Anteil innerhalb einer Nacht im Presale-Bundle mit einem T-Shirt verkauft. Bei Assault Records ist die Platte immer noch zu bekommen. Die Band freut das auf jeden Fall. Wir können jetzt mit dem Hubschrauber zur Probe fliegen, jeder in seinem eigenen.
Im Ox sprachen wir damals eure Texte an, meist kann man freilich wenig verstehen.„Wer beim Death Metal was versteht, hat einen schlechten Sänger.“, sagte mal ein Freund von mir. Wie ist es bei „Thank You For Leaving“, gibt es da einen roten Faden oder ein bestimmtes Thema?
Nein, die Texte haben keine gemeinsame Basis. Da wird wild durcheinander gemixt, je nachdem, was unsere Sänger DC und Denny gerade für Ideen haben. Inhaltlich geht das vom ganz alltäglichen wie einem Migräneanfall bis hin zu persönlichen Begebenheiten. Nach dem letzten Interview im Ox ist Björn irgendwann ausgestiegen, damals hat er die Texte geschrieben. Das hat es anfangs natürlich schwierig für die Sänger gemacht, die sich erst mal daran gewöhnen mussten, selber etwas zu schreiben. Das soll ja auch nicht einfach nur irgendetwas Hingerotztes sein. Höchst Philosophisches sollte man allerdings jetzt auch nicht erwarten.
Mit Per Koro, Chrome Saint Magnus, Farewell sowie Speck Flag habt ihr schon eine bunte Auswahl an Labels gehabt. Mit Assault Records habt ihr nun ein weiteres Label am Start. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Nachdem die früheren Labels dank uns pleite gegangen sind, war Jan trotz allem naiv genug, sich auf den Deal einzulassen.
Der Begriff Beckscore beinhaltet augenscheinlich eure Vorliebe für das bekannte Bremer Bier. Löscht es immer noch euren Kennerdurst?
Durch die Verkäufe der neuen Platte sind wir inzwischen auf Champagner umgestiegen. Die Flaschen stellen wir natürlich dem Label in Rechnung.
Ihr seid also immer noch solche Partymaschinen, wie im letzten Ox-Interview behauptet wurde?
Ja.
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