MAFFAI

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Indiepop auf der Überholspur

Der Blitzstart von MAFFAI ist verblüffend. Erst vergangenes Jahr sind die vier Franken zusammengekommen. Noch im September hat das Quartett eine Vinyl-Single mit vier Songs veröffentlicht. Es hagelte Lob und Schulterklopfen. Im Sommer standen sie auf diversen (Festival-)Bühnen, und ganz nebenbei wurden sie vom PASCOW-Label Kidnap Music in die Familie aufgenommen und bringen am 11. Oktober ihr erstes Album „Zen“ heraus. Zehn Songs mit Titeln wie „Geisterstunde“, „Fersengold“ oder „Kinnanknie“. Indiepop auf der Überholspur, findet auch Sänger, Keyboarder und Gitarrist Mike Illig im Interview.

Mike, warum geht es mit MAFFAI gerade so irrsinnig schnell? Ihr habt ja alle vorher jahrelang in anderen Bands gespielt, die jetzt nicht so erfolgreich waren.


Vielleicht treffen wir gerade den Sound der Zeit mit Bands wie DRANGSAL, BILDERBUCH oder MILLIARDEN. Ich bin Ende 2017 jobbedingt nach Nürnberg gezogen und habe eine Weile bei Siemens gearbeitet. Da habe ich Jan kennen gelernt, der gleich mit mir Musik machen wollte. Dann haben wir uns zusammengesetzt und alles in meinem Zimmer aufgenommen. Anfangs war MAFFAI nur als Internet-Projekt geplant. Dann wollten wir doch irgendwie live spielen und haben eine Band zusammengestellt. Jan hat davor schon lange bei der Nürnberger Indiepop-Band PANDA PEOPLE gespielt, kannte sich mit Produktionen bestens aus und hatte viele Connections. Dann haben wir unsere Aufnahmen unter anderem auch an Audiolith geschickt. Die haben zwar dankend abgelehnt, uns aber an ihre Booking-Abteilung vermittelt. So kam eben eines nach dem anderen.

Erklär doch mal das Bandgeflecht, in dem ihr steckt. Wo überall spielt ihr noch?

Unser Schlagzeuger Jan hat lange bei PANDA PEOPLE gespielt, die haben sich aber irgendwann aufgelöst und dann hat er lange nichts gemacht. Unser Gitarrist Simon war bei GODZILLA WAS A FRIEND OF MINE in Hammelburg aktiv, ist aber dort jetzt ausgestiegen. Aus Zeitmangel. Unser Bassist Daniel hatte in Würzburg eine Indiepop-Band namens TENDING TO HUEY, spielt mit seinem Bruder in der Krach-Band PAULINCHEN BRENNT und schreibt nebenbei einen Internet-Blog namens „Der Daniel ist cool“. Außerdem spielt er mit mir gemeinsam in der Stoner-Band CANNAHANN. Weil aber der Sänger Ralf Papa geworden ist und der Schlagzeuger Markus sein Referendariat fertig hat und eine Lehrerstelle angetreten hat, ist momentan wenig Zeit. Und meine Post-Hardcore-Band 52 HERTZ wurde wegen MAFFAI jetzt auch auf Eis gelegt. Momentan fehlt mir dafür einfach die Zeit, weil ich aktuell in Schweinfurt am Bayernkolleg mein Abitur nachhole und zwischen meinem Wohnort Würzburg, dem Proberaum in Nürnberg und der Schule in Schweinfurt ständig hin und her pendle.

Angesichts all dieser Bands frage ich mich: Warum habt ihr noch eine weitere gegründet? Habt ihr nicht schon genug zu tun?

Keiner hat erwartet, dass es so groß wird. Mit Booking-Agentur, Festivalauftritten, Plattenvertrag ... Und keiner von uns will seine anderen Bands opfern, das fänden wir alle unfair. Mit 52 HERTZ zum Beispiel haben wir das ganz klar kommuniziert, dass es momentan ruhiger ist, wir uns aber nicht auflösen. Wir haben einfach Bock auf Mucke. Deshalb wollen Daniel und ich unbedingt bei CANNAHANN weitermachen. An uns liegt die Pause nicht.

Wie seid ihr auf euren Sound gekommen? War das geplant? Alle eure Bands kommen ja eigentlich aus komplett anderen Ecken.

Wir wollten einfach mal etwas ganz Einfaches, Simples machen. Bei 52 HERTZ haben wir uns irgendwann in diesem Gefrickel verrannt. Oder PAULINCHEN BRENNT ist ja auch eher experimentell. Deshalb wollten wir es mit MAFFAI einfach reduzieren und Lieder auf vier Tönen aufbauen. Natürlich hat uns da so hipper Scheiß wie DRANGSAL beeinflusst. Das wollten wir einfach auch mal ausprobieren und haben losgelegt. Jan hat dann mit Schlagzeug und Bass ein Grundgerüst vorgegeben und dann kamen Gitarren und Melodien dazu. Mit dem Album gehen wir aber zum Glück wieder in eine punkigere Richtung. Ich finde, man hört ganz deutlich den Post-Rock von GODZILLA WAS A FRIEND OF MINE heraus. Ich bin mal gespannt, was die Leute sagen, denn der Sound unterscheidet sich schon von der EP, finde ich.

Und worum geht es in den Songs? Ihr habt euch ja bewusst für deutsche Texte entschieden. In meinen Ohren klingt euer Album fast wie eine Art Gitarrenversion von FRITTENBUDE.

Es geht hauptsächlich um alltägliche Probleme. Die Angst vor dem Erwachsenwerden, Beziehungsknatsch, Zusammenhalt unter Freunden. Alles, was einem auf der Seele brennt. Irgendwie haben wir es geschafft, das Ganze schön zu verpacken. Alles aufgenommen bei Jan zu Hause in Nürnberg. Er hat in seiner Wohnung ein kleines Büro und für die Aufnahmen wird dann immer eine kleine Gesangskabine aufgebaut. So konnten wir eine Menge Geld für ein Studio sparen und waren zeitlich flexibel. Beobachtet wurden wir dabei immer von seiner tauben Katze Taubsi.

Getauft habt ihr das Album „Zen“. Warum? Habt ihr einen Bezug zu Spiritualität?

Nein, überhaupt nicht. Das ist totaler Quatsch. Wir fanden die Idee einfach ganz nett, mit Bildern zu arbeiten. In diesem Fall mit der Ruhe. Das Cover der ersten Single „Geisterstunde“ ziert zum Beispiel ein Stück Seife. Das steht für Reinigung, innen und außen. Jetzt gibt’s noch ein Video für „Abgewandt“, in dem es um Wellness mit Beauty-Produkten in einem Moorbad geht.

Mit eurem DIY-Spirit passt ihr ja perfekt zu Kidnap Music, dem Label von PASCOW, oder?

Finde ich auch. Ich war richtig froh, dass wir da untergekommen sind. Das gibt uns einfach so einen Punk-Stempel. Wir hatten nämlich schon Schiss, dass es in eine Richtung wie Tim Bendzko rutscht. Deutsche Popmusik eben. Mit Kidnap ist mir dann ein Stein vom Herzen gefallen. Gutes Label, guter Start. Da wollen wir hin. Da fühlen wir uns wohl. Alex habe ich bis jetzt persönlich noch nicht kennen gelernt, aber es gibt schon jede Menge Wallung. Wir bekommen jeden Tag Anfragen für Promo-Kram, Interviews oder Ähnliches. Es ist sehr cool zu spüren, dass die Leute dahinterstehen und unsere Musik pushen wollen. Aber irgendwie ist es auch surreal. Ich mache seit zwölf Jahren Musik in Bands und musste immer alles selbst bezahlen und Ferienjobs dafür machen oder meine Eltern anpumpen.

Erklär doch noch mal kurz, wo aktuell eure Homebase ist und wo eure Wurzeln sind.

Wir kommen alle aus dem Raum Rhön-Grabfeld beziehungsweise Bad Kissingen in Unterfranken. Nur Simon kommt irgendwo aus dem Landkreis Main-Spessart. Er wohnt aber inzwischen in Nürnberg und arbeitet in Erlangen im Jugendamt. Jan ist in der Forschung im IT-Bereich bei Siemens und kommt aus Stralsbach, Daniel studiert Soziale Arbeit und kommt aus Premich, beide wohnen in Nürnberg. Ich stamme aus Hohenroth bei Bad Neustadt. Homebase der Band ist auf jeden Fall Nürnberg, nur ich wohne in Würzburg. Ich pendle aber gern, weil wir dort unseren Proberaum haben und alle Songs dort entstehen.

Am 11. Oktober kommt „Zen“ heraus. Was ist dann geplant?

Ende Oktober bis Mitte November stellen wir das Album deutschlandweit live vor. Als Support ist unter anderem KNARRE geplant. Mit denen haben wir schon unsere erste kleine Tour gespielt, da haben sie uns mitgenommen. Jetzt revanchieren wir uns. Es kommen auch laufend noch kurzfristige Termine rein.

Wie sehen die Ambitionen von MAFFAI aus?

Momentan zählt für mich vor allem mein Abitur, das steht in zwei Jahren an. Alle anderen denken da noch genauso. Aber alle haben Bock und wollen alles mitnehmen, was geht.

Du hast ja auch einen Zwillingsbruder namens René. Spielt der auch eine Rolle für die Band?

Mein Bruder und auch Daniels Bruder Christian spielen eine große Rolle für MAFFAI. Die springen nämlich immer ein, wenn Ersatz gebraucht wird. René zum Beispiel ersetzt Jan am Schlagzeug, wenn der mal keine Zeit hat. Er hat etwa beim Southside ausgeholfen, weil Jan bei einer Hochzeit in Mazedonien war. Und Christian vertritt unseren Gitarristen Simon, wenn der mal nicht kann. Er war jetzt auch schon bei zwei Shows dabei. Ich wurde bis jetzt noch nicht ersetzt, aber mein Zwillingsbruder hat die selben Gene wie ich. Wenn er textsicher ist und Gitarre und Keyboard spielen kann, könnte es sicher auch gut funktionieren. Würde ja nicht mal jemand merken, haha.